ArcheAge: Das Sandbox-MMORPG im Test

Erstellt am 24. August 2014 von Michael Fuchs @lpgeilde

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Sarah und David haben sich vergangene Woche die Beta-Keys für die Closed Beta vom 22. – 24. August sichern können. Wie sie das Spiel erlebt haben und welches Fazit daraus gezogen wird, erfahrt ihr jetzt. Aber wir können schon einmal verraten, dass Viele enttäuscht sein werden und wir selber extrem aufgebracht und sauer über manche Dreistigkeiten sind.

Mit vielversprechenden Trailern, großen Ankündigungen und einem Sandbox-MMORPG, welches es zuvor in dieser Art noch nicht gab, macht Trion groß die Runde und verspricht eine neue Art des MMORPG, welches nun auch in der westlichen Welt ganz groß raus kommen soll, nachdem es im Entwicklerland Korea bereits öffentlich spielbar ist. ArcheAge soll sowohl Rollenspiel-Elemente als auch Strategie und Aufbausimulationsbereiche enthalten, die hier ganz neu in einem Fantasy-MMO zu genießen sein sollen – das Ziel: Eine Spieler gesteuerte Wirtschaft, ähnlich EVE Online.

Wir möchten darauf hinweisen, dass wir hier Erfahrungen über eine Closed-Beta veröffentlichen. Die Spielerfahrung kann sich von der im fertigen Spiel unterscheiden.

Vom rein objektiven Aspekt klingt das nach einem neuen Hit der MMORPG`s und dementsprechend schnell riss man sich um die Closed Beta Keys, weil jeder in die Rolle eines “Erschaffers” schlüpfen, mächtige Monster besiegen und gewaltige Städte errichten möchte.

Wir fangen aber ganz von vorne an.

Der Charakter-und Startbildschirm

Menü, Charaktereditor und Fähigkeiten

Ganz klassisch darf man sich zu Beginn seinen ganz persönlichen Helden formen, um ihn der Welt zu präsentieren. Doch zuvor ein paar Worte zum Menü. Wir möchten noch einmal hervorheben, dass wir hier eine BETA testen und Erfahrungen im Vergleich mit dem fertigen Spiel durchaus variieren können. Das Layout ist übersichtlich und man kann sich problemlos durch die einzelnen Punkte im Menü durchklicken, auch wenn das nicht besonders viele sind.

Charakter erstellen, Optionen und Spiel verlassen. Mehr hat man nicht, mehr braucht man nicht. Sicher? Schon zu Anfang wollte ich nach einer Möglichkeit suchen, Fehler oder Probleme im Spiel zu melden. Eine Art Bug-Report, da es ja eigentlich der Sinn einer Closed Beta ist, möglichst viel Feedback zu sammeln und auf Probleme, Fragen und Bugs einzugehen. Auch die Serverbelastung spielt eine große Rolle. Daher hat Trion in dieser Betaphase bewusst so viele Keys um sich geworfen.

Es lässt sich schließen, dass die Server dementsprechend randvoll waren und das Betreten einer der Spielewelten durch die hohen Spielerzahlen teilweise nicht möglich war. Aber: Man kennt das ja. Hier läuft der Latenztest auf Hochtouren; Trion hat wenigstens schon einmal das Konzept der Beta richtig verstanden.

Weiblicher Charakter? Weiblicher Charakter!

Zurück zum Startbildschirm und zum Charaktereditor. Dieser wartet mit einer schlüssigen Gestaltung und umfangreichen Bedienmöglichkeiten auf; hier kann man sich austoben und seine eigene individuelle Spielfigur erstellen – die sich klar erkennbar von anderen Spielern unterscheidet. Oder?…Doch dazu gleich mehr. Man kann zunächst zwischen den Nuian, einer menschenähnlichen Rasse, und den Elfen wählen, welche auf dem Kontinent Nuia beheimatet sind, als sich auch zwischen den Firran und den Harani entscheiden, die auf Haranya zuhause sind.

