Marco Wilms Dokumentation ART WAR feierte am 12.1.2014 Prämiere an der Volksbühne Berlin.
ART WAR findet seine Berechtigung womöglich nur als gerechtfertigter Ausdruck der Wut und Verwirrung Ägyptens. Der Dokumentarfilm, stellenweise unsachlich und sprunghaft, versucht die Komplexität politischer Prozesse des Landes an der Kunst seiner Subkultur abzuleiten.
Wilms, der seine Protagonisten über zwei Jahre verfolgt, bleibt oberflächlich, denn einer intellektuellen oder politischen Disposition verbunden zu sein, entbindet wiederum nicht von der Verantwortung, eigene Beweggründe oder Gegenteiliges mit größter Genauigkeit herauszustellen: In diesem Sinne könnte man diesen Dokumentarfilm sogar missverständlich nennen; denn was die gerechtfertigte Anteilnahme, die der Regisseur den jungen Künstlern zukommen lässt, auslöst, kommt zu kurz.
Vielmehr noch: Selten befragt er seine Protagonisten. Es hat den Anschein, als wäre Wilms nicht etwa daran gelegen, seine Charaktere abzubilden, sondern vor allem – sie zu inszenieren. Ritornellartig verflechtet der Regisseur Bilder von Künstlern in Pose und Künstlern in Tränen, streut immer wieder Footage gewaltsamer Auseinandersetzung ein und zielt damit zuerst auf die Empörung des Publikums ab, nicht aber auf konkretes Verständnis. Mit einer Kombination aus Sachlichkeit und Sensation, mit der etwa ein Guido Knopp referiert, erliegt ART WAR der Unmöglichkeit, politische Komplexe bloß stichprobenartig darzustellen. So stellt sich in der Reflektion über Gesehenes die Frage, ob ästhetische Verzerrung einer Dokumentation abträglich wird, und ob ART WAR nicht bloß ein Gefühl der Authentizität – oder der Repräsentanz – durch Affekt bildet. Das ist schade, zeigt uns der Film doch für Augenblicke so wichtiges Material! Denn es ist wichtig, dass wieder erinnert wird, wo religiöser Fundamentalismus in Ägypten ansetzt, oder wie weit dessen aktuelle Gesellschaft von einer tatsächlichen Gleichberechtigung aller Teilnehmenden entfernt ist.
Ist es dem Dokumentarfilm geboten ist, historisch aufzuarbeiten – und kommentierter Bericht zu sein – versagt ART WAR. Vielmehr präsentiert sich eine eineinhalbstündige Tour De Force durch die politischen Verwirrungen Ägyptens. Street Art fungiert als Rahmenerzählung, eine gelungene Einbindung scheitert aber an der Unsachlichkeit ihrer Herangehensweise. ART WAR will sehr viel: doch wie sehr sich auch das drastische Material manchmal genügen wurde, ist die simple Darstellung niemals ausreichend.