Ein Gastbeitrag von Fanny Schukat
Hört, liest oder sieht man etwas über Äthiopien, so handelt es oft von Armut, Hunger, Trockenheit. Dabei ist dieses Land bereits heutzutage so viel mehr als das und rappelt sich, zwar langsam, aber stetig. Auch Mona Contzen zeigt das in ihrem Artikel auf:
Bis 2020 soll das Land zu den Top fünf der afrikanischen Urlaubsziele gehören
…, und arbeitet nach eigener Erfahrung auch zusehends an diesem Vorhaben. Nicht nur der in diesem Bericht bestaunte Norden ist interessant. Das ganze Land hat mit seinen über 80 Sprachen und Völkern, seinen Rhythmen, Tanzstilen, Riten, Bräuchen und Klängen sowie unfassbar gutem, antibiotika- und genmanipulationsfreiem Essen eine unglaubliche Vielfalt an Kultur zu bieten. Auch im Süden werden Buschwege nach und nach zu befahrbaren Pisten oder gar Straßen ausgebaut, für den Tourismus. Etliche Tribe-Trips per Jeep sind schon in der Hauptstadt Addis Abeba buchbar und werden zunehmend geplant und angeboten, mit Erfolg.
Zurück in Deutschland darüber zu schreiben sollte man jedoch mit Bedacht. Bringt der Tourismus sicher Fortschritt und Geld ins Land, so trägt er auch immer westliche Ansichten, Vorsätze und Kultur mit sich. Ob diese Kulturen noch lange so erhalten bleiben können und dürfen? Werden auch sie auch im Voranschreiten der Entstehung eines globalen Einheitsbrei-Melting-Pots gnadenlos untergehen? Solche Gedanken tauchen schon beim Betrachten der fröhlich stampfend tanzenden Hamar People in der heißen Mittagssonne, bei einer ihrer Hochzeitszeremonien, auf. Wird das trotz schwieriger Umstände so fröhliche und hoffnungsvolle äthiopische Volk, was seine Freizeit in und mit der Natur sowie vor allem in herzlicher Nähe zu Freunden und Verwandten verbringt, an dieser Einstellung festhalten? Oder werden auch sie sich irgendwann über sieben statt fünf Minuten Werbung im Fernsehen aufregen und pausenlos auf bläulich leuchtende Bildschirme statt in Augen blicken, sowie überwiegend Computermäuse statt einen guten Freund drücken?
Derzeit kämpfen Stämme wie die Hamar, Mursi oder Afar dafür ihre Kulturen mit allen Facetten weiter leben zu dürfen, während der Staat bestimmte Riten, wie das Whipping, einem der Hochzeitsbräuche der Hamar, aus modern moralischer Sicht kritisiert.
Fest steht, dass der Besuch dieses Landes bei intensiver Beschäftigung mit seinen großen Kulturunterschieden zur westlichen Welt irgendwann zu folgenden Fragen führt: Muss man immer länger, schneller und luxuriöser leben? Ist es nicht erstrebenswerter, vielleicht nicht ganz so lang, dafür aber glücklich zu leben? Wann ist man glücklich? Und welche Lebensweise führt dazu?
Bildrechte: Fanny Schukat
Zur Autorin:
Fanny Schukat ist Studentin der Angewandten Medienwissenschaft an der TU Ilmenau und arbeitet derzeit an ihrer Bachelorthesis im Bereich Kommunikationskonzeption, als auch nebenberuflich in diesem Bereich. Wenn sie genug von Schreibtischarbeit hat sind ihr Barkeeping, Reisen, Fotografie und Blogging darüber stets willkommene Abwechslung.