Die ursprüngliche Idee zu diesem Rezept stammt von Joachim Wissler aus dem Restaurant Vendome in Bergisch Gladbach. Dass dieser Name auf meinem kleinen Blog öfter als der anderer Sterne-Köche auftaucht, ist kein Zufall sondern liegt daran, dass wir nur wenige Kilometer von diesem gastronomischen Mekka entfernt wohnen. Deshalb nutzen wir ein bis zwei Mal im Jahr die Chance festzustellen, dass die Küche im Vendome noch mal besser geworden ist obwohl wir beim letzten Besuch absolut sicher waren, dass nun aber bestimmt die Obergrenze des kulinarisch möglichen erreicht sei. Joachim Wissler ist ohne jeden Zweifel ein Ausnahmetalent auf seinem Gebiet, neigt jedoch auf der anderen Seite zu hyper-komplizierten und/ oder -aufwändigen Rezepten, die sich für das Nachkochen zuhause – vorsichtig formuliert – nur sehr eingeschränkt eignen. So wird das Brioche im Original-Vendome-Rezept zunächst in einer Ei-Sahne-Masse bei 90 Grad im Konvektomaten gedämpft. Ziel dabei ist, dem Armen Ritter ein maximal cremiges Innenleben zu verpassen. Das fertige Dessert im Restaurant war denn auch so gut, dass das Rezept ganz oben auf die Nachkoch-Liste rutschte. Und damit nahm das Drama seinen Lauf…
Die ersten drei Versuche scheiterten schon am Thema Brioche bzw. an meiner Faulheit. Denn ich hatte keine Lust, extra für diesen Nachtisch Brioche zu backen, und das Angebot an echtem Brioche ist im Kölner Raum ungefähr so umfänglich wie das an Altbier-Kneipen.
Das Brot jedoch, das der als Bäcker getarnte chemisch-industrielle Komplex als Brioche in abgepacktem Zustand in deutschen Supermärkten verkauft, ist a) vollgestopft mit, die Haltbarkeit ins nahezu Unendliche verlängernden, Chemikalien. Und b) handelt es sich in der Regel nicht um Brioche sondern um ein eher Milchbrötchen-artiges Gebilde, das die Milch-/Sahne-/Ei-Mischung aufsaugt wie ein Schwamm um sich dann mir-nichts-dir-nichts in eine pampige Masse zu verwandeln, die sich jeder weiteren erfolgreichen Weiterverarbeitung hartnäckig verweigert.
Lust, eigene kreative Rezepte zu entwickeln? Kochen ist doch am schönsten, wenn es als Spielfeld dient um Kreativität und Leidenschaft sprudeln zu lassen. Auf cookin‘ findest Du zu jedem Rezept Ideen, was man mit einer oder mehrere der Zutaten noch so alles anstellen kann. Hier findest Du den Food Pairing-Baum für Whiskey. Für mehr Food Pairing-Bäume geht es hier entlang…
Nachdem im Rahmen eines weiteren Besuches im Vendome und einer ausführlichen und überaus freundlichem Problemanalyse der Knackpunkt – das Milchbrötchen-Brioche – identifiziert war, stellte sich Herausforderung Nummer zwei ein. Denn nachdem sich bei uns zuhause noch kein ultra-teurer Kombidämpfer vom Wunschzettel in die Realität materialisiert hat, habe ich versucht, die Brioche in der Ei-Sahne-Masse im Thermomix zu dämpfen. Das Ergebnis sah zunächst nicht so schlecht aus, schien denn aber dann doch nicht ganz wie im Rezept gedacht geraten zu sein. Beim Anbraten lösten sich nämlich größere Volumina der gestockten Ei-Sahne-Mischung aus dem Brioche in die Pfanne und führten dort zu einem eklatanten Gemansche. Wer jemals versucht hat einen Pudding zu braten, wird bestätigen, dass dieser Ansatz nicht ohne Tücken ist.
