Wie Google und Microsoft nutzt Apple ein (legales) Steuerschlupfloch. Dazu reicht es,
a) die Europazentrale in Irland zu haben und
b) eine Holdingartige Konstruktion in den Niederlanden plus
c) Niederlassung in einem Steuerparadies auf den Bahamas, den Bermudas oder den Niederländischen Antillen zu haben.
Dann kann man die Gewinne aus Europa nahezu steuerfrei abziehen, vor allem, weil die irische Zentrale die Produkte in Europa nur dank eines Lizenzvertrags mit der Mutter aus den USA verkaufen kann. Die Lizenzgebühr ist dann ziemlich exakt so hoch wie der Gewinn und daher entsteht kaum Gewinn in Europa.
Der Lizenzgeber ist nicht direkt die Mutter in den USA, sondern eine Gesellschaft, die in einem der Steuerparadiese (siehe c) sitzt. Diese Gesellschaft erhält das Geld aus den Lizenzzahlungen und damit de fakto den Gewinn aus dem Europageschäft.
Diesen Deal machen Google und Microsoft genauso, allerdings bin ich zwischenzeitlich davon ausgegangen, dass Apple das wegen der wesentlich größeren Anteils an Hardware nicht im gleichen Maße nutzen kann wie die beiden eher Software getriebenen Konkurrenten.
Nun gut, geirrt. Ihr könnt weiterhin davon ausgehen, dass ich extrem überrascht bin, dass die EU in ihrer Existenz bedrohenden Krise nicht einmal in der Lage ist, dieses Steuerschlupfloch zu stopfen. Spätestens zum Zeitpunkt als Irland unter den Eurorettungsschirm schlüpfen musste, hätte ich mit einem Ende dieser Steuersparmodelle gerechnet.
Aber nein, 2% Steuern für multinationale Konzerne, die in den USA natürlich 30% und mehr Steuern zahlen, scheinen den europäischen Politikern genug zu sein.
Apple paid less than 2% tax on overseas profit last year | Technology | guardian.co.uk (via Instapaper)
Hier noch meine älteren Postings zum Thema:
Googles Steuerquote (ex-USA): 2,4% - egghat’s not so micro blog
Die wunderbare Welt der Wirtschaft!: Auch Microsoft zahlt (fast) keine Steuern …
Darin wurde von mir vermutet, dass Apple keinen so niedrigen Steuersatz hat, wobei ich aber auf die falschen Zahlen (nämlich die weltweiten) geschaut habe:
Apple fällt übrigens etwas aus dem Rahmen. Im letzten Bombenquartal (siehe Apple mit Monsterquartal, Aktie sprint über 400$ - egghat’s not so micro blog) wurden auf 9,5 Mrd. Dollar Rohgewinn 2,243 Mrd. Dollar Steuern bezahlt. Das macht eine Steuerquote von 23,5%, in den ersten drei Quartalen lag sie bei 24%.
Interessant, dass Apple solche Steuersparmodelle nicht nutzt. Vielleicht kann Apple diese Modelle auch nicht nutzen kann, weil sie für “harte” Ware nicht anwendbar sind, sondern nur für weiche oder virtuelle wie Softwarelizenzen (Microsoft) und Werbeplätze (Google). Weiss das zufällig jemand genauer?
Na gut, etwas später wurde mir klar, dass ich mir geirrt hatte:
Die wunderbare Welt der Wirtschaft!: Neues Produkt von Apple: iSave
Steuersatz damals für die Europazentrale in Dublin: 0,9%.
Zusätzlicher Witz an der Sache: Die Gewinne, die in den Steueroasen lagern, können die US-Konzerne NICHT in die USA holen, ohne dafür dann Steuern zahlen zu müssen. Natürlich in den USA, denn in Europa wurde ja bereits legal und vollständig versteuert. Das ist natürlich total pervers, denn die gesparten Steuerzahlungen in Europa würden dann komplett in die US-Staatskasse laufen.
Was übrigens aktuell nicht passiert. Die Konzerne lassen das Geld nämlich einfach in den Steueroasen liegen und legen es dort an. Die hohen Bargeldbestände sind also nicht nur dem Mangel an Investmentmöglichkeiten geschuldet, sondern auch der Tatsache, dass die Konzerne Steuerzahlungen vermeiden möchten.
Die US-Konzerne mögen diese Situation natürlich gar nicht. Also die Steuerquote in Europa schon ;-) Daher laufen aktuell ziemlich heftige Lobbying-Anstrengungen, um den US-Konzernen zu ermöglichen, die in den Steueroasen gehorteten Auslandsgewinne steuervergünstigt in die USA zurückzuholen. Sei es nur temporär mit einem Nullsteuersatz oder langfristig mit einem vergünstigten Steuersatz (es wurde ja bereits versteuert … Und x von viel ist mehr als y von garnix).
Ich befürchte, dass die USA diesem Drängen nachgeben (wie weit auch immer), aber viel wichtiger, dass Europa zu blöde ist, das Steuerschlupfloch zu schließen.
Update (23:04):
Kommt da etwa Bewegung in diese Geschichte?
G20-Gipfel: Deutschland und Großbritannien starten Initiative gegen Steuerwettbewerb - Politik - FAZ
Update 2 (07.11.12):
Interessant, dass der Trick auch in “herkömmlichen” Branche durchaus üblich ist, auch wenn das nicht ganz so extrem gezogen wird wie bei Apple, Microsoft, Google und Co.
Starbucks hat außerhalb der USA auch nur eine Steuerquote von 13%. In Großbritannien wurden bisher nur 8,6 Millionen Pfund Steuern gezahlt. Seit der Gründung der ersten Filiale 1998, also in fast 15 Jahren. Bei über 3 Milliarden Umsatz. OK, das geht zum Teil sicherlich auf Anfangsverluste zurück, aber eben auch auf den Steuerspartrick mit den hohen Lizenzgebühren.
Reuters hat versucht zu errechnen, was das bedeutet: Ohne Lizenzgebühren hätten die Starbucks Niederlassungen in Deutschland und Frankreich 10 Millionen Euro verdient und etwa 3,5 Millionen Steuern zahlen müssen. Da aber Lizenzzahlungen fließen (im Fall von Starbucks übrigens an die Europaholding in den Niederlanden), geht der Gewinn in Deutschland und Frankreich gegen Null.
In den Niederlanden fallen dann interessanterweise auch nur 2 Millionen Gewinn an, wahrscheinlich weil die Europa-Holding ihrerseits wahrscheinlich wieder Lizenzgebühren in die USA (oder eine Steueroase) abführen muss. Diese 2 Millionen “Rest-Gewinn” werden dann versteuert und führen zu knapp 900.000 Euro Steuerzahlung an die Niederlande.
Andere US-Unternehmen machen das genauso oder ähnlich. Allerdings wohl nicht so extrem wie die oben genannten.
Quelle: http://egghat.tumblr.com/post/35046529353/apple-zahlt-in-europa-weniger-als-2-prozent-steuern