Auf dem Schiff und auf dem Land – Der freundliche Mr. Crippen

Von Buecherchaos @FranziskaHuhnke

Der freundliche Mr. Crippen

John Boyne

Arche, 2013

978-3716027004

22,95 €

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Am 20. Juli 1910 verlässt das Passagierschiff S.S. Montrose den Hafen von Antwerpen und steuert mit rund 1.400 Fahrgästen in Richtung Quebec. Unter ihnen aus London ein Vater mit seinem Sohn. Im März desselben Jahres meldet im Londoner Büro von Scotland Yard eine Frau ihre Freundin Cora Crippen als vermisst und äußert einen ungeheuerlichen Verdacht: Coras Ehemann, der Arzt Hawley Crippen, soll seine Frau ermordet haben. Inspektor Walter Drew schenkt diesem Hinweis jedoch keinerlei Glauben, denn Mr Crippen gilt als überaus freundlich, sympathisch und harmlos. Doch auch Mr Crippen scheint wie vom Erdboden verschluckt, und dann macht Scotland Yard eines Tages einen grausigen Fund. In Vor- und Rückblenden zwischen den Ereignissen in London und auf der S.S. Montrose erzählt John Boyne von der spannenden Jagd nach einem Mörder und seiner Komplizin, die sich im Jahr 1910 wirklich so zugetragen hat. Sie führt uns zurück in die große Zeit der Passierschifffahrt kurz vor dem Untergang der Titanic und der großen technischen Erfindungen: Zum ersten Mal in der Geschichte der Menschheit wurde ein Täter per Schiffsfunk überführt.

Für jeden ist etwas dabei:

- der Reisende, der einen jungen Mann bei sich hat

- die aussätzige Frau, die einem nicht ehrbaren Beruf nachgeht

- die junge Frau, die einer älteren Dame die Zeit vertreiben soll

- und das Schiffspersonal

- und die Lady, die allen auf den Senkel geht.

Mehr verrate ich nicht, denn diese Personen sind nur eine Auswahl. Wiederum sind alle miteinander verstrickt und so kann ich schnell etwas zu viel verraten.

Zwei Kulissen und beide sind gefüllt mit Gesprächen und Treffen von Menschen mit anderen Menschen. Wirklich gereizt hat mich nur die Schiffskulisse und diese ist sehr langweilig, obwohl das Schiff mit allem Drum und Dran sehr gut beschrieben wird. 

Die meisten seiner Bücher habe ich gelesen. Manche waren gut, andere langatmig. John Boyne schweift immer hin und her: zwischen guter Literatur und langweiligem Erzählen. Das ist eine harte Aussage. Aber wer “Das Haus zur besonderen Verwendung” gelesen hat, kennt seine Schreibweise und weiß auch, dass in solchen Romanen von ihm ein wahrer Kern vorhanden ist. Drum herum strickt er eine Geschichte, die abenteuerlich ist, aber nicht zu sehr aufschäumt.

So ein Roman, dachte ich, erwartet mich auch hier. Leider muss ich gestehen, dass ich das Buch nach dem zweiten Versuch auf Seite 150 abgebrochen habe. Ich wollte es wirklich. Scheiterte beim ersten Mal an Seite 50, weil nichts passierte. Später nahm ich einen zweiten Anlauf und kam immerhin bis 150. Danach war wirklich Schluss.

Ich mag die Atmosphäre wirklich gern, weil es ein geschlossener Mikrokosmos ist, dem wir begegnen. Auf einem Schiff kann niemand weglaufen. Geheimnisse sind schwer zu wahren und jeder kennt normalerweise jeden. Der Leser ahnt auch, dass es nicht nur zwei Passagiere auf einem Schiff gibt. Aber muss jede Person beschrieben werden? Ihre Haarfarbe, ihre Nasenform, ihre Kleidung? Ich konnte die Menschen sowieso schon schlecht auseinander halten. Sie kamen alle plötzlich und wurden dann sofort beschrieben. Viel zu viel sollte ich mir merken. Wer da mit welcher Anstandsdame unterwegs ist, oder wer mit wem eben gesprochen hat und sich eigenartig benimmt. Irgendwann war mein Kopf so voll mit Kleinigkeiten, dass ich gar nicht mehr auf die Reihe bekommen habe, worum es eigentlich geht: einen Mordfall anscheinend.

Diesen Mordfall hat es wirklich gegeben und wer möchte kann dies nachlesen. Aber warum bausche ich den Rest dann so auf? Und verschleiere die wirkliche Spannung? Eher ist es ein Psychogramm von vielen, einzelnen Personen. Einzeln hätte ich einige Charaktere wirklich ertragen, aber so eher nicht.

Vielleicht schafft es der nächste Roman von John Boyne mich wieder zu begeistern. Oder ich versuche es mal wieder mit einem Jugendbuch von ihm.

Als Roman gehört dieses Buch eher zu den unscheinbaren. Ohne meinen Faible für John Boyne hätte ich im Buchladen nicht zu diesem Buch gegriffen. Das soll etwas heißen.

Ich mag eigentlich keine Bücherpunkte vergeben, weil ich es nicht zu ende gelesen habe. Somit wären es eigentlich null oder ein Bücherpunkt. Aber ich lasse die Bewertung heute mal offen und hoffe, jemand der das Buch ganz gelesen hat, kann mir seine Meinung mitteilen. Auch gerne gesehen: andere Rezensionen.