Athen in drei Akten (und konkreten Reisetipps)

Von Eva Grossert @HiddenGemReise

1. Akt – Athen chaotisch

Szene 1

Wir schreiben das Jahr 1989. Zwei sechzehnjährige Fräuleins, ganz grün hinter den Ohren, brechen zu ihrer ersten Rucksackreise auf. Inselhopping auf den Kykladen.

Aeroflott bringt sie turbulent, mit ausgeprägtem russischem Charme ans Ziel und garantiert einen „gelungenen“ Einstieg in die Welt des Fliegens.

Die Mädchen stranden in Athen – ohne Rucksack, Zelt, Schlafsack, Camping Ausrüstung. Missmutige Flughafenmitarbeiter geloben Abhilfe.

Szene 2

Nach vergeblichen Telefonaten, Warten und einer unbequemen Nacht an Athens heruntergekommenen Bahnhof beschließen Eva und ihre Freundin, die Stadt zu erkunden. Sie schaffen es die Weltsehenswürdigkeit, die Akropolis, zu verfehlen, von zwielichtigen Typen verfolgt und beim Geldwechsel übers Ohr gehauen zu werden.

Immerhin finden sie nach Piräus, um am Hafen eine weitere Nacht zu verbringen. Bei 38 Grad Celsius um Mitternacht und südeuropäischen Hygienezuständen des Griechenlands vor 25 Jahren ist an Schlaf nicht zu denken.

Szene 3

Leichtgläubig auf die lahmen Zusicherungen der Flughafenmitarbeiter: „Das Gepäck wird nach Mykonos weitergeschickt.“ vertrauend, treten sie die Weiterreise auf die Kykladen Inseln an.

Die Rucksäcke werden im Verlauf der Reise nicht wieder auftauchen, sondern erst bei Heimflug in den unterirdischen Wirrungen und Irrungen des Flughafen Storage Bereichs – von Ratten angeknabbert und Langfingern geplündert. Dafür betritt eine Gruppe hübscher Israeli die Bühne, die sich fortan fürsorglich um die beiden Protagonistinnen kümmern und großzügig Zelt, Topf und Teller teilen.

Jugendliche Sorglosigkeit beschert den Mädchen unbekümmerte Wochen auf Griechenlands Inseln. Garniert mit Liebeskummer, Abschiedsschmerz, tomatenroten Sonnenbrand, der einem dunkelbraunen Teint weicht und der Erkenntnis, dass ein paar gedeckte Travellerschecks zum vollkommenen Urlaubsglück reichen.

2. Akt – Athen bei Nacht

Szene 1

Mitte der Neunziger. Eva ist derweil herangereift, löwenmähnige Studentin und noch immer vom Reisefieber in Beschlag genommen. Ihre Fernreisen in den Semesterferien finanziert sie sich durch unterschiedlichste Nebenjobs, unter anderem durch Kellnern in einer griechischen Taverne im tiefsten Bayern.

Die nächste Reise führt sie auf die andere Seite der Erdhalbkugel nach Australien. Mit einer Freundin, Olympus Airways und einem Zwischenstopp in Athen.

Wie es der Zufall will, hat der Restaurantchef dort Verwandtschaft – einen Cousin, sooo nett, im Alter der Mädchen. Jener klopft sich die Schenkel, erwartet die Freundinnen bereits am Flughafen, lässt sich nicht lumpen, präsentiert sein Restaurant und Athens wildeste Seite.

Szene 2

Zahlreiche Ouzos später stolpern die jungen Fräuleins sternhagelvoll um 5 Uhr morgens ins Hotel, wo der Hotelier längst besorgt im Dreieck hüpft, da die Betten leer und der bestellte Weckruf unbeantwortet blieb. Hals über Kopf wird nur der Rucksack aufgegriffen, um dann mit 220 Sachen von Blaulicht verfolgt zum Flughafen zu rasen. Der Anschlussflug nach Melbourne wartet nicht auf Nachtschwärmer.

Auf Wiedersehen Cousin. Auf Wiedersehen Athen.

