ARVEN

Erstellt am 8. November 2010 von Traumperlentaucher

„Wenn du das isst, kann es zu einer Geschmacksexplosion kommen.“ Armin deutete auf die fettigen Ringe in meinem Teller. „Sie sind nicht von hier.“

Hatte ich das wirklich bestellt? Und was zum Teufel war das? Ich schaute mich verwirrt um. Wo waren wir überhaupt?

„Du bist nicht Armin“, sagte ich.

Armins Gesicht zerfloss zu einer karamelartigen Masse. Die Geräusche im Raum erstarben und die anderen Gäste waren nur noch als Schemen im Nebel wahrzunehmen.

„Das kann unmöglich ein Traum sein“, murmelte ich. Ich war vor einer halben Stunde im Sanatorium angekommen um Armin zum Abendessen abzuholen. An das, was danach geschehen war, erinnerte ich mich aber nicht mehr.

Armins Gesicht begann sich neu zu formen. Aber es war nicht mehr Armin, der mich aus klugen, glänzenden Augen ansah. Ich hatte die Frau noch nie in meinem Leben gesehen. Ich saß einer Unbekannten gegenüber.

„Ihnen geht es nicht gut“, sagte die Frau. Ihre Stimme klang wie Schmirgelpapier.

„Wer sind Sie und wo ist Armin?“, entgegnete ich.

„Keine Sorge, er ist bei uns. Mein Name ist Arven.“

Namen waren selten in Träumen. War dies etwa die Wirklichkeit? Eine mögliche Wirklichkeit?

„Und wo sind wir, Arven?“

„Im Sanatorium. Sie hatten einen Schwächeanfall. Wie fühlen Sie sich jetzt?“

Schwächeanfall? Das nahm ich ihr nicht ab. Wir befanden uns irgendwo im Niemandsland zwischen Traum und Wirklichkeit. Stand das Sanatorium nicht auf der Grenze, wie mir der Verfilzte im Vierertraum erklärt hatte?

„Sie sind eine Wächterin, nicht wahr? Eine jener Fremden unter uns, die aufpassen, dass die Wahrheit nicht ans Licht kommt.“

Arven lachte und es klang wie eine Metallsäge. „Nein, ich bin keine Fremde. Ich gehöre zum Personal.“

Der Nebel verschwand und der Raum um mich herum nahm wieder Konturen an. Ich lag auf einem Bett in einer Art Krankenzimmer. Armin stand neben Arven und musterte mich mit ernster Miene.

„Wir haben dich im Korridor aufgelesen“, sagte er. „Bist du krank?“

„Nein, nur etwas müde.“ Ich versuchte zu lächeln. „Es ist alles in Ordnung.“

Dabei war gar nichts in Ordnung. Mir wurde das Sanatorium immer unheimlicher.

Gewisse Orte sind wie Magnete. Man sollte sie jedoch meiden. Euer Traumperlentaucher.