Nach all diesen Fehlversuchen und einem halben Jahr frustrationsbedingter Pause bin ich das Thema nun erneut angegangen, und zwar nach Wissler-Rezept mit Brioche aber dann klassisch ohne Dämpfen & Co. Und siehe da: die klassische Variante, in der das Brot in einer Mischung aus Milch, Ei und Zucker ganz trivial badet um dann in der Pfanne bei mittlerer Hitze goldbraun zu braten, funktioniert wunderbar, der Unterschied zur aufwändigen Sterne-Variante ist minimal. Was für ein Glück…
Zum Rezept…
Im Original-Rezept kombiniert Wissler den Armen Ritter mit geflämmter Meringue, in der grüner Apfel versteckt ist, und Whisky-Eis. Ich habe mich jahreszeit-bedingt für Zwetschgen-Sorbet entschieden und den Whiskey in eine Creme verpackt. Das Ergebnis ist wirklich erfreulich. Die Creme solo ist ein bißchen heftig, ergänzt aber den röstig-vanilligen Armen Ritter und das frisch-saure Zwetschgen-Sorbet wunderbar.
Armer Ritter
Brioche (nicht!!!! das angepackte Fertig-Brioche aus dem Supermarkt)
2 Eier
100 ml Milch
1 El Zucker
Mark von 1 Vanille-Stange
2 Prisen Salz
Butterschmalz
Eier, Milch, Zucker, Vanille und Salz gut (!) verrühren. Das Ei muss vollständig in die Mischung eingearbeitet sein, ansonsten gibt es beim späteren Anbraten Rührei.
Das Brioche in die gewünschte Form schneiden und ein paar Minütchen von allen Seiten in der Milch-Ei-Mischung baden. Gut abtropfen lassen und bei mittlerer Hitze von allen Seiten in Butterschmalz anbraten.
Zwetschgen-Eis
350 g pürierte und passierte Zwetschgen
150 ml Wasser
0,75 g Guarkernmehl
0,7 g Johannisbrotkernmehl
0,55 g Iota
40 g Glukosesirup
40 g Maltodextrin
40 – 60 g Zucker
1 cl Pflaumengeist
Alle Zutaten außer dem Alkohol gut mischen und ein mal aufkochen. Abkühlen lassen und mindestens 12, besser 24 Stunden im Kühlschrank ruhen lassen. Dann den Alkohol dazu geben und alles zusammen in der Küchenmaschien gefrieren.
Whiskey-Creme
250 ml Milch
250 ml Sahne
120 g Eigelb
80 g Zucker
40 g Sahnepudding-Pulver
2 – 3 EL Whiskey
Geschlagene Sahne nach persönlicher Vorliebe
Milch, Sahne, 40 g Zucker zusammen aufkochen. Den restlichen Zucker mit den Eigelben und dem Puddingpulver schaumig rühren. Zwei bis drei Esslöffel der Milch-Sahnemischung zu den Eigelben geben. Dann die Eigelbe in die Milch-Sahnemischung geben, das Ganze aufkochen und zwei Minuten rühren was die Bizeps hergeben.
Dann mit Frischhaltefolie abdecken – die Frischehaltefolie muss direkt auf der Creme aufliegen damit sich keine Haut bildet – und abkühlen lassen. Kalt stellen. Vor dem Verarbeiten die Creme mit einem Rührbesen glatt rühren und den Whiskey sowie soviel Sahne einarbeiten, bis die Konsistenz passt.
Zwetschgen-Gel
250 g Zwetschgen
200 ml Läuterzucker (200 ml Wasser : 60 g Zucker)
5,6 g Agar Agar
Die Zwetschgen mit dem Läuterzucker 20 Minuten simmern lassen. Dann alles zusammen gut durchmixen und anschließend durch ein feines Sieb passieren. Das Agar einrühren und nochmal aufkochen.
Dann kalt stellen bis die Masse völlig durchgeliert ist.
Mit dem Zauberstab zu einem Gel mixen. Wenn das Gel zu fest ist, kann man die Textur mit etwas Wasser (oder Pflaumensaft) anpassen.
Pflaumenwein-Reduktion
400 ml Pflaumenwein
1 Handvoll Zwetschgen, entsteint
1 Sternanis
Alles zusammen sirup-artig einkochen.
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Applaus ist das Brot des Künstlers!
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