Auch wenn’s weh tut: Europa sollte auf die Briten nicht verzichten!

In England tobt ein Krieg innerhalb der Tories über die Frage wann ein Referendum über den Verbleib oder den Austritt des UK aus der EU der Bevölkerung zur Abstimmung vorgelegt werden soll.

David Cameron hatte sich mal wieder schwer verschätzt, als er ein solches Referendum für 2017, für die Zeit  nach der nächsten Wahl, ankündigte. Seine eigene Partei, bis in die Regierung hinein (zwei Minister und einige Staatssekretäre) folgte ihm nicht bei diesen Plänen.  Im Moment ist längst nicht klar, ob Cameron in die nächsten Wahlen als Kandidat der Tories gehen und schon gar nicht, ob er diese am Ende gar gewinnen könnte?

131 Abgeordnete stimmten insgesamt für einen Anhang über ein EU-Referendum.
114 davon waren Konservative, (angeblich zehn davon Regierungsmitglieder!)
11 Labour MPs stimmten dafür.
1 Liberal Demokrat stimmte dafür.
4 Demokratische Unionisten stimmten dafür.
1 Respect MP stimmte dafür.

Die unmittelbare Gefahr liegt in der Person des schwächsten Nachkriegs-Regierungsschefs auf der Insel. David Cameron ist „a loose cannon“, vollkommen unberechenbar!

Es gab bei den Tories über die Jahrzehnte immer eine Anti-Europa-Fraktion. Fähigere Führer wussten die zu kontrollieren. Jetzt trommeln die Medien, vermutlich im Auftrag der Finanzindustrie der City of London, Sperrfeuer gegen Europa. Natürlich ist nicht alles unberechtigt. Einen guten Teil der Kritik kann ich sogar teilen.

Die Grundsatzfrage aber, die ob Großbritannien IN Europa verbleiben sollte, die steht für mich ausser Diskussion. Die Idee der Briten war es, die EU in bewährter Schaukelpolitik von innen auszubalancieren, zu kontrollieren. Dies ist gescheitert, obwohl sie ein paar Jahrzehnte lang mit nur einem Fuss in der EU einen ganz beträchtlichen Einfluss ausüben konnten.

Worunter das UK heute leidet sind die Spätfolgen des Thatcherismus, des Reaganismus, des ganzen neoliberalen Wirtschaftsschwachsinns halt. Keine fünf Prozent der britschen Schwierigkeiten lassen sich in irgend einer Art und Weise auf die EU zurückführen. Wenn es jetzt noch zu einer wirksamen Kontrolle des Banken-und Finanzunwesens käme durch die EU, dann gute Nacht Britannia…

Leider ist es mit einem Austritt von Unbelehrbaren nicht getan.  Es wäre nur der erste Schritt, der vermutlich zu einer gravierenden Verschlechterung der Beziehungen führen würde. Die Briten hätten sich, wen wundert’s, für die atlantische Special-Relations-Option entschieden. Bei einer künftigen, US-betriebenen Demontage des wirtschaftlichen Konkurrenten EU, käme ihnen die Rolle des nützlichen Idioten der USA zu.

Wie wir uns das vorstellen können, das zeigten die letzten Monate. Es gibt ein Comic-haft verzerrtes Bild einer deutsch-dominierten EU mit dem hässlichen Bild Merkels in diversen Nazi-Klamotten. Die Medien schiessen sich auf „die Deutschen“ ein, ersatzweise auf Merkel, Schäuble und Co. Unsere Boulevard-Idioten schiessen entsprechend hämisch zurück. Ein Ablenkungsmanöver. Ob die Einmischung nun nach der Art der Ukraine, Russlands, der  nordafrikanischen Länder oder Syriens erfolgen würde, das ist letztlich egal. Es gibt mehr als genügend Ansatzpunkte den Interventionshebel anzusetzen und mehr als genügend Idealisten, die sich als nützliche Idioten missbrauchen lassen würden, ohne dies zu merken. Der springende Punkt ist die wegbrechende Unterstützung der Bevölkerungen für das zu einem Zerrbild verkommene Projekt Europa.

Bereits in den Startlöchern stehende NGOs lassen sich bereitwillig „für eine handvoll Dollar“ instrumentalisieren, das Protestpotential z.B. der EU-Südschiene, zu aktivieren und kanalisieren. Wenn es in der EU nicht mehr die großen Drei, England, Frankreich und Deutschland gibt, sondern ein übermächtig erscheinendes Deutschland Frankreich zu dominiern versucht, dann werden auch die Franzosen das Weite suchen.

Was bleibt wären Deutschland und rund zwanzig mehr oder weniger von ihm alimentierte Hungerleider. Denn ohne England gibt es vermutlich weder ein Dänemark noch ein Schweden in der EU und ohne Frankreich keine Benelux-Staaten. Allerspätestens jetzt würde Polen ins Grübeln geraten…

„Das Brüsseler-Bürokratie-Beamten-Monster zwingt uns in die Diktatur, Freiheit!“

Wir brauchen meiner Meinung nach nicht unbedingt den Euro. Es lief mit dem Vorläufer ECU besser oder zumindest nicht schlechter. Das Scheitern des Euro wäre allerdings ein erheblicher politischer Rückschlag für Europa. Was brauchen wir dann? MAOAM? Ich nicht!

Einen gemeinsamen Markt, einen Wirtschaftsraum, wie er den Briten vorschwebt, als gemeinsamen Mindeststandard wäre zu wenig. Wir brauchen vor allem einen Schutz der sozialen Standards, der Lebens-und Arbeitsbedingungen der Menschen in GANZ Europa. Wir brauchen keine Hungerlöhner, die sich nationalistisch gegeneinander ausspielen lassen, wie es neuerdings wieder geschieht. Die Folge war damals der Erste Weltkrieg. Es würde heute nicht anders ablaufen. Jenseits des Antlantiks würden die USA sich ihre Hände in Unschuld waschen, mangels Alternative der Welt ihren Dollar als Leitwährung zur Verfügung stellen, England bei der Eroberung und Befreiung Europas mit Rat und Tat und Geld zur Seite stehen. Am Ende gäbe es einen Trümmerhaufen zum Wiederaufbauen, für die Herren der Welt eine Atempause von ein, zwei Generationen und für die britischen Collies etwas zu bewachen um Herrchen zu gefallen.

Der Knackpunkt, der „Point of no Return“, wäre es, wenn die EU ernsthaft versuchte, die City of London unter Kontrolle zu bringen um die Zockerei und Raubfischerei zu beenden. Spätestens dann ist mit massivem Sperrfeuer aus London und New York zu rechnen. Davor haben unsere Politiker Schiss, allen voran die Kanzlerin…



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