Aua-Thema Zonen-System

Von Mktrout

An allen Ecken wird über gute Fotografie gesprochen. Der eine Fotograf bemüht dafür eine bunte Sammlung technischer Hilfsmittel, der andere erledigt das mit Bauchgefühl. Am Ende soll doch nur das Bild gefallen und keine Beweisführung der fotografischen Omnipotenz sein. Wenn nichts mehr hilft, wird Zone III angeführt, deren Herkunft den meisten Fotografen schleierhaft ist, sich jedoch trefflich als Killer-Argument verwenden lässt. Das Zonen-System, zurückzuführen auf Anselm Adams, zieht sich durch die fotografische Geschichte wie ein … ja, wie was eigentlich …

Als Filmmaterialien empfindlicher, Messgeräte für die Belichtungsmessung genauer und Kameraverschlüsse präziser wurden, wollte man ein wenig mehr ins Bild setzen, als es bisher gepflegt wurde. Die Bilder vor diesem Zeitpunkt waren nicht schlecht, aber es liegt im Streben des Menschen, mehr zu können, mehr zu beherrschen. Somit wurde die Bilddarstellung revolutioniert, indem man die Genauigkeit der Belichtungsmessung erheblich erhöhte. Minor White und Anselm Adams, zeitweise Weggefährten und später Konkurrenten, erkannten ein mögliches Verbesserungspotential in der Zonen-Aufteilung eines Bildes nach Licht und Schatten. Der eine verstieg sich in die eine Theorie, der andere eben in eine andere. Am Ende war alles gleich und jedes … als gut zu bewertende Bild … musste nach Möglichkeit in allen Zonen gleich gut ausbelichtet sein. Toll, wir erstarren vor Ehrfurcht. Doch was hat es denn mit dem Zonen-System auf sich? Was wollen und die einzelnen Zonen sagen? Hier eine Definition:

Drei Hauptzonen müssen einzeln bewertet werden.
Schatten
Zone 0 – Maximale Schwärzung des Fotopapiers
Zone I – Leicht gegen die Maximalschwärze abgesetztes Schwarz, ohne Zeichnung
Zone II – Repräsentation des tiefen Schattens mit angedeuteter Zeichnung im Schwarz
Zone III – Repräsentation des tiefen Schattens mit angedeuteter Zeichnung im Dunkelgrau
Mittelwerte
Zone IV – Dunkelgrau im Übergang zwischen Schatten und Licht, deutliche Zeichnung
Zone V – Das ist der Eichwert des Belichtungsmessers auf der neutralen Graukarte, Mittelgrau und deutliche Zeichnung
Zone VI – Hellgrau, eigentlich der optimale Tonwert für die Schwarzweiß-Fotografie
Lichter
Zone VII – Sehr helles Grau, noch ist Zeichnung zu sehen, aber sie nimmt schon deutlich ab
Zone VIII – Fast keine Zeichnung mehr zu sehen, fast Weiß
Zone IX – Maximales Weiß des Fotopapiers

So, das haben wir nun einmal geklärt und jetzt machen wir uns einen Reim daraus. In der Fotografie, als dem Aufnehmen von Bildern, spielen die Zonen 0 und IX keine Rolle. Um ganz ehrlich zu sein, es genügt wenn man zunächst einmal weiß, dass es diese Zonen gibt. Auch die Zonen I und VIII sind ein wenig zweifelhaft, wenn es um die aufnahmetechnische Bildgestaltung geht. Die Musik spielt sowieso in den Zonen IV bis VI. Wer die nicht richtig auf das Aufnahmemedium bekommt, der muss noch ein wenig üben. Aber eigentlich macht jeder Belichtungsmesser nichts anders, als Zone V zum Nabel der Welt zu erklären. Was soll also die ganze Aufregung? Im Grunde geht es doch nur darum, ein Bild so aufzunehmen, dass es noch ausreichend Darstellungsvolumen in den Zonen III bis VII hat. Im Grunde hat jedes Aufnahmemedium eine so große Belichtungstoleranz, dass man bei richtiger Belichtung „in die Mitte“ den Rest auch noch hinbekommt. Sorge nicht, fotografiere. Ach ja, wenn das so einfach wäre. Reden wir zuerst einmal über Abbildungsmedien und dann über Abbildungsformate.

Ein Film als Negativmaterial hat einen verhältnismäßig großen Belichtungsspielraum und je nach Art der Entwicklung gewinne oder verliere ich die eine oder andere Zone. Nun gut, dann ist es so und vielleicht will ich das so haben. Bei einem Dia-Film sind die Toleranzen wesentlich geringer und hier muss man schon etwas genauer zu Werke gehen. Bezüglich der Fotografie auf Film ist man sowieso immer gut beraten, wenn man in die Schatten belichtet. Alternativ kann man auch die Belichtungsmessung im Zonensystem vornehmen und eine gemittelte Belichtungsrechnung durchführen. Im Vertrauen auf die Belichtungstoleranz wird alles gut und fein. Der digitale Chip kennt von Hause aus keine Belichtungstoleranz. Hier muss eigentlich alles, aber auch wirklich alles absolut exakt und fein ausgemessen werden. Tatsächlich werden in verschiedenen Belichtungsmodi Mehrpunktmessungen nach dem Zonen-System vorgenommen. Sicher ist sicher. Besser oder schlechter werden jedoch die meisten Bilder dadurch nicht.

