Ich habe keine Ahnung, ob es euch gibt, italienische Anarchisten, die ihr eine Bombe ins Vorzimmer Ackermanns gesandt habt oder eben nicht. Aber falls ja, dann unterlasst diesen Unsinn! Hört auf damit, Leuten vom Typus Ackermanns Sprengsätze zu schicken!
Sicher, es ist auch ein Verbrechen. Und auch der ackermannsche Typus ist Leben, das leben will, inmitten von Leben, das leben will, um es mit Albert Schweitzer zu sagen. Das berücksichtige ich auch. Aber es ist nicht nur das kalkulierte Mitfühlen von Mensch zu Mensch, das mich euch bitten läßt, diesen Unsinn zu unterlassen. Dieser Typus hat ja durchaus keine Zuckertorten verdient, ganz eurer Meinung. Er soll belangt werden für seine Gier und seinen Größenwahn. Juristisch aber. Ich will kein Mitleid bekommen müssen, wenn eine Kamera durch das zerbombte Büro eines solchen Egomanen getragen wird, überall Blut, Körperfetzen und zertrümmertes Mobiliar auf Steuerzahlerkosten - bitte verschont mich. Ich will solches Leid nicht sehen...
Und bewahrt mich davor, Partei für den ackermannschen Typus ergreifen zu müssen, weil ich seine Ermordung als Mensch nicht dulden will. Ich weiß nicht, ob ihr Anarchos als Meldung Substanz habt oder Phantasmagorie einer gelangweilten Presse seid. Vielleicht beides. Zweifel jedoch gibt es. Schützt mich aber davor, dass ich plötzlich auf einer Linie mit den Freunden, Mitstreitern und Schranzen der Ackermänner marschieren muß. Ich möchte nicht pietätvoll von dieser Bande sprechen müssen, nur weil ihr euch nicht im Griff habt. Ich will nicht vor jeden Satz eine entschuldigende Floskel bauen müssen, dass das nicht richtig gewesen sei, ein Verbrechen, eine Schweinerei und dergleichen mehr.
Schützt mich ebenfalls davor, nach drei Tagen die Nase so dermaßen voll vom Trauerkultus der Presse zu haben, dass ich mich im Ton vergreife und die Überbleibsel des zerbombten Ackermann-Typus beleidige und verspotte und auch noch die ganzen Trauerwütigen, die Blumen niederlegen und ihr tiefestes, ihr allertiefestes Mitleid ausheucheln. Beleidigen als Gegengewicht zur Heiligsprechung gewissermaßen, die Wirtschaft und Politik und bürgerliche Dummköpfe betreiben würden.
Haltet mir das Szenario fern, wonach selbst linke Organisationen und Parteien uneingeschränkt solidarisch werden, nachdem der Sprengsatz detonierte. Kopfnicken der Linken auch dann, wenn neue Terrorpakete besprochen werden - nationale Einigkeit, weil einige Anarchisten, die es gibt oder nicht, einen wie Ackermann aus dem Anzug holten. Jetzt müssen alle zusammenstehen... nationale Krise... keine Parteien mehr... die political correctness, das Schwungrad kollektiver Dummheit und dummer Kollektive.
Wie soll ich mich denn dann rechtfertigen? Schon mal daran gedacht? Die Ackermänner erweitern ihre Profite - mit Gewalt wenn notwendig. Mit Gewalt gegen griechische Demonstranten, gegen afghanische Zivilisten und nigerianischen Aktivisten. Sie bezahlen die Bomben, die auf solche geworfen werden sollen - sie werfen sie nicht selbst. Was ist so viel besser an denen, die Bomben in Büros und Banken schicken, um die Welt von denen zu reinigen, die Bomben auf Marktplätze und Wohnviertel schicken? Anarchismus heißt doch auch, so habe ich es jedenfalls mal gelernt, nicht jedes Mittel zum Zweck zu machen, sondern sie den Zwecken anzupassen. Frieden durch friedliche Mittel - der Krieg bringt keinen Frieden. Denn das wäre die verquere Logik der Falken, die heute den Mittleren Osten mit genau jener Parole "befrieden".
Ich möchte keine Solidarisierung mit Christen und Sozis, mit Grünen und Liberalen, mit