Zurück bleibt dieses Mal die Feststellung, dass kurzweiliger als im Ouzo-Schwipsdelirium ein 18-Stunden-Langstreckenflug nicht überbrückt werden kann. Ach ja, und Athens Männer sind spendabel, die Polizei kulant und die Nächte bunt.

3. Akt – Athen im Herzen

November 2016. Eva ist erfolgreich, das Haar geplättet, verheiratet und hat eine Tochter. Es hat sich viel verändert, nur das Reisefieber ist geblieben.

Aus dem geplanten jährlichen Paarurlaub (Zweisamkeit und so) wird nichts. Das reisefreudige Kind erleidet Trennungsschmerz und wollte sowieso schon immer nach Athen. Die Götter, diese Tempel und überhaupt …

Die Familie verbringt kurzerhand die Herbstferien in der Stadt, die abgesehen des Kriteriums, dass der Flug spottbillig war, eine dritte Chance verdient hat.

Überraschenderweise wohnt das Dreigespann göttlich, speist aussichtsreich, füllt Wissenslücken mit Jahrtausenden an Geschichte.

Sie laufen sich die Hacken wund, shoppen griechisches Design, lachen über Soldaten in Strumpfhosen und Holzclogs mit Bommeln, genießen die wohlwollende Herbstsonne und die fantastischen Fernblicke von Athens Hügeln.

In den lebendigen Stadteilen Monastiriki und Psiri tauschen sie ein Stück Herz gegen einen Schwips von Rotwein sonnengereifter griechischer Trauben.

Am Strand von Vouliagmeni tanken sie Sonne satt und ihre überflüssigen Hornhautschuppen verfüttern sie den Fischlein im smaragdgrünen Lake Vouliagmenis.

Was von den Tagen übrig bleibt, ist pures Erstaunen über diese hippe, quirlige unterschätzte Stadt, die Erkenntnis, dass der Herbst genau die richtige Reisezeit ist, Athen auch Kinderherzen erfreut und dass es reicht, die Akropolis aus der Ferne zu bewundern.

Jetzt aber mal ernsthaft: Meine Athen Reisetipps

Nichts wie hin! Athen ist eine unglaublich spannende Mischung aus Alt und Neu, mit den belebten Straßen der Altstadt unterhalb der allgegenwärtigen Akropolis, ein Nachgeschmack an Athens Bedeutung und Erbe. Am schönsten ist es sich treiben zu lassen, um den Charme der Stadt kennenzulernen. Ein paar Tipps, was man sich nicht entgehen lassen sollte, habe ich aber dann doch:

Akropolis und Agora

Die alte Zitadelle liegt auf einem Hügel mit rundum Blick auf die moderne Stadt von Athen. Zwar gibt es andere ähnliche Sehenswürdigkeiten in Griechenland, hier ist aber die wichtigste, die viele Höhepunkte beherbergt: das Parthenon, die Agora und den antiken Marktplatz. Mir persönlich war es allerdings auch in dieser Jahreszeit zu voll und ich habe die Ausblicke auf die Akropolis mehr genossen. Womit wir schon beim nächsten Punkt wären.

Filopappos Hill

Ein altes griechisches Ehrenmal wurde errichtet, welches oben auf dem Filopappos Hügel thront. Nur zwei Drittel der Fassade des Monuments sind noch erhalten, aber viel wichtiger ist sowieso die sagenhafte Aussicht auf die gegenüberliegende Akropolis oder der Rundumblick auf die Stadt bis hin zu Meer. Ein Traum in der Abendstimmung.

Tempel des Olympischen Zeus

Südwestlich der Akropolis, wurde mit dem Bau des Tempels von Zeus im 6. Jahrhundert vor Christus begonnen. Für einige Jahrhunderte war dies der größte und wichtigste Tempel in der antiken Welt. Wem ein kurzer Blick genügt, schaut einfach durch den Zaun.

Monastiraki und Flohmarkt

Eine Attraktion für Schnäppchenjäger ist der Flohmarkt von Monastiraki. Er findet am Sonntag statt, ansonsten ist es eines der größeren Einkaufsviertel der Stadt mit Markenware, Fälschungen, Tinnef, Trödel und Souvenirplunder. In einer Ecke finden sich auch noch hübsche Antiquitätenläden. Uns hat es vor allem die lebendige, urban geprägte Gegend, der belebte Platz und die Dachterrasse des 360 Grad angetan. Sitzen klönen, gucken!

Der Zentralmarkt von Athen hat zudem einige der besten frischen Produkte der Stadt zu bieten.

Kerameikos -Technopolis – Gazi

Wenn man schon mal in der Gegend ist, ist Kerameikos einen Besuch wert. Kerameikos liegt im Nordwesten der Akropolis und war der Teil der Stadt des Töpferns und offensichtlich Ursprung des deutschen Wortes “Keramik”.

Von den Kerameikos Ruinen ist es nur ein Katzensprung zum alten Gaswerk der Stadt. Technopolis ist ein Industriemuseum mit Konzerten, Festivals und Veranstaltungen und die Gazi-Gegend, ein Garant für gutes Nachtleben!

Psiri

Psiri ist ein pulsierendes Viertel mit einem abwechslungsreichen Nachtleben, Street Art und ein paar Ecken und Kanten trotz Gentrifikation. Was angesagt ist, läuft hier. Auch tagsüber lässt es sich gemütlich durch die Gassen flanieren, einkaufen und in einer der vielen Kneipen einkehren. Alle haben Tische auf den Bürgersteigen und servieren unter freiem Himmel feinste Leckereien und Schweinereien. Hier finden sich auch einige kleine Boutiquen und Kunstläden.

Lykavittos Hill

Ein weiteres Aussichts-Schmankerl, ein Kalkstein, der sich 277m über dem Meeresspiegel und der Stadt unten erhebt, ist der Lyklavittos Hügel. Er ist der beste Ort, um einen Blick auf Athen bei Nacht zu bekommen. Eine Standseilbahn bringt Lauffaule auf die Schnelle nach oben.

Vouliagmeni See

Mein heißester Ausflugstipp ist Vogluliagmeni, eine der exklusivsten Gegenden von Athen und mit der U-Bahn zu erreichen. Zum Meer oder dem geologischen Naturphänomen, den Vouliagmeni See geht es dann per Bus oder Taxi weiter. Das Wasser des Sees ist kristallklar und der Anblick entzückend. Dieser Natursee ist umgeben von Klippen und das Wasser ist über das ganze Jahr angenehm warm. Außerdem gibt es eine Fisch-Spa-Behandlung inklusive Lachmuskeltraining gratis. Die im See lebenden Fische knabbern wenn man stillhält überschüssige Hornhautschüppchen von den Füßen/vom Körper– für mich leider wegen akuten Kitzelns nicht auszuhalten.

Und sonst?

Liebe Geschichtefreaks verpasst außerdem nicht das imposante Nationale Archäologische Museum und auch nicht die Wachablösung der Evozen. Wo sonst sieht man Männer in einer Uniform aus Rüschenröckchen, Strumpfhosen und Holzclogs? Die Soldaten (Evozen) bewachen vor dem griechischen Parlamentsgebäude das Grab des Unbekannten Soldaten. Stündlich findet hier die Wachablösung statt und sonntags gibt es immer um 11 Uhr eine Parade.

Für das mir empfohlene alternative, weitgehendst autonome Exarchia, ein Studentenviertel und Szenetreffpunkt hat diese Mal hat die Zeit leider nicht gereicht.

Wohnen

Unser Hotel, das Hotel AtehnsWas, ein Designtempel in Mid Century Anmutung kann ich wärmstens empfehlen.

Essen und Shoppen

Mega lecker Essens-Hotspot: Zampanó in Psiri oder einfach ganz leger auf den Stufen bei Wein und Meze im pittoresken Anafiotika.

Ansonsten findet sich eine große Auswahl an stylishen Shops und Lokalen im „upmarket“ Kolonaki Bezirk. Wer die Skoufa Straße entlangwandert, wird unweigerlich fündig. Wir haben im „It“ ganz hervorragend geschlemmt.

Blogger über Athen

Ihr wollt weitere Reiseberichte? Bitteschön, meine liebesten Bloggerkollegen haben noch einige Tipps und ganz eigene Eindrücke parat: