Arbeitslosenstatistikjongleure

Von Nicsbloghaus @_nbh

Auf mei­nen gest­ri­gen Artikel zu den geschön­ten Zahlen der Arbeitslosenstatistik hat Prof. Dr. Uwe Lehnert einen län­ge­ren Kommentar geschrie­ben. Da ich die­sen für viel zu wich­tig halte, als dass er hier unter­geht, stelle ich ihn hier noch ein­mal als eige­nen Artikel ein:

Diese Meldung hat bei mir das berühmte Fass zum Über­lau­fen gebracht. Ich habe mich des­halb etwas sach­kun­dig gemacht und Folgendes her­aus­ge­fun­den. Es sind dies eigent­lich keine unbe­kann­ten Fakten, in der sum­ma­ri­schen Zusammenstellung machen sie aber den unglaub­li­chen staat­li­chen Betrug deut­lich.

Man fällt aus der Arbeitslosenstatistik her­aus, wenn man

  • nicht mehr in der Arbeitsagentur als Arbeitsloser geführt wird, son­dern von einem pri­va­ten Arbeitsvermittler betreut wird;
  •  als Arbeitsloser über 58 Jahre alt ist und über ein Jahr lang kein Jobangebot bekom­men hat, man wird dann in der Arbeitslosenstatistik nicht mehr geführt, weil angeb­lich nicht mehr ver­mitt­lungs­fä­hig;
  • als Arbeitsloser krank­ge­schrie­ben ist, auch wenn für kurze Zeit, man wird dann in die­ser Zeit in der Globalstatistik nicht als Arbeitssuchender geführt;
  • an einer Weiterbildungsmaßnahme teil­nimmt, um seine Jobchancen zu ver­bes­sern, man wird wäh­rend die­ser Zeit nicht als Arbeitsloser gezählt;
  • an „arbeits­po­li­ti­schen Maßnahmen“ teil­nimmt (wozu z.B. auch die Betreuung durch einen pri­va­ten Arbeitsvermittler zählt!);
  • 1-Euro-Jobs erle­digt; mehr als 15 Stunden pro Woche arbei­tet (aber eigent­lich eine deut­lich ertrag­rei­chere Arbeit sucht).

Die Anzahl der auf diese Weise „her­aus­ge­rech­ne­ten“ Arbeitslosen geht in die Millionen. Weitere Rechentricks und Möglichkeiten, die tat­säch­li­che Zahl der Arbeitssuchenden zu sen­ken, d.h. zu ver­fäl­schen, sind (waren)

  • die sog. Vorruhestandsregelung;
  • Manipulationen im Rahmen der Kurzarbeitsmaßnahmen;
  • sog. berufs­bil­dende Maßnahmen für Jugendliche;
  • frei­wil­lige soziale Jahre (die teil­weise des­we­gen geleis­tet wer­den, weil keine andere Arbeitsmöglichkeit gege­ben ist);
  • das große Heer der „Aufstocker“, die zusätz­lich staat­li­che Leistungen erhal­ten, weil der eigene Verdienst zum Leben nicht aus­reicht;

hinzu kommt eine geschätzte Zahl von ca. 1 Million arbeits­lo­ser Menschen, die sich erst gar nicht beim Arbeitsamt mel­den, aus wel­chen Gründen auch immer.

Wie in einem Fernsehbericht vor­ge­führt wurde – Quelle siehe unten 2. Link! – wer­den offen­bar die Zahlen in den Ämtern der Arbeitsagenturen durch das Rechnerprogramm ohne Zutun des ein­zel­nen betreu­en­den Mitarbeiters künst­lich her­un­ter­ge­rech­net. So wird an einem Agenturplatz gezeigt, dass z.B. ca. 1200 Klienten der Agentur Leistungen bezie­hen, dass aber nach außen nur die Hälfte, also nur etwa 600 als sta­tis­tisch arbeits­los gemel­det wer­den.
Nach Schätzung einer Mitarbeiterin einer Arbeitsagentur beliefe sich die tat­säch­li­che Anzahl der Arbeitssuchenden nicht auf etwa 4,5 Millionen son­dern tat­säch­lich auf etwa 9 Millionen Menschen. Diese Zahl wurde sei­ner­zeit auch von ande­ren Fachleuten als tat­säch­li­che Anzahl Arbeitsloser ver­mu­tet. Bei einer heute offi­zi­ell ange­ge­be­nen Arbeitslosenquote von 6,6% gleich 2,8 Millionen hieße das tat­säch­lich wohl etwa 13% bzw. 5,6 Millionen.

Die große Zahl der Arbeitssuchenden hat gewiss Gründe, die nicht allein einer Bundesregierung anzu­las­ten sind. Warum fühlt sich also eine Regierung ver­an­lasst, das Volk so zu täu­schen? Aus der jüngs­ten Vergangenheit fällt mir dazu als Parallele nur die dreiste Verlogenheit der DDR-Politiker und -Propagandisten ein. Lügen, um Erfolg vor­zu­wei­sen, um wie­derum gewählt zu wer­den?

Siehe nach­fol­gend die Wiedergabe von zwei Fernsehberichten (ARD, SAT1), einen Spiegel-Online-Artikel und einen älte­ren Beitrag aus der Zeitung Wirtschaftswoche:

http://www.hus-neumuenster.com/?p=363
http://www.youtube.com/watch?v=73KFuw5h2no
http://www.spiegel.de/karriere/berufsleben/0,1518,773641,00.html
http://www.netzwerk-regenbogen.de/sozarb070625.html