Der Autor Peter Ziganek lebt und arbeitet in London als Direktor einer amerikanischen Investmentbank und machte sich auf Erlebnisreise nach Aserbaidschan.
Start der Reise in Baku
Moschee in Baku, Aserbaidschan
Es war die Hochzeit unserer Freunde in Baku, die wir als Anlass nahmen, eine einwöchige Rundreise durch Aserbaidschan im August zu bestreiten. Der Visaprozess erwies sich als kompliziert, die Auswahl der Flüge war limitiert und viele Fragen während der Vorbereitung blieben offen, da nur wenige Informationen über unser Reiseziel vorab erhältlich waren. Entgegen unserer sonstigen Vorgehensweise entschieden wir uns daraufhin, die Hilfe einer spezialisierten Reiseagentur in Anspruch zu nehmen, Azerbaijan24, was sich später als goldwert herausstellte.
In Baku gelandet, wurden wir von einem netten Aseri im mittleren Alter pünktlich vom Flughafen mit einer veralteten M-Klasse abgeholt, und wir machten uns sogleich auf den Weg nach Quba, eine mittelgroße Stadt im Nordosten des Landes, am Fusse des Kaukasusgebirges. Die Straßen waren anfangs in einem sehr guten Zustand, doch wurden dann immer holpriger je weiter wir uns von der Hauptstadt entfernten.Die erste Nacht verbrachten wir im Hotel Oskar, ein sauberes und praktisches, doch uncharmantes Budgethotel an einer stark befahrenen Straße der Stadt.
Ursprünglicher Kaukasus
Berge im Kaukasus, Aserbaidschan
Am nächsten Morgen, nach einem umfangreichen Einkauf von Melonen, Toilettenpapier und Wasserflaschen auf dem Wochenmarkt, fuhren wir in Richtung Berge. Spätestens bei dieser abenteuerlichen Fahrt, die unser Fahrer auf ungeteerten Wegen, ohne Kartenmaterial und jeglicher Beschilderung mit Bravour bewerkstelligte, wurde uns klar, dass ein Führer für Kurzzeittouristen in Aserbaidschan nahezu unersetzlich ist. Leute auf den Straßen waren freundlich und hilfs-bereit, doch Englisch sprach keiner von ihnen, so dass sich unsere Kommunikation auf Zeichensprache und freundliches Lächeln beschränkte. Nach einigen Stunden bergauf, mit teilweise traumhaftschönen Panoramen unberührter Berglandschaften, kamen wir in dem abgelegenen, von schneebedeckten Berggipfeln umgebenen Bergdorf Xinaliq an.
Weit ab von jeglicher touristischer Infrastruktur, arrangierte unser Führer für uns eine Privatunterkunft für die Nacht, wo wir bestens versorgt wurden und interessante Einblicke in das Familienleben bekamen. Den dortigen Gegebenheiten entsprechend mussten wir mit dem Donnerbalken und kleiner Katzenwäsche am Brunnen vor der Haustür vorlieb nehmen, was ein weiteres i-Tüpfelchen in unserem Kaukasus Abenteuer darstellte. Am Nachmittag machten wir eine kleine Wanderung; man hätte sich wohl auch eine größere Tour aussuchen können, doch wir beschlossen, am nächsten Tag in ein benachbartes Tal weiter zu fahren, um Laza anzusteuern, ein ähnlich attraktives Bergdorf wie Xinaliq. Wieder verbrachten wir die Nacht bei Dorfbewohnern im Haus und wieder machten wir eine kleine Wanderung.
Am darauffolgenden Tag, erschöpft von unserem Bergabenteuer, welches sich wie eine kleine Zeitreise in die Vergangenheit anfühlte, machten wir uns auf den Weg nach Baku, wo wir uns auf das Museum’s Inn freuen konnten, ein nettes Boutique Hotel in der Altstadt am Maiden Tower. Die ersten Eindrücke der Hauptstadt standen im krassen Gegensatz zu unseren vorigen Erlebnissen. Während die Bergdorfbewohner von ihrer kargen Landwirdschaft und Viehzucht leben, erwies sich Baku als pulsierender, erdölgetriebener Wirtschaftsstandort. Dank der Petro-Dollars ist die Altstadt tadellos renoviert, elegante Luxusläden reihen sich an den Strassen, die Wasserpromenade läd zum Flanieren ein und moderne Hotelgebäude, Einkaufszentren und innovative Bürotürme komplettieren das ansehnliche Stadtbild am kaspischen Meer. Wir verbrachten knapp zwei volle Tage mit "Sight-Seeing" in und um Baku herum, was ausreichend war. Die große Mehrheit der Azeris ist muslimisch, allerdings mit einer sehr gelassenen, fast westlichen Interpretation der religiösen Bräuche. Wir fühlten uns immer sicher, konnten uns problemlos von A nach B bewegen, wurden nie belästigt und waren immer willkommen gehießen. Das Restaurantangebot in Baku ist reichhaltig, aufgrund der Verständigungsbarrieren jedoch, tendierten wir zu den wenigen englischsprachigen Lokalitäten, wo man eine Menge Touristen und "Expats" antraf.
Hochzeit auf Aserbaidschanisch
Traditionelle Hochzeit in Baku, Aserbaidschan
Der Höhepunkt und eigentliche Grund unserer Reise war die Hochzeit unserer Freunde. Ohne religiöse Zeremonie tagsüber wurden die Gäste zu einer großen Ballnacht am Abend eingeladen. Noch bevor alle Gäste Platz nahmen und das Brautpaar erschien, wurde mit dem Servieren angefangen. Die Tische bogen sich vor Essensmengen, die Vodkaflaschen reihten sich neben Whiskey, Wein und Bier. Fisch, Meeresfrüchte und Fleisch wurde ohne scheinbarer Menüfolge den ganzen Abend durch serviert, und zwischendurch sprang man immer wieder für einen Tanz, eine Polka oder ähnliche Abwechslungen auf. Das Brautpaar saß an einem separaten Tisch, an dem die Gratulanten Schlange standen. Reden wurden geschwungen, eine Musikband gab ihr Bestes, Sänger und Tanzgruppen gaben Vorführungen und ein DJ heizte die Stimmung zusätzlich ein. Kurzum, es wurde zu einer unvergesslichen Nacht!
Eine Reise nach Aserbaidschan lohnt sich, besonders wenn man sie mit einem besonderen Anlaß verbinden kann. Idealerweise sollte man sich eine gute Woche Zeit nehmen, um auch abgelegene Teile des Landes außerhalb Bakus zu erkunden.