Aggression hat keinen guten Ruf. Dabei ist sie – in gesundem Maße – überlebensnotwendig. Wird Wut nicht angemessen kommuniziert, kann sich Hass entwickeln. Dieser schadet dann dem Körper und den sozialen Beziehungen.
„Wut und Aggression sollte man sich am besten wie eine Energie vorstellen. Diese kommt nicht aus dem Nichts und verschwindet auch nicht ins Nichts. Wie in der Physik auch, kann sich seelische Energie zwar wandeln, sich aber nicht auflösen“, erklärt Therapeutin Klaudia Luise Weber. „Sie muss irgendwo hin.“
Alles hat seinen Grund!
Schließlich entsteht Aggression, außer bei psychisch sehr kranken Menschen, nicht ohne rationalen Grund. Sie sammelt sich z.B. an, wenn man sich zum tausendsten Mal über einen Kollegen ärgert, wenn die Mutter rumjammert, die Kinder einfach keine Ruhe geben oder die Werkstatt mal wieder am Auto herumgespfuscht hat. Oft sind es Ansammlungen kleiner Frustrationen, die in der Summe eine große Wut ergeben.
Zorn muss erlaubt sein!
Wütend zu werden und Zorn angemessen auszudrücken, kann daher gesund und sinnvoll sein. „Es gibt Fälle, da muss man einfach kristallklar sagen, was man empfindet“, sagt Weber. Wut könne dabei helfen, Konflikte erkennbar zu machen und zu lösen.
Auch Grenzen könne man nur setzen, wenn man sich nicht künstlich zurücknehme, so Weber. Voraussetzung sei aber immer, dass man den anderen respektvoll behandelt, auch in der Wut.
Unterdrückte Wut macht krank!
„Zornesgefühle melden uns, dass eine Grenze erreicht wurde, sie ist ein Stoppschild der Seele“, betont die Autorin Hildegard Mannheim. „Wer dieses Zeichen ignoriert, den bestraft das Leben“, so Mannheim. „Wer seine Wut ständig herunterschluckt, wird krank, und zwar aufgrund ganz realer, messbarer Reaktionen des Körpers.
Aus der Nebenniere werden Stresshormone ausgeschüttet, der Blutdruck und die Pulsrate steigen, die Gefäße verengen sich, die Muskeln werden hart. All das kann Verspannungen und sogar ernste Herz-Kreislauf-Erkrankungen begünstigen“, mahnt der Mediziner Dr. med. Navid Roshanaei.
Die Wut muss raus!
Der stellvertretende Psychologie aktuell Chefredakteur Andreas Rexroth, der auch familientherapeutisch tätig ist, rät seinen Klienten zum Dampfablassen eines spezielle Form des Boxtrainings. Rexroth bucht für seine Klienten Einzelstunden in einer gut geführten Boxschule.
In Trainingseinheiten erhält der Klient dort die Gelegenheit, straffrei auf einen mit Körperschutz gut abgesicherten Profiboxer einzuprügeln. Dieser täuscht zwar an und provoziert, schlägt aber nie zurück. Geboxt wird bis zur Erschöpfung, und ein klein bißchen darüber hinaus, tief in eine psychophysische Katharsis hinein.
Anhaltende Effekte schon nach wenigen Einheiten!
Die Effekte dieses Trainings beschreibt Rexroth als „absolut erstaunlich“. Selbstbewusstsein und Selbstvertrauen seien oft schon nach wenigen Trainingseinheiten anhaltend gestärkt, Familiendynamiken könnten sich wie im Zeitraffer fortentwickeln. Einzig: diese Form des Boxtrainings ist für psychisch und körperlich Erkrankte leider meist kontraindiziert. Und auch bei Gesunden ist therapeutische Begleitung absolut zwingend. Also bitte keine Selbstversuche!
Oder einfach in den Wutraum?
Eine andere Methode Aggressionen auf gesunde Weise zu kanalisieren, sind so genannte „Wuträume“. Das sind mietbare Therapieräume, in denen der Klient das gesamte Mobiliar in Stücke schlagen kann. Alle Schäden sind mit dem Mietpreis abgedeckt, der psychologische Effekt wird von vielen Therapeuten als „fantastisch“ beschrieben.
Na dann…!