Auf blauen Pferden in den Großen Krieg

Von Eulengezwitscher @Edda_Eule

Der expressionistische Maler Franz Marc ist in den Ersten Weltkrieg gezogen und nicht zurückgekehrt

Lizenziert unter Gemeinfrei

 Er ist einer der kämpfenden Künstler: Franz Marc kämpft erst mit sich, dann mit den Frauen, schließlich im Ersten Weltkrieg. Dabei ist er eigentlich ein sanftmütiger Mensch, der gerne Tiere in allen bunten Farben des Lebens malt - am liebsten liebsten blaue Pferde. "Der blaue Reiter", diese Leinwand-Seilschaft von Wassiliy Kandinsky und Franz Marc, bezwingt die ersten die noch unbekannten Gipfel des Expressionismus. Eine neue Biografie zeigt nicht nur den selbstbewussten Besserwisser Franz Marc, sondern auch den in sich gekehrten Zweifler, dessen Prinzipien und Überzeugungen spätestens im Großen Krieg zerschmettert werden. Dieses Schicksal bleibt auch Marc selbst nicht erspart.  Eine Granate beendet sein Leben nach nur 36 Jahren in der Knochenmühle vor Verdun.

Brigitte Roßbeck

Franz Marc

Die Träume und das Leben

Erschienen bei Siedler im Februar 2015. 352 Seiten kosten in der gebundenen Ausgabe 24,99-. Euro. Leseprobe und weitere Features im Menu auf auf dem Cover (links oben).


Biografie Franz Marc

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Franz Marc muss sich das Leben bunt malen, um es zu ertragen. Bis kurz vor seinem Lebensende kommt er nur schwer über die Runden. Das, was er malt, passt so gar nicht zu den weichen und verschwommenen Tupfer-Bilder der Impressionisten, die gerade en vogue sind. Marcs knallige Farben und seine Motive (Nutz- und Haustiere) und seine Techniken, die harte Strukturen naturalistischer Präzision vorzieht, werden vom Publikum nicht verstanden und abgelehnt. Umso dogmatischer besteht er auf seiner eigenen Art zu malen - zumindest nach außen. Tief im Inneren ist Marc in beinahe jeder Lebenslage unsicher und jedenfalls kaum entscheidungsfreudig. Er zerschneidet und übermalt seine Bilder, weil er sich leicht von äußeren Einflüssen manipulieren und sogar entmutigen lässt. Auch Marie, Maria und Annette leiden unter Marcs Wankelmütigkeit, denn auch zwischen diesen drei Frauen schwankt er lange, ohne sich festlegen zu wollen.

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Trost und Zuflucht findet er in der Philosophie der Stärke bei Friedrich Nietzsche. Der Fortschritt wird zur Obsession. Der Muff muss weg - und das reinigende Gewitter des Krieges wird ihn schon wegspülen. Als die 1914 Welt ins Feld zieht und Schützengräben aushebt, stellt sich gerade der Erfolg ein. Marc hat es geschafft, auch weil sich zwischenzeitlich starke Verbündete wie August Macke, Wassily Kandinsky und Gabriele Münter gefunden haben. Für Marc kommt der Durchbruch zu spät. Er sattelt seine blauen Pferde und zieht in den Krieg. Es ist ein Ausritt ohne Wiederkehr. 

Die Buchbesprechung

Brigitte Roßbeck ist eine ausgewiesene Marc-Kennerin. Sie hat bereits vor einiger Zeit ein biografisches Buch über ihn und seine zweite Frau Maria geschrieben. Ein bisschen entsteht der Eindruck, dass sich Brigitte Roßbeck dafür rechtfertigen müsse, warum sie nun abermals ein umfangreiches Buch vorlegt. In einer editorischen Notiz legt sie die wichtigsten neuen Erkenntnisse offen, es sind aber eher biografische Randnotizen und Delikatessen für Fans. Dennoch liegt der Wert der neuen Biografie gar nicht so sehr in den Neuigkeiten, sondern vielmehr in der gut lesbaren Darstellung der Zerissenheit Franz Marcs zwischen künstlerischer Gewissheit und den Selbstzweifeln des Perfektionisten. Außerdem ist es in der Fülle der Literatur zum Ersten Weltkrieg vor 100 Jahren eine spannende Perspektive, von den gesellschaftlichen, politischen und militärischen Herausforderungen auch die künstlerische Auseinandersetzung mit dem Krieg in biografischer Sicht zu sehen.

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