Im Folgenden kann aus Standardgesichtszügen, sowie einer begrenzten Anzahl von Frisuren gewählt werden; ein einfaches System für Schnelleinsteiger. Oder aber man nimmt sich Zeit, die zahlreichen Feinjustierungen der Physiognomie durchzugehen und zu versuchen, noch individueller auszusehen. An dieser Stelle sei gesagt: So sehr wir beim Test auch versucht haben, ein halbwegs individuelles Gesicht zu kreieren, umso genervter mussten wir feststellen, dass man letztendlich nicht viel anders ausschaut, als die Standardpuppenköpfe im Menü zuvor.

Europäische Gesichtsszüge sind zwar deutlich erkennbar, aber dennoch wirkt alles in irgendeiner Form glatt, abgerundet; gar niedlich und süß. Und damit kommen wir zu einem irritierenden Punkt: Den weiblichen Charakteren. Es ist ja nicht so, dass wir weibliche Reize nicht mögen würden, dies gilt auch für die Autorin dieses Reviews, aber irgendwie war das dann doch ein bisschen zu viel. Denn Körpereinstellungen können im Editor nicht getroffen werden. Und so begrüßen uns wackelnd zwei umfangreiche weibliche Argumente, wenn wir den Charakterbildschirm der weiblichen Figuren öffnen. Dieser Look kann leider weder in seinem Umfang, noch in seiner späteren Erscheinung verändert werden.

Unsere weiblichen Vorzüge in Nahansicht

Denn im späteren Spiel hatten wir große Mühe, mal ein wenig Kleidung für die arme Spielerin zu finden, die sich scheinbar zu jeder möglichen Gelegenheit in einem Minirock präsentieren muss, unter welchen man bewusst an vielen vielen Stellen einen Blick werfen darf, als auch in knappen bauchfreien Oberteilen mit Ausschnitt bis zum Bauchnabel – man erkennt gleich den wirksamen Rüstschutz, oder?

Es scheint oft typisch für diese Art des fernöstlich geprägten MMORPGs: Sex Sells. Und das auch in der Spielwelt. Starten wir einen Dialog mit einer weiblichen Dorfbewohnerin, so hüpfen erst einmal zwei ihrer Körperteile auf und ab, wenn sie im Dialogbildschirm erscheint. Auch die umfangreichen und interessant nutzbaren Emotes wirken bei den weiblichen Spielern gekonnt lächerlich – Individualität ist hier fehl am Platze, zumindest bei den weiblichen Spielern. Es sei denn, sie sind 12 oder heißen Klaus.

Sonst sieht aber alles sehr solide aus, verliert aber dadurch, dass groß mit der Cryengine an Reiz geworben wird – wenn man bedenkt, wie sehr man die Möglichkeiten hätte ausreizen können. Klar sollten die Anforderungen möglichst gering bleiben, damit jeder das Spiel auf dem eigenen Rechner spielen kann, aber dann hätte man nicht mit der Cryengine so hausieren müssen, auch wenn die physischen Effekte durchaus ansehnlich sind. Ich verweise auf die weiblichen Charakere und huste einmal unauffällig.

Nächster Punkt. Die Fähigkeiten und das Skillsystem sind gut durchdacht. Man kann zwischen 3 von 10 Skillsets wählen und dadurch eine größere Auswahl an Oberkategorien und Fähigkeiten erlernen. Kampfeszorn, Zauberei, Bogenschießen, Vitalismus, Okkultismus und Schattenspiel sind die 6 primären Skillsets, während Bardenkunst, Hexerei, Auramantie und Verteidigung die 4 sekundären Skillsets beschreiben. Die Vielfalt ist riesig und durch die einzelnen Sets kann man neue Combos freischalten und passive Boni erhalten.

Berufe spielen natürlich in einem Sandbox-MMO eine große Rolle: sie ermöglichen es euch Gegenstände, Rüstungen und Waffen zu craften und Materialien herzustellen, die für das Bauen von Strukturen und Gebäuden notwendig sind. So kann man 21 Handwerken nachgehen und jedes perfektionieren. Alchemie, Kunsthandwerk, Fischerei, Konstruktion, Bergbau, Lederverarbeitung, Diebstahl, Architektur, Viehzucht, Hölzfällen, Rüstungsschmieden, Steinverarbeitung, Waffenschmieden, Handeln, Kochen, Ackerbau, Kräuterkunde, Schneiderei, Schreibekunst, Tischlerei und Komponieren. Ein riesiger Fundus an Möglichkeiten die das Spiel mit sich bringt.

