Asoziale Konterrevolution in ganz Europa

Die Finanz-Krise ist eine feine Sache – wenn es sie nicht ohnehin schon gäbe, müsste man sie glatt erfinden! So sehen es jedenfalls die Krisen-Gewinner. Die Banken freuen sich über gigantische Geldgeschenke der Regierungen, mit denen sie jetzt wieder wild spekulieren können. Die ohnehin schon Reichen werden für ihre Selbstbedienungsmentalität weiterhin großzügig belohnt. Und die Arbeitgeber reiben sich feixend die Hände: Jahrzehntelang erkämpfte Arbeitnehmerrechte werden angesichts der Spardrucks und der Ausgabendisziplin der europäischen Regierungen hemmungslos über Bord geworfen. Eine asoziale Konterrevolution tobt über den gesamten Kontinent und niemand denkt daran, ihr Einhalt zu gebieten. Dabei sind die Folgen für die meisten Menschen durchaus unangenehm. In einigen Ländern ist das schon sehr deutlich zu spüren.

Apostolos Kapsalis vom Forschungsinstitut des griechischen Gewerkschaftsbundes erklärt, dass Griechenland derzeit so etwas wie die Versuchs-Ratte im europäischen Reformlabor sei: In Griechenland werde getestet, was an Sozial-Abbau alles so geht. Und das werde dann auch in anderen Ländern angewandt. In Griechenland wurden Arbeitnehmerrechte bereits fast komplett demontiert: Tarifverträge wurden außer Kraft gesetzt, der Mindestlohn auf 590 Euro (bei Menschen unter 25 auf 500 Euro) monatlich gesenkt, sämtliche Zulagen und Lohnzuschüsse gestrichen und die Gehälter im öffentlichen Dienst massiv gekürzt. Ein paar Wochen lang gingen die Menschen wütend auf die Straße, aber offenbar haben sich die meisten mit ihrem Elend abgefunden – es ist ja auch anstrengend, von quasi nichts zu überleben.

Asoziale Konterrevolution in ganz Europa

Wenn die Leute für mehr Geld auf die Straße gehen, sind sich die Wirtschaftsexperten einig:
Warnstreiks lieber verbieten!

Ähnliches ist in Spanien zu beobachten. Hier können Unternehmen ebenfalls ohne Zustimmung von Arbeitnehmervertretern Löhne senken und Arbeitszeiten ändern. Der Kündigungsschutz wurde aufgeweicht, das Rentenalter hoch gesetzt und eine angekündigte Erhöhung des Mindestlohns kassiert. Der spanische Mindestlohn von 641 Euro war bisher ohnehin einer der niedrigsten in Euro-Land und auch bei der Arbeitslosenunterstützung ist der spanische Staat knauserig. Deshalb verarmt die spanische Bevölkerung derzeit noch schneller als die griechische.

Interessant ist die Situation in Italien. Nachdem Silvio Berlusconi allen möglichen Skandalen und der Finanzkrise zum Trotz quasi als unsinkbar galt, ist der Medienmogul Ende vergangenen Jahres gekentert und hat die gesamte Politiker-Kaste des Landes mit in die Tiefe gerissen. Statt dessen versucht nun eine Technokratenregierung, den leckgeschlagenen Tanker Italien wieder flott zu machen. Und weil Fachleute aus Wirtschaft und Verwaltung weniger Skrupel haben als vom Volk gewählte Politiker, unpopuläre Reformen durchzusetzen, können sich die Italiener nun über ein umfangreiches Deregulierungspaket freuen. Damit wurden “bürokratische Hindernisse” aus dem Weg geräumt, die der Wettbewerbsfähigkeit italienischer Unternehmen im Weg stünden, etwa der bisher wirksame Kündigungsschutz. Unternehmen dürfen Löhne unter Tarif zahlen, der Einsatz von Praktikanten soll ausgeweitet werden und weitere Maßnahmen ergreifen, um einen “dynamischen und flexiblen” Arbeitsmarkt zu schaffen, damit wieder mehr Arbeitsplätze entstehen – in Deutschland hat das mit der Ausweitung des Niedriglohn-Sektors schließlich auch sehr gut funktioniert. Natürlich soll auch das Renteneinstiegsalter steigen.

