Bei "thinkabout" habe ich einen Gedankengang gelesen, den ich gerne weitergeben möchte. Damit beende ich endlich die "Sommerpause" und verspreche, hier wieder mehr zu bloggen ...
“das ist ein Gestopfter / das ist nur ein Arbeiter / das ist ein Ausländer / das ist ein Arbeitsloser / der hat es geschafft” etc. - von diesen Denkmechanismen ist "thinkabout" längst losgekommen - wobei das Internet das nach seiner Meinung erleichtert. Er sieht es nicht unbedingt als sein Verdienst an - er hat auch Glück gehabt im Leben.
Jetzt aber hat Thinkabout seine Lehrmeisterin gefunden: Eine Freundin hat in einem Brief über den neuen Job geschrieben, den sie endlich gefunden hat. Sie verpackt Schokolade - am Fließband! Thinkabout wörtlich:
"Ganz ehrlich, liebe Leser:
Wenn Sie das nächste Mal eine Schokolade aus der Verpackung rupfen, nervös und gedankenverloren, mit den Gedanken ganz woanders, während sie in die Herrlichkeit beißen, ohne wirklich zu genießen, dann sollten Sie sich was schämen. Sie glauben gar nicht, wie viel Achtsamkeit man darauf verwenden kann, dafür zu sorgen, dass diese Schokolade ordentlich, nein, perfekt verpackt in die Regale kommt. Sie haben keine Ahnung davon, wie hart so ein Tag in der Verpackung sein kann und wären vielleicht, wie ich, schon nach einem Tag reif für eine Woche Ferien. Und diese Frau, die längst eine Freundin ist, macht mir eine ganze Menge vor. Kein anderer Mensch hat in den letzten Jahren meine eigene Unzufriedenheit so ad absurdum geführt wie sie. Worüber ich mich aufregen kann und was mir an meinem Alltag alles leid tun kann – es ist einfach unglaublich. Würde ich nur einen Tag so konzentriert, demütig und freudig aufmerksam an meinen Dingen hocken, wie diese Freundin am Fließband steht, so hätten meine Mitarbeiter selbst sehr viel mehr Spaß an ihrer Arbeit, weil ich damit sogar noch ansteckend wäre."
Ich zitiere Thinkabout noch einmal, weil ich seine Gedankengänge wirklich bedenkenswert finde:
"Da sitze ich also nun in Verhältnissen, für die ich nur einfach dankbar sein kann, und blicke mich um, höre zu, und lese. Und, liebe Leser, WAS ich lese, höre und sehe und erlebe, lässt mich immer wieder staunen. Nein, es macht mich still und demütig, und manchmal ist das, was mich packt, mit dem Wort Ehrfurcht durchaus zutreffend zu beschreiben. Ich meine damit Menschen, die für ein paar Brötchen jeden schmerzenden Knochen vergessen, die auch nach einer harten Schichtwoche nicht klagen. Ich denke an eine Frau, die nach einem weiten Anfahrtsweg Freunden an einem Gartenfest hilft und dann mitten in der Nacht einsam wieder zürück fährt. Ich denke an einen Mann, der, nach dem Flug über große Teiche mit fast einem halben Tag Zeitunterschied aus dem Flugzeug steigt und gerade mal ein paar Stunden später auf einer Leiter fünf Meter über dem Boden Sonnenblenden ausklinkt, weil die Freunde diese endlich los werden möchten und selbst nie dazu kommen, diese zusätzliche Arbeit zu machen. Später ist er am Fensterputzen – die Koffer stehen noch immer unausgepackt 'zu Hause'. Und wenn er dann Kaffee trinkt, lacht er und sieht aus, als wäre er schon immer da gewesen und hätte nie was anderes gewollt, als arbeiten."
Lesen Sie hier den ganzen Artikel des Bloggerkollegen:http://thinkabout.ch/article/gestatten-meine-lehrmeisterin-und-andere-arbeiter
Man könnte durchaus darüber streiten, ob die hier als Beispiele genannten Arbeiten wirklich alle ganz im Sinne der "Neuen Arbeit" nach Frithjof Bergmann sind. Aber - ganz davon abgesehen, dass es mir in diesem Blog nicht um irgendwelche Ideologien geht - ist ja hier der Blickwinkel vom einzelnen Menschen aus genommen, von seiner Einstellung. Was für eine Arbeit der einzelne Mensch "wirklich, wirklich will", kann man selbstverständlich nur der Entscheidung des Einzelnen überlassen - ob eine Arbeit menschenwürdig ist (welchen Wert sie für den Ausübenden hat) ist auch eine Frage der freien Entscheidung des einzelnen Menschen, der diese Arbeit verrichtet (verrichten soll).
Über Dankbarkeit habe ich in diesem Blog auch schon einmal nachgedacht: siehe die erste Testfrage in einem früheren "Editorial".
Nachtrag: Ich muss mich entschuldigen. Entgegen meinen sonstigen Gewohnheiten - und ich darf behaupten, dass ich das sonst sehr genau nehme - habe ich den Bildautor nicht genannt. Das Bild heißt "Virtuelle Schokolade" und stammt von Wolfgang Pfensig / pixelio.de Pardon, Wolfgang, ein Versehen!