"Arrival" - Wie verhalten wir uns im Angesicht des Fremden?

IM KINO! ©Sony Pictures


Unheilvoll schwebt es über der Erde, ein schwarz-grauer Vorbote der Zukunft und der Mensch blickt angsterfüllt in den Himmel. „Arrival“ sorgt von Beginn an für sorgenvolles Stirnrunzeln, denn oft genug beschwor Hollywood außerirdische Zerstörungskraft. Regisseur Denis Villeneuve („Sicario“) gibt seinem Science Fiction Film einen vergleichsweise neuen Dreh. Die wahren Absichten hinter dem Auftauchen der Aliens, das Warum, bleibt lange Zeit im Dunkeln. Viel eher entblößt sich der Mensch als der eigentliche Unsicherheitsfaktor, weiß er doch nicht mit der neuen Situation umzugehen.
Geschickt projizieren Villeneuve und Drehbuchautor Eric Heisserer heutige Probleme auf die Prämisse ihres Films. Die Menschheit ist angesichts des Fremden vor ihrer Haustüre aufgeschreckt. Vorurteile aus den Medien, die sich tief in das Gedächtnis gebrannt haben, brechen hervor. Es sind „Monster“, sie wollen „zerstören“ – Angst geht um. Unweigerlich zieht der Zuschauer hier Parallelen zur Flüchtlingsthematik der heutigen Zeit. Aus Angst vor etwas Neuem, wird Fremdenhass geschürt. Kommunikation scheint nicht möglich wodurch die Populisten – ein überaus treffendes Wort – an Einfluss gewinnen.
„Arrival“ hebt das Genre Science Fiction aus der Verankerung namens Bombast und Effektgewitter heraus und tut etwas, was seit Kubricks „2001“ nicht mehr in dem Ausmaß gemacht wurde. Er gibt dem Genre die Intelligenz zurück. Hier sind es nicht die Militärs, die mit Bomben den Aliens Einhalt gebieten, noch ist hier Platz für coole Helden mit ebenso coolen Sprüchen. Amy Adams ("Batman V. Superman") Figur Louise Banks ist es, die mit wissenschaftlicher Neugier und Verständnis das erreicht, was der Weltöffentlichkeit verwehrt bleibt: Fortschritt.

Auf den Spuren eines Meisterwerks

©Sony Pictures


War es in „2001“ noch ein schwarzer Monolith, der den friedfertigen Affenmenschen menschliche Untugenden wie Neid und Missgunst beibrachte (bzw. zum Vorschein brachte), so sind die ebenfalls schwarzen, muschelartigen Raumschiffe aus „Arrival“ des Monolithen positive Umkehr. Oder etwa nicht? Was die Menschheit aus ihren Fähigkeiten macht, ist ihnen überlassen, auch das stellt Villeneuve heraus.
Wie von Villeneuve gewohnt, verdichtet sich die audiovisuelle Gestaltung zu einem Sog, der manche Szenen vor Atmosphäre schier platzen lässt. Wie es der Regisseur schafft ohne eine einzige Actionszene erdrückende Spannung zu erzeugen und die Kamera in ruhigen, fast meditativen Einstellungen durch die Schächte des Raumschiffs gleiten zu lassen, ist gewaltig. Dem fügt sich Johan Johannssons Score, der bedrohlich und fremdartig aus den Boxen schallt, perfekt unter – die Oscarnominierung dürfte sicher sein.
Für das ganz große Meisterwerk reicht es dann aber doch nicht. Ähnlich wie in „Arrival“ hat Villeneuve Probleme seine Charaktere mit Leben zu füllen. Amy Adams darf zwar glänzen, ihre Filmpartner verkommen aber zu reiner Staffage. Besonders Forest Whitaker ("Zulu") darf dermaßen offensichtlich als Erklärdummy herhalten, dass es schon fast komisch ist. Auch Jeremy Renner ("The Avengers")bekommt keine Gelegenheit, zu zeigen, was in ihm steckt. Um wirklich mit „2001 – Odyssee in den Weltraum“ mitzuhalten, fehlt „Arrival“ das letzte bisschen Mut, das Loslassen von aktuellen Sehgewohnheiten und Sorgfalt in Bezug auf die Charaktere.

Fazit

Das macht aber wenig, schließlich ist „Arrival“ eine Wohltat im Angesicht generischer Blockbuster, die ihre Figuren und Geschichten im CGI ertränken wollen. Den Mut, solch einen Film zu produzieren, sollte belohnt werden. Es ist heutzutage sowieso schon schwer, Filme mit mittlerem Budget zu drehen und gewinnbringend in den Kinos starten zu lassen – sorgen wir also dafür, dass „Arrival“ lediglich ein Vorreiter weiterer Vertreter dieser Art sein wird. 

©Sony Pictures

BEWERTUNG: 7,5/10Titel: ArrivalFSK: ab 12 freigegebenLaufzeit: 117 MinutenGenre: Science FictionErscheinungsjahr: 2016Autor: Eric HeissererRegisseur: Denis VilleneuveDarsteller: Amy Adams, Jeremy Renner, Forest Whitaker, Michael Stuhlbarg, Tzi Ma

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