In Portugal müssen die Beschäftigten im Öffentlichen Dienst ebenfalls Lohnkürzungen hinnehmen, es wurden vier Feier- und drei Urlaubstage gestrichen. Auch hier können Unternehmen jetzt schneller Leute entlassen und müssen weniger Abfindungen zahlen. Dass Firmen nicht mehr an Tariflöhne gebunden sind und die Arbeitszeiten flexibler gestalten dürfen, muss man schon fast nicht mehr erwähnen. Auch im europäischen Hochlohnland Frankreich braut sich Unheil zusammen. Präsident Sarkozy plant ebenfalls eine Lockerung des Kündigungsschutzes, die Senkung des Mindestlohns und die Aufweichung der Tarifverträge, die derzeit noch 90 Prozent der Arbeitnehmer vor dem Lohnverfall schützen. Natürlich soll auch hier das Rentenalter steigen.

Aber nicht nur der Süden verarmt. Trostlos ist die Lage auch in Großbritannien. Der Lebensstandard der Arbeiter im Inselreich ist bereits jetzt unter den vor dreißig Jahren gesunken. Die Reallöhne der ärmsten 20 Prozent unter den britischen Arbeiten waren 2011 43 Prozent niedriger als 1978, bei den mittleren Löhnen sank der Reallohn um 36 Prozent. Wer es jetzt schafft, einen Job zu finden, verdient im Schnitt 28 Prozent weniger als vor Ausbruch der Krise in 2008. Im öffentlichen Bereich wurden bereits massiv Stellen abgebaut, besonders betroffen waren der Bildungsbereich und der staatliche Gesundheitsdienst. Überhaupt der National Health Service, der als Juwel in der Krone des britischen Sozialstaates galt! Der soll nämlich privatisiert werden. Schon jetzt wurde der Betrieb ganzer Krankenhäuser an Privatfirmen ausgelagert. Wie man sich unschwer denken kann, wird die gesundheitliche Versorgung dadurch nicht besser und schon gar nicht billiger. In keinem anderen europäischen Land driften Arm und Reich so weit auseinander wie in Großbritannien. Die reichsten 10 Prozent sind hundertmal reicher als die ärmsten 10 Prozent, in wenigen Jahren werden in Großbritannien wieder Zustände herrschen wie unter Queen Victoria. An Szenen wie im vergangenen Sommer, als frustierte Jugendliche Häuser ansteckten und Läden plünderten, werden sich die Briten entsprechend auch gewöhnen müssen.

Möglicherweise auch die Deutschen, schließlich ist unser Land Europameister beim staatlich geförderteten Niedrigstlohn und bei der Armutsproduktion inzwischen ganz vorn mit dabei: Bei Kinderarmut, Altersarmut und armen Arbeitslosen hat Deutschland schon ganz schön zugelegt. Man soll ja nicht immer nur das Negative sehen. Vor diesem Hintergrund wird um so interessanter, dass die aktuelle Warnstreikwelle im Öffentlichen Dienst vor allem dazu führt, dass unsere Wirtschaftsideologen keineswegs ernsthaft darüber nachdenken, Arbeitern und Angestellten wenigstens einen Inflationsausgleich zuzubilligen. Nein, sie wollen das Streikrecht einschränken, allen voran der Oberwirtschaftsweise Wolfgang Franz.

Da hat wieder einer ganz originell quergedacht! Denn Warnstreiks sind eine ärgerliche Sache, die machen die Leute am Ende darauf aufmerksam, dass es auch noch andere Interessen geben könnte als die der Vertreter des Kapitals. Das geht natürlich gar nicht. Die Leute sollen den Mund halten und dankbar sein, dass sie überhaupt noch arbeiten dürfen. Und wenn sie unbedingt streiken wollen, dann doch wenigstens so, dass es niemanden stört.



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