Auch Richter wollen abgeholt werden und sich angenommen fühlen oder: „Dann bekommen Sie eben nur eine Woche!“

Auch Richter wollen abgeholt werden und sich angenommen fühlen oder: „Dann bekommen Sie eben nur eine Woche!“

© Thorben Wengert / pixelio.de

Es gibt ja Geschichten aus deutschen Gerichtssälen, die dürfte man nicht erfinden, weil sie dann jeder für offensichtlich erlogen halten würde; ein schönes Beispiel dafür ist ein Erlebnis, das schon einige Jahre lang auf vielen privaten Anlässen Heiterkeit und Erstaunen ausgelöst hat:

Ein Gerichtssaal in Deutschland. In der dort verhandelten Zivilsache klagt ein Sachverständiger, der von einem mir seit meiner Geburt bekannten Rechtsanwalt vertreten wird (…), in einer privaten Angelegenheit. Der Richter versucht ihn zu einem Vergleich zu überreden, doch der Sachverständige ist störrisch – zu Recht, denn die schlüssige Klage ist noch nicht einmal ansatzweise erheblich vom Beklagten bestritten. Doch man müsste ja ein urteil schreiben, also wäre ein Vergleich doch prima – für den Richter. Doch der Kläger lässt sich nicht erweichen; da bricht es wütend aus dem Richter:

Richter: „Nun stellen Sie sich doch nicht so an wegen der paar Euro Nachlass! Mein Gott, in meinem nächsten Leben werde ich auch Sachverständiger, dann werde ich auch so reich wie Se reich und kann mir Alles leisten!“

Kläger: „?!?!?!?!“ (mit empört-verständnislosem Gesicht)

Rechtsanwalt: „Bei Allem Respekt, Herr Vorsitzender, …..“

Richter, den Rechtsanwalt barsch unterbrechend: „…oder ich werde Rechtsanwalt, dann kann ich mir auch drei Autos leisten wie Ihr Anwalt!“

Rechtsanwalt: „Bei Allem Respekt, Herr Vorsitzender, ich habe keine drei Autos – sondern vier, und zusätzlich noch ein Motorrad!“

Ein Einzelfall? Na, bei manchen Richter nicht wirklich.

Legendär in meiner Kanzlei ist da auch die Geschichte von dem Richter, der einem dreifachen Familienvater sagte, er, der Richter, habe was gegen Kinder, deswegen habe er auch einen Hund – immerhin war es keine Familiensache, nur im Nachhinein war es schon schwer, in dem Mandanten noch den Glauben an die Unabhängigkeit und Unvoreingenommenheit der Justiz im Allgemeinen und dieses Gerichts im Besonderen aufrecht zu erhalten.

Und da war dann noch der Richter, der die Räumungsklage einer türkischen Familie mit 2 Kindern abwies, weil in der Eigenbedarfskündigung die Namen der Kinder nicht aufgeführt seien und die Familie im übrigen nicht nachgewiesen habe, dass sie durch den Umzug aus ihrer alten Mietwohnung in die neue – und für ihre Familie einzige – Eigentumswohnung einen finanziellen Vorteil habe, weil sie keinen Vergleich zwischen der bisherigen Miete und der nunmehrigen Darlehnsbelastung erstellt habe. Das Landgericht korrigierte diese Entscheidung (natürlich!) mit äusserst harscher Begründung, aber die Familie konnte über sechs Monate später in ihr Eigentum ziehen – und hatte auch noch die Kosten für 2 Instanzen an der Backe, weil die ehemalige Mieterin (nach meiner Kenntnis bis heute) harzt; die Kostenfestsetzungstitel, zu einem grossen Teil von dem ignoranten Amtsrichter verursacht, kann sie sich jetzt rahmen und an die Wand hängen.

Vor kurzem war es mal wieder so weit, der in regelmässigen Abständen ausbrechende Wahnsinn hatte wieder seinen grossartigen Auftritt. Ich gebe allerdings zu, wahrscheinlich war der vorangehende Disput zwischen dem Richter und mir sinnlos, da meine Klage aufgrund eines Rechenfehlers der Mandantschaft in sich zusammenbrechen wird. Um aber genau dies zu klären, beantragte ich auf die Ausführungen in der mündlichen Verhandlung und einen im Termin überreichten Schriftsatz der Gegenseite eine Erwiderungsfrist von drei Wochen.

Der Richter daraufhin: „Ich gebe prinzipiell nur zwei Wochen!“

Ich:“Ich brauche aber aufgrund der Terminslage vor den Feiertagen drei Wochen!“

Richter: „Sie bekommen aber nur zwei!“

Ich: „Hiermit beantrage ich zu Protokoll eine Frist von drei Wochen!“

Richter: „Wenn ich das ins Protokoll aufnehmen muss, dann bekommen Sie nur eine!“

Ich: „Und Sie bekommen dann einen Befangenheitsantrag!“

Richter ins Protokoll: „Auf den Antrag des Anwalts, eine Schriftsatzerwiderungsfrist von drei Wochen zu erhalten, erhält er eine solche von zwei Wochen! Termin zur Verkündung einer Entscheidung:  fünf (!!!) Wochen nach dem Ablauf der Schriftsatzerwiderungsfrist wegen des anstehenden Weihnachtsurlaubs des Abteilungsrichters!“

AAAARRRRGGGGGHHHHH!!!!

Im Ernst, manchmal denke ich, ich bin inzwischen zu alt für einen solchen Kindergartensch…

Was mich tröstet: wieder eine Geschichte, die mit ein bisschen Abstand und beim Erzählen in gemütlicher Runde auch bei mir Heiterkeit auslösen wird – irgendwann.


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