Aus dem Statut des DDR-Opfer-Hilfe e.V.:
Der Verein berät ehemals politisch Verfolgte der SED-Diktatur und deren Angehörige kostenlos bei Fragen zur Aufarbeitung, Rehabilitierung, Entschädigung, SED-Opferrente und anderen Problemen und bahnt Kontakte zu Behörden, Organisationen und Parteien an. Er bietet für SED-Opfer, Opfer des Stalinismus und Sympathisanten, die den Verein fördern möchten, eine Heimat. Der Verein fördert seine Ziele durch Publikationen und Zeitzeugenprojekte, auch an Bildungseinrichtungen. Er wirkt in den politischen Raum bei der Entstehung von Gesetzen zur Hilfe für ehemals politisch Verfolgte und setzt sich dafür ein, durch Bildungsarbeit an Schulen und anderen Einrichtungen die SED-Diktatur aufzuarbeiten.
Nachvollziehbar. Nun scheint es jedoch, der Verein habe alle seine Ziele erreicht. Oder aber es gibt keine Opfer mehr. Im Folgenden deshalb “vermeintlicher Opfer-Verein” genannt. Und weil der vemeintliche Opfer-Verein nix mehr zu tun hat, muss er sich natürlich mit anderen Dingen ins Gerede bringen. Denn hat ein Verein erst einmal nichts mehr zu tun, verschwindet er rasch in der Belanglosigkeit und in den endlosen Regalen vom Vereinsregister.
Meckern und Aufregen ist da schon immer eine gute Masche. Darum hat der vermeintliche Opfer-Verein jetzt ein neues Werbefoto zum 50-jährigen Bestehen des Fernsehballetts als „Geschmacklosigkeit erster Güte“ kritisiert. Auf dem Bild sind die sexy Tänzerinnen mit DDR-Fahnen und Bannern der Freien Deutschen Jugend (FDJ) zu sehen. Das Ballett, das früher zum Mitteldeutschen Rundfunk gehörte, und noch früher 28 Jahre lang das Staatsballett der Deutschen Demokratischen Republik (nicht der ehemaligen DDR) war, „verharmlose damit die SED-Diktatur auf schmerzliche Weise“, teilte der vermeintliche Opfer-Verein am Samstag mittels einer weit verbreiteten Agentur-Meldung mit. „Der Vorgang zeigt, dass Symbole der SED-Diktatur vom Gesetzgeber ebenso verboten werden müssten wie es die der Nazi-Diktatur bereits sind. Wir sind nicht Opfer zweiter Klasse“, sagte ein Sprecher des vermeintlichen Opfer-Vereins.
Aber sehr wahrscheinlich doch ein Verein zweiter Klasse. Ein Verein erster Klasse würde sich um seine Ziele kümmern. Opfer betreuen. Dieser vermeintliche Opfer-Verein hier jedoch betreut lediglich sich selbst. Verkauft sich als “Vertreter der Interessen ehemals politisch Verfolgter und deren Angehöriger. Bietet ihnen sowie Sympathisanten eine Heimat”, heißt es auf der Vereins-Seite. Welche Heimat? Die von damals? Die von heute? Oder eine ganz andere? Das ist hier die Frage. Auf alle Fälle eine Heimat, in der sich sexy Tänzerinnen nicht in bunte Fahnen hüllen dürfen. Arme Opfer. War und ist doch für manchen alten Ossi, ob Opfer oder nicht, der Auftritt des Fernsehballetts die größte Freude im TV. Damals wie heute.