Assassin's Creed Revelations - Hintergrundgeschichten - Konstantins-Säule, Çemberlitaş, Kleine Hagia Sophia

Assassin's Creed Revelations - Hintergrundgeschichten - Konstantins-Säule, Çemberlitaş, Kleine Hagia Sophia

Eines der Highlights von Assassin's Creed Revelations: Man klettert in der
berühmten Hagia Sophia herum


Wenn ein Blog sich sehr mit der osmanischen Geschichte auseinandersetzt, dann ist es natürlich naheliegend, sich mal das neueste Computerspiel Assassin's Creed Revelations unter historischen Aspekten genauer anzuschauen.
Dieses möchte ich hiermit in einer losen Folge von Postings tun, mit dem Schwerpunkt auf einige der Gebäude die im Spiel vorkommen.
Wie werden diese im Spiel dargestellt, wie sehen sie in Wirklichkeit aus, gibt es etwas interessantes über sie zu erzählen? Ich vergleiche also die Computergrafik der Gebäude im Spiel mit der Realität.
Wie sieht es überhaupt mit der Historizität im Spiel aus? Also könnte man das Spiel im Geschichtsunterricht eventuell nutzen um sein historisches Wissen zu mehren, oder ist zuviel einfach ausgedacht oder verfälscht, oder wichtiges weggelassen, so dass ein schiefer und historisch unkorrekter Eindruck entsteht?
Auf letzteres werde ich im Übrigen nur kurz eingehen.
Bei den Beschreibungen der Gebäude werde ich auf die Wikipedia in dem Fall zurückgreifen, wo deren Artikel einigermaßen korrekt sind, oder die Teile herausnehmen, die mit meiner Sekundärliteratur übereinstimmen.
Zuerst allgemeine Anmerkungen zum Spiel:
Ja, jeder, der sich für das Osmanische Reich, für die Türkei, für Istanbul interessiert, kann beruhigt zu diesem Spiel greifen, oder zumindest für ein Wochenende ausleihen. Es lässt sich relativ leicht, sogar auch als Anfänger, durchspielen. Ein Vorteil und Manko zugleich. Wenn man schon die drei Vorgänger gespielt hat, oder überhaupt mit dieser Art Computerspiel ein klein wenig vertraut ist, der empfindet den Schwierigkeitsgrad mitunter als zu leicht.
Nie wurde Istanbul detailgetreuer, liebevoller, lebendiger dargestellt.
(Zumindest kenne ich kein Computerspiel, kennt ihr eines? Bitte dann ggf. den Kommentarbereich nutzen.) Für Geschichtsinteressierte gibt es hier sogar das alte historische Konstantinopel, oder besser gesagt Ḳusṭanṭīniyye zu entdecken, wie der osmanische Name hieß (und im Spiel doch tatsächlich auch so manchmal genannt wird). Jedoch war Istanbul schon zu Zeiten der Seldschuken im 13. Jahrhundert unter diesem Namen Istanbul unter Einheimischen (also Byzantinern) bekannt.
Auf den Namen geht auch das Spiel kurz ein, indem es behauptet, es wäre nach der Eroberung unter der muslimischen oder türkischen oder osmanischen Bevölkerung (weiß nicht mehr genau, welche Bezeichnung sie verwendeten) als Istanbul bekannt. Das ist natürlich Quatsch, denn alle Istanbuler, ob griechischsprachig, armenischsprachig, turksprachig, usw. benutzten damals das Wort Istanbul (oder ungefähr "Eis tin polin") gleichermaßen, stolz und ganz selbstverständlich. Offiziell blieb der Stadtname hingegen neben vielen weiteren Namen Ḳusṭanṭīniyye, und auch Istanbul wurde unter anderem in diversen Abwandlungen in offiziellen Dokumenten verwendet. Oh, nun sind wir auch schon mitten in der Geschichte einer meiner Lieblingsstädte, neben Venedig, Rom, Hamburg, Kathmandu, usw. Und ihr ahnt schon, dass im Spiel und den Beschreibungstexten des Spieles viel zu viele Ungenauigkeiten, offenkundige Fehler, Stereotypen enthalten sind, neben ganz frei erfundenen Dingen, die natürlich diesem Spiel auch zuzugestehen sind, immerhin wird darauf auch explizit in der Einleitung des Spieles hingewiesen, sozusagen inspired by a true story.
Bevor ich zu einigen Fehlern komme, noch zuvor einige positive Dinge:
Das Spiel bringt Spaß. Das ist wohl eines der wichtigsten Dinge. Die Szenerie ist toll (trotz aller Fehler), erinnert mich ein wenig an James Bond: Liebesgrüße aus Moskau, aber mit wesentlich größeren Detailreichtum, Bewegungsfreiheit, und dem historischen Setting.
In dem ganzen Spiel wurde versucht, die Osmanen nicht mehr wie in so vielen, vielen Computerspielen als "Barbaren" oder zumindest blutrünstige Feinde (während bei den christlichen Mächten in den PC-Spieltexten kaum deren ebenso blutigen Kriege Erwähnung fanden) darzustellen. Sie wurden ein wenig "fairer" dargestellt, wenn sich auch etliche Klischees einschlichen. Es wurden auch positive Ereignisse oder Eigenschaften der Osmanen erwähnt. Insgesamt kommt das Osmanische Reich also durchaus positiv weg. Vor allem wird der Eindruck vermittelt, die unterschiedlichen Bevölkerungsgruppen, das "Multikulti" in Istanbul wäre etwas positives. Das Blog Oeffinger Freidenker hat dazu auch eine sehr schöne Review und Gedanken über das Spiel geschrieben.
Dennoch, wie ich oben bereits andeutete, am besten merkt man sich die Texte, seien sie nun eher positiver oder negativer Natur erst gar nicht, sondern liest stattdessen eines der kleinen Bücher in meinen Buchtipps oben. Denn es finden sich doch zu viele Fehler darin, so dass es für einen Unterricht, oder zur Bildung von historischem Basiswissen doch recht ungeeignet ist. Denn viele der in den Texten erwähnten Klischees bekommt man dann doch hinterher erst schwer wieder heraus, wie ich immer wieder in Diskussionen im Internet feststellen musste, wo manchmal eher auf Vorstellungen von Age of Empires, Total War, Europa Universalis, usw. zurückgegriffen wurde, als auf Fachliteratur, die ich in Diskussionen einbrachte.
Um einen ersten Eindruck von der liebevoll gestalteten Szenerie zu bekommen, schaut euch bitte diese Video an, wo der junge Prinz, der spätere Sultan, Süleyman euch kurz durch die Stadt führt:

Es gibt so einige Fehler, wo ich nicht nachvollziehen kann, wie die Verantwortlichen sie zulassen konnten, denn sie wären leicht vermeidbar. Dazu braucht man auch nicht unbedingt ein studierter Türkei-Experte oder ähnliches sein. Zum Beispiel verstehe ich nicht, warum die Sonne im Spiel nicht am Südhimmel verläuft, sondern am Nordhimmel ihre Bahnen zieht. Immerhin geht sie im Osten auf...
Dadurch erhalten natürlich auch die Gebäude eine Beleuchtung, die man so noch nie gesehen hat. Interessant.... :-)
Ich habe mal ein Making-of-Video gesehen, wo die Produzenten berichten, wie sie in zwei Wochen etliche Foto- und Filmaufnahmen von Istanbul machten, um sich auch vor Ort ein besseres Bild der Stadt machen zu können. Im nächsten Teil werde ich dieses längere Video mal vorstellen. Aufgrund dessen, kann ich es ehrlich gesagt kaum nachvollziehen, wie sich dennoch solch auffällige Fehler, die einem das ganze Spiel über begleiten und die ich hier in loser Postingfolge noch manchmal erwähnen werde, passieren konnten.
Hier ein etwas kürzeres Making-of-Video, was zeigt, dass auch wenn man türkischer Herkunft ist, dass keinesfalls bedeutet, dass dadurch automatisch mehr Expertentum in die Entwicklung des Spieles einfließen muss.
Ebenso bleibt ein Geheimnis, warum die Kirchen nicht "geostet", also nach Osten hin ausgerichtet sind, wie die meisten byzantinischen Kirchen in Istanbul es damals wie heute sind und waren. So sind alle Kirchen im Spiel, wie auch die Moscheen nach Südosten, nach Mekka hin ausgerichtet. Ich würde es verstehen, wenn das Strassennetz ebenso danach ausgerichtet wäre, ist es aber nicht. Es ist eher recht durcheinander, was sehr gut ein Gefühl für ein orientalisches Strassennetz vermittelt.
Die oben von innen abgebildete Hagia Sophia steht demnach auch zu schräg.
Was ich auch schade finde, ist, dass die Minarette allgemein unproportional dargestellt wurden, obwohl sie sich bei deren Nah-Design offensichtlich viel Mühe gegeben haben - z.B. mit dem Mukarnas und Stalaktitensteinmustern unterhalb der Balkone. Mit unproportional meine ich besonders die für die Fernwirkung wichtige Lage der Balkone. Diese sind meistens zu weit oben angebracht, und auch zu dick, breit, gestaltet. Auch sind viele Minarette zu hoch, so dass das harmonische Zusammenspiel von Kuppeln und Minarette im Stadtbild gestört wird. Schade, dieses hätte man leicht vermeiden können, wenn die Designer nicht so mangelnde Kenntnisse gehabt hätten.

Assassin's Creed Revelations - Hintergrundgeschichten - Konstantins-Säule, Çemberlitaş, Kleine Hagia Sophia

Die Hagia Sophia - hier mit überlagertem Grundgerüst der PC-Grafik.
Leider mit viel zu weit westlich vorgelagerten Minaretten,
so dass die typische Silhouette doch arg gestört wird. Unnötig.

Was ich noch eigentlich sehr nett fand, aber letztlich doch störend war, ist, wenn der Muezzin-Ruf zum Gebet in der Stadt ertönt, z.B. bei Sonnenaufgang. Diesen hört man jedoch eher, wenn man sich erhöht über der Stadt befindet, auf einem Minarett, Turm, Dach oder so. Dann murmeln die Geräusche der Stadt zu dir hoch, und bei bestimmten Tageszeiten eben auch der Ruf der Dutzenden Muezzins, der Gebetsrufer. Nur: Hier haben die Spieleentwickler Aufnahmen des heutigen Istanbuls verwendet, und da rufen alle Muezzins mittels Mikrofonanlage, Lautsprecher und Verstärker zum Gebet. Also hört man im Istanbul des 16. Jahrhundert in diesem Spiel die Technik des 20./21. Jahrhunderts, was schon etwas merkwürdig 'rüberkommt.
Ebenso sehen zwar die zahlreichen Palmen im Spiel ganz nett aus, wachsen aber eher nicht in Istanbul. Diejenigen wenigen Palmen die heute zu sehen sind, wurden erst aufgrund des Tourismus eingepflanzt und gehen auch recht häufig im Schnee eines Istanbuler Winters ein und müssen ersetzt werden. Warum also im Spiel nicht mehr Kastanien oder Platanen, die in Istanbul häufig wachsen? Weil es dann nicht so "orientalisch" aussieht?
Naja, ich breche hier mal ab, in den nächsten Postings kommen wir wahrscheinlich zu mehr Ungereimtheiten oder Fehlern, die vermeidbar gewesen wären, hätten sie nur mal einen Turkologiestudenten, oder Kunstgeschichtsstudenten mit Schwerpunkt islamische Kunst oder einen echten Istanbulkenner vorher befragt.
Kommen wir nun zu zwei interessanten Sehenswürdigkeiten und markanten Baudenkmälern Istanbuls:
Konstantins-Säule, Çemberlitaş, Verbrannte Säule, Umgürtete Säule

Assassin's Creed Revelations - Hintergrundgeschichten - Konstantins-Säule, Çemberlitaş, Kleine Hagia Sophia

Konstantins-Säule auf einer alten Postkarte, rechts davor
die abgeschnittene Kuppel des türkischen Bades Çemberlitaş-Hamam,
hinter der Säule, eine der ältesten Moscheender Stadt,
die Atik Ali Paşa Moschee


All diese Namen sind für ein Baudenkmal gebräuchlich, welches noch aus einer Zeit stammt, als Konstantinopel mitunter noch Nova Roma hieß.
Die bekannteste der großen Triumph- und Denkmalsäulen der Stadt, die Konstantin der Große im Zentrum seines großen Forums 328 errichten ließ, ist leider nur in stark veränderter und rudimentärer Form erhalten. Der verwitterte Porphyr der Säulentrommeln erforderte im Laufe der Zeit immer wieder neue Bänder und Manschetten, das erstemal bereits 418 unter Kaiser Theodosios II. Ein Sturm des Jahres 1105/06 fällte schließlich die Statue des Kaisers von ihrer Höhe samt dem Kapitell und 3 der urspr. wohl 10 Porphyrtrommeln. Unter Manuel Komnenos (1143-80) erhielt die Säule einen neuen oberen Abschluß mit der heute noch vorhandenen Kleinquadermauerung. Der zweite Vers der Erneuerungsinschrift nennt Manuel, das ist noch erkennbar. 1779 ließ Sultan Abdülhamit I. nach einem Brand den Säulenunterteil vermauern.
Die Gesamthöhe der Säule beträgt heute ca. 34,80 m. Als urspr. Höhe nimmt man ca. 50 m (= ca. 175 röm. Fuß) an. Da der untere Teil mit der barocken, knollenartigen Basis rd. 10 m hoch mit Quadern ummauert ist, sind vom alten Denkmal nur noch 6 Porphyrtrommeln mit den angearbeiteten Lorbeerkränzen sichtbar. - Grabungen in den Jahren 1929/30 haben über den Unterbau etwas Klarheit gebracht: Das Pflaster des Forums wurde in 2,33 m Tiefe gefunden. Die Säule steht auf einem großen Marmorsockel, der seinerseits wieder auf 6 Stufen ruht. Dieser Stufenunterbau und damit die gesamte Säule ist jedoch noch einmal von einer Gewölbesubstruktion in 4,60 m Tiefe unterfangen, in der man die aus Quellen bekannte Konstantins Kapelle erkennen möchte.
Hier war wohl auch der Platz der überlieferten Reliquien: des Palladiums Troias, das Aeneas nach Rom gebracht haben soll, eines Stückes der Arche Noahs, des Steines, aus dem Moses Wasser schlug, der 12 Körbe des Brotwunders Christi, der Kreuze der Schächer und des heiligen Salbgefäßes. Bereits in dieser seltsamen Zusammenstellung der Reliquien zeigt sich der Synkretismus Konstantins, noch deutlicher in der Statue, die die Säule bis in den Beginn des 12 Jh. krönte: Der Kaiser ließ sich als Apoll mit der Strahlenkrone darstellen in Analogie zu seinen Münzprägungen mit der Devise »Sol invictus« (= der unbesiegte Sonnengott). Die Tradition behauptet, in die Strahlen seien die Kreuznägel Christi eingearbeitet worden und der Globus habe ein Kreuz getragen; auch soll die Statue eine Reliquie des wahren Kreuzes enthalten haben. Doch könnte dies bereits auf eine Ersatzstatue des Kaisers bezogen werden.
aus: Marcel Restle: Istanbul. Bursa. Edirne. Iznik. Stuttgart 1976. (Reclams Kunstführer) Übrigens ein sehr gutes Buch.
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