Manche Menschen werden mich vielleicht jetzt fragen, warum ich den ersten Bericht überhaupt geschrieben habe, aber ich kann
nur sagen, dass die Indizien und Vorfälle genau so waren, wie ich sie dargestellt habe. Ich gebe allerdings auch zu, dass das
Ergebnis ermutigender ist, als ich dachte.Zunächst ein Wort an Sie, ja ich meine Sie, verehrter Herr Sachbearbeiter oder Fallmanager, der Sie hinter Ihrem Schreibtisch
sitzen und mit einem Federstrich das Leben von Menschen verändern können. Es gibt Leute Ihres Berufsstandes, die werden
versetzt, weil sie allzu Milde mit den drückebergerischen Arbeitslosen sind. Trotzdem gibt es nach wie vor mutige Menschen
unter Ihnen, die den Ihnen gegebenen Spielraum nutzen, um den Betroffenen von Angesicht zu Angesicht und als Gleicher unter
Gleichen gegenüberzutreten. Bedenklich ist allerdings, dass viele Abläufe auch bei Ihnen so automatisiert sind, dass kaum
Zeit zum individuellen Eingreifen bleibt.
Heute morgen hatten wir zunächst den sogenannten Profiling-Termin bei dem Projekt, in das wir gesteckt worden waren. Dieselbe
Frau, die uns noch vor 2 Wochen mangelnde Arbeitswilligkeit unterstellt hatte, saß uns professionell Freundlich gegenüber.
Eigentlich sieht das Projekt vor, dass man rund 15 Wochenstunden mit Kursen und Einzelgesprächen für ein halbes Jahr dort
verbringt. Für mich würde das eine halbierung bei meiner Arbeit für ohrfunk.de bedeutet haben, und ich war ehrlich entsetzt.
Trotzdem gab es in diesem Angebot Kurse, die ich interessant fand. Allerdings sind sie im ganzen Projekt nicht auf blinde und
sehbehinderte Menschen vorbereitet. Ich schilderte nochmals meine Tätigkeit für Ohrfunk, wie sie auch in einer von meinem
Chef ausgestellten Tätigkeitsbeschreibung aufgelistet und beschrieben wird. Die Dame verwies mich an meinen Fallmanager, und
von da an gingen meine Liebste und ich getrennte Wege was das angeht. Sie meldete sich für Kurse an, die ihr hilfreich sein
können, da sie in ihrer Arbeit für Ohrfunk nach eigenem Bekunden etwas flexibler ist als ich, ich wollte mich mit meinem
Fallmanager beraten und dann entscheiden.
Und das war unser zweites Gespräch heute Nachmittag. Der Fallmanager erwies sich als echte Wohltat, er ist ein kompetenter,
freundlicher und praktisch denkender Mensch, mit dem eine vertrauensvolle Zusammenarbeit möglich ist. Als er zum Beispiel
merkte, dass wir uns über das Wort “Sanktionsanhörung” in seinem Schreiben aufregten, erklärte er uns, dass diese Schreiben
sozusagen automatisch ausgestellt würden. Darum habe er, damit wir uns nicht erschrecken, schnell eine Mail hinterher
geschickt, um uns mitzuteilen, dass wir dieses Schreiben vergessen könnten. Außerdem vereinbarte er mit uns, dass alle
wichtigen Korrespondenzen per E-Mail erfolgen. Der heikelste Punkt war die Eingliederungsvereinbarung, die wir nicht
unterschreiben wollten. Er erklärte, ihm käme es nur darauf an, dass wir guten Willen zeigen und unsere Situation ändern
wollten, das würde er bei uns feststellen, darum würde er auf Sanktionen wegen der Nichtunterzeichnung verzichten, was in
seinem Ermessensspielraum lag. Nachdem ich ihm eine Beschreibung meiner Arbeit für Ohrfunk gegeben hatte, nahm er mich aus
dem oben beschriebenen Projekt heraus, denn er sei kein Freund davon, laufende Projekte zu zerstören, die vielleicht zu einem
Arbeitsplatz führen könnten.
Mit dieser Wendung der Gespräche habe ich tatsächlich nicht gerechnet, und ich bin äußerst erleichtert darüber. Unser
Fallmanager machte schon klar, dass er zu bestimmten Dingen gesetzlich verpflichtet sei, dass er aber dann relativ freie Hand
habe, wenn die Maßnahmen eben nur über seinen Schreibtisch gingen. Es ist eben genau dieser Geist von vertrauensvoller
Zusammenarbeit in schwieriger Rechtslage, den ich mir von mehr Menschen in diesem Dienst wünsche. Und mir bleibt unser
Beispiel vor Augen, dass es trotz eines guten und kompetenten Fallmanagers schnell zu Missverständnissen kommen kann. Da ist
Aufmerksamkeit gefordert.
So werde ich also vorläufig dem Ohrfunk erhalten bleiben und muss keine Kürzung meiner Bezüge unterhalb des Existenzminimums
befürchten.