Heute im Zug eine perfekte Mama mit zwei perfekten Kindern – Mädchen und Junge, ganz wie es sich gehört – in Begleitung der perfekten Oma, die noch so jung aussieht, dass man sie auch für die Tante der perfekten Kinder halten könnte. Alle sauber gekleidet, alle ruhig, alles perfekt organisiert, der Kinderwagen auch beim zweiten Kind noch wie neu. Weil es gerade Zeit dafür ist und nicht etwa, weil die Kinder Hunger hätten, gibt’s etwas zu Essen. Für das Mädchen zuerst Apfelschnitze und dann die Süssigkeiten, welche die Oma mitgebracht hat, für den Jungen, der wohl knapp ein Jahr alt ist, einen gesunden Riegel. Der Junge isst, wie es von einem Jungen in diesem Alter zu erwarten ist, ab und zu fällt etwas zu Boden, manchmal schmiert er ein wenig. “Aber Pjotr”, weist die Mutter in zurecht “so musst du jetzt nicht anfangen. Iss gefällligst anständig.”
Wie oft habe ich mich in der Öffentlichkeit doch dafür geschämt, wenn unsere Kinder sich so gar nicht bilderbuchmässig aufführten, wenn wir mal wieder nichts dabei hatten, um schokoladenverschmierte Finger sauber zu machen, wenn die Kleider schon nach einer halben Stunde Zugfahrt nicht mehr sauber waren. Eines aber hat mir nie etwas ausgemacht: Wenn ein Einjähriger sich aufführte wie ein Einjähriger. Und darum tat mir heute der arme Pjotr, der in äusserlich so viel perfekteren Umständen gross wird als unsere Kinder, ganz fürchterlich Leid.