Abenteuer, Wirtschaft, Spielmechanik – und Wir

Das Spiel kommt hier sehr schnell auf den Punkt und durch anschauliche Zwischensequenzen bekommt man einen guten Eindruck von den Problemen der Spielwelt und durch welche Gründe man sich in seiner jetzigen Rolle befindet. Der Bezug zum eigenen Charakter wird hier rasch aufgebaut. Das Witschaftssystem in ArcheAge ist spielerabängig; heißt: Angebot, Nachfrage und Preisgrenzen legen die Spieler durch ihr eigenes Kauf- und Verkaufverhalten selber fest. Das klingt interessant und simuliert die freie Wirtschaft in MMORPG`s sehr gut.

Die Kämpfe erscheinen anfangs etwas hölzern, da man noch nicht mit interessanten Waffen und Fähigkeiten ausgestattet ist. Dies ändert sich aber sehr schnell und es vermittelt einem den Eindruck, dass man stärker wird und eigene Angriffe an Performance gewinnen und schöner aussehen.

Die Quests sind anfangs sehr einfach gestrikt, und stellen auf diese Weise ein Tutorial dar, durch welches man die Spielwelt und ihre Prinzipien des Questsystems, des Handelns und Erschaffens, als auch der (bald nach Beginn anstehenden) Verwendung von Reittieren, Booten und Gleitern erlernen kann. Leider sind viele Quests sehr banal aufgebaut und schnell gerät man in den “Töte 5 Wölfe” oder “Sammle 5 Baumstämme”-Trott. Dennoch gibt es Quests, die von dieser Eigenschaft abweichen und interessante Möglichkeiten für Materialgewinnung oder Nebenquests ergeben, als auch eine ganz ansehnliche Hauptstory präsentieren, die den Spieler nach und nach in eine für die gesamte Welt wichtige Position rückt, ohne aufdringlich zu sein – jedoch in einem raschen Tempo: Mal ehrlich, so schnell haben wir noch nie vor den Regierungsoberhäuptern gestanden.

Über Bugreports, den Sandkasten und das, was wir tatsächlich bekommen

Im Spiel kann man dann durch den Hilfe-Button auf eine FAQ-Seite gelangen wo man… Fragen stellen kann? Vorgefertigte Antworten schön und gut, aber immer noch kann der Spieler in keinster Art und Weise den Entwicklern ein Feedback zu dem Spiel geben. Kein Bug-Report, nichts. Dabei sind uns einige Fehler und Bugs im Spiel begegnet, die man hätte melden müssen.

Steuermann an Deck – oder so!

Wir erinnern uns noch einmal abschließend an das Prinzip des Spiels. Die Spieler steuern die Wirtschaft, sie gehen verschiedenen Berufen nach, hegen und nutzen den natürlichen Bestand durch Forstarbeit, Fischerei, Tieraufzucht oder auch Bergbau, stellen aus den gewonnen Materialien Boote und Schiffe her, welche für eindrucksvolle Seeschlachten mit gelungener Physic genutzt werden können, erbauen private Häuser und Bauernhöfe auf mäßig frei wählbarem Terrain und arbeiten in Gilden zusammen, um eine funktionierende Marktwirtschaft auf die Beine zu stellen.

Auch gibt es ein Justizsystem, welches es den Spielern selbst ermöglicht, sozial unfletige Mitspieler in ein Echtzeit-Gefängnis zu verfrachten und ihnen dort die Möglichkeit zur Reue – oder aber zum Ausbruch zu geben. Als Geächteter zieht man durch die Lande; hat man sich in gänzlich falschem Licht präsentiert, verliert man sogar die Zugehörigkeit zu der eigenen der zwei Fraktionen und kann nun als Pirat die Meere unsicher machen, andere Spieler überfallen und auf diese Weise seinen Platz in der Welt finden. Hach, wir könnten so lange mit der Aufzählung der neuen, interessanten und schönen Dinge fortfahren…aber:

Das war der Hauptinhalt des Spiels?…Moment, und was ist dann das hier?!