Das Aufnahmeformat ist vielleicht noch wichtiger als die zuvor besprochenen Punkte. Wer seine Bilder auf eine „Briefmarke“ bannt … sorry, ich wollte das Kleinbild-Format nicht verunglimpfen … muss mit einer erheblich konzentrierteren Lichtversorgung durch das Objektiv umgehen, als ein Mittel- oder Großformat. Je größer das Format der Abbildungsebene, umso größer ist auch die Aufschlüsselung des durch das Objektiv eingefangenen Lichtes. Irgendwie logisch. Der Einsatz des Zonen-Systems im Kleinbild-Format ist möglich, aber stellt höhere Anforderungen als der Einsatz im Großformat. Drum merke: Alles geht, man muss nur wissen wie. Und deshalb wird das Zonen-System erst richtig spannend, wenn man sich an die Bildbearbeitung begibt.

Was soll ein Bild nun sagen? Man will einen Aussagepunkt finden, es soll gefällig sein, Aufmerksamkeit erregen, eine klare Aussage vermitteln und zudem noch die typische Handschrift des Fotografen zeigen. Oho, jetzt wird es spannend! Ein Bild kann nur das zeigen, was das Aufnahmemedium aufnehmen konnte. Dabei ist es egal, ob nun der digitale Chip oder der analoge Film diese Informationen gespeichert hat. Naja, der Analoge hat noch den Vorteil, dass er sich unterschiedlicher Entwickler bedienen kann, die gewisse Dinge fördern oder dämpfen können. Im Digitalen soll angeblich das RAW das bringen, aber ganz ehrlich, mich konnte in dieser Beziehung noch kein Hersteller zu 100% überzeugen … wobei die Leica S2 schon dicht dran ist, wenn es um Farbe geht. Schwarzweiß ist digital als Ausnahmezustand zu bewerten. Egal, schauen wir auf die Bildbearbeitung.

Egal was nun ein Techniker sagen wird, die Zonen 0 und IX, also die Maximalschwärze und das Reinweiß unterliegen keiner Norm. Bei analogem Fotopapier ist es abhängig von der Emulsion und digital kann man zwar eine technische Kalibrierung durchführen, die sich aber bei Bildschirm und Print-Medium (z.B. Papier) deutlich unterscheidet. Trotzdem muss man wissen, wo diese Punkte liegen und sich danach ausrichten. Sodann muss man Zone V bestimmen und ab diesem Punkt kann man die anderen Zonen der Reihe nach betrachten. Na toll, jetzt sind wir auch nicht schlauer als zuvor. Oder doch?

Wenn wir eine gute Fotografie sehen, dann verlieren wir uns weder im Schwarz noch im Weiß. Es sind tatsächlich die feinen Strukturen, die unser Interesse erwecken. Im Bildaussagepunkt ist das die Durchzeichnung der Zonen II und III und in der Nebengestaltung die Zonen VI und VII. Jetzt erst wird uns klar, wenn rumgejammert wird, dass die Zone III fehlt. Ganz ehrlich, wer seine Bilder ordentlich anlegt, wird zumeist die Zone III noch drin haben, alles andere wäre Humbug. Wer jedoch die Zone II fliegen lässt, der muss dafür schon eine gute Begründung haben. Aber das wird sich in der Argumentation leicht finden lassen. Spannender ist übrigens, ob die Zone VII überhaupt „vorhanden“ ist. Was ist damit gemeint?

Das Vorhandensein einer Zone wird danach bemessen, ob deren Darstellung nach der reinen Zonen-Lehre vorhanden ist. Somit wird bei Zone III vorausgesetzt, dass in tiefen Schatten noch angedeutete Durchzeichnung zu sehen ist und der Bereich sich dunkelgrau darstellt. Bei der Zone VII wird es sogar noch viel schwieriger, da wir uns in einem sehr hellen Grau befinden, das noch deutliche Zeichnung aufweisen muss. Da Aufnahmemedien sehr gierig nach Licht sind, kann man im Schatten treiben was man will, im Licht fliegt so manches weg, was man eigentlich aufnehmen wollte. So betrachtet ist das Zone III-Gejammere eigentlich Blödsinn. Und um es ganz auf den Punkt zu bringen, müsste man einen ganzen Workshop füllen. Den gibt es übrigens in Kürze, das sei nur einmal nebenbei erwähnt.

Warum macht man sich eigentlich Gedanken um die Zonen und presst diese auch noch in ein System? Die beiden Väter dieses Gedankens hatten einen sehr logischen erscheinenden Wunsch: So wie der Mensch in seinem natürlichen Sehen etwas wahrnimmt, sollten auch die fotografisch aufgenommenen Bilder sein. Demzufolge wir auch deutlich, dass zum Beispiel einer Zone IV nicht unmittelbar und ohne Übergang eine Zone VIII folgen kann. Jeder gesunde Menschenverstand wird erwarten, dass einem satten, dunklen Grau nicht übergangslos ein nahezu reines Weiß im Bild folgen kann. Dies wäre unnatürlich und ist in der Natur nicht anzutreffen. Selbst bei künstlicher Beleuchtung geht das nicht, weil alles Physik ist und diese nichts anderes als die Erklärung der Naturgesetze darstellt. Nur weil ein Ding eine elektrischen Versorgung hat, wird dadurch das Unnatürlich zum Natürlichen. Dies betrifft übrigens auch so manchen Bildtrend, den wir von Zeit zu Zeit und immer häufiger im Web ertragen müssen. Abgesehen von so mancher Streitlust bezüglich Kommentierung von so manchem Bildwerk muss man dem Zonen-System zugute halten, dass es die natürliche Bildgestaltung im Fokus hat. Man muss nicht streng nach Zonen arbeiten, um zu erkennen ob ein Bild natürlich oder unnatürlich wirkt … aber das Wissen darüber erleichtert die Ausarbeitung eines Bildes ungemein.

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