Wer gehofft hat, durch die Beta in die Möglichkeit zu schnüffeln Gebäude zu bauen ohne Geld zu bezahlen, der hat sich mächtig getäuscht. Ab Level 11-12 gibt es auch Quests, in den man endlich zu dem lang ersehnten “Bauen” kommt und mit einem kleinen Feld, mit eigener Vogelscheuche anfangen kann. Allerdings kommt man gar nicht erst dazu, das Feld per Drag-and-Drop irgendwo abzusetzen, denn dann erscheint folgende Nachricht: “Für kostenlose Accounts nicht freigeschaltet”.

Nach kurzem Suchen finden wir also heraus, dass man sich den “Patronen-Rang” durch Geld kaufen muss um mehr vom Spiel zu erfahren. Und das in einer Beta. Ab diesem Moment vergeht einem auch schon die Lust auf das Spiel, denn sind wir ehrlich: Uns ging es nicht wirklich um die ganz nette Story, sondern um das Hauptfeature des Spiels. Es ist, als würde man mit einer Testfahrt in einem neuen Ferrari angelockt werden. Vor Ort bekommt man das Lenkrad des Wagens in die Hand gedrückt und dann wird man gefragt ob man jetzt auch das Fahrzeug fahren will, was aber dann Geld kosten würde. Ein Test.

Ein Test, eine Closed Beta, die dafür “missbraucht” wird, um schon einmal vor Release Geld zu bekommen. Das ist, so finden wir, Pay-to-win auf dreistester Ebene. Nicht einmal das Auktionshaus können wir als Verkäufer ohne Shopbezahlung nutzen. Kein Bug-Report-System, nichts.Natürlich, eine Beta rührt die Werbetrommel, doch eigentlich sollte sie Spieler auch überzeugen, dass Spiel nach Release mit dem Kaufpreis zu erstehen. Doch hier winken eher falsche Versprechungen in die begrenzten Betaplätze, welchen man motiviert bis in den Levelbereich knapp über Stufe 10 folgt. Und wie schon so häufig erwähnt, erfüllt die Beta durch die fehlende Feedbackmöglichkeit, noch nicht einmal ihren eigentlichen Zweck: Die Verbesserung des Spiels.

Fazit – Wir segeln lieber wieder nach Hause

Aufgrund der letzten Punkte hinterlässt das Spiel nicht den Eindruck, den man sich vor den Betazugängen erhofft hat. Man wird vielmehr enttäuscht. Man kündigt einen Titel an, welcher nach Release sogar Free-to-Play sein soll und verspricht Inhalte, die man ohne Geld zu zahlen gar nicht spielen kann. Es erinnert zermürbend an EA und Simcity 4. An Dungeonkeeper auf dem Smartphone.

An dieser Stelle soll erwähnt sein, dass es sogar einen grafisch frei begehbaren Ingame-Shop gibt, der als eigene Insel im Spiel erkundbar ist. Hier kann man für das Spiel nicht relevante Gegenstände für Echtgeld erwerben: Kleidung, Reittiere, Häuser, die Fähigkeit, im Auktionshaus zu verkaufen – Moment? Und hier beginnt es schon. Nur, dass man leider nicht die Fähigkeit erwerben kann, ein miniaturisiertes Feld bestellen zu können. Dafür muss man kräftig in den Geldbeutel langen, um im Gesamten alle Baufeatures – wir räuspern uns – Hauptfeatures freizuschalten.

Wer auf die zuvor beschriebenen Inhalte hofft, sollte Abstand von weiteren Betaphasen, als auch vom kostenlosen Gameplay des MMORPGs nehmen. Wer jedoch zahlen möchte, um den vollen – und seien wir ehrlich, kostenlos erwarteten – Umfang des Spiels genießen zu können, dem sei geraten, noch bis zum Release zu warten, um unnötige Ärgernisse und vorab verschwendetes Geld zu vermeiden – denn wie in den meisten Betas können hier erstellte Charaktere wahrscheinlich nicht übernommen werden.

Wir sind auf jeden Fall froh, unseren Charakter an diesem Sonntag Abend wieder einzustampfen.

David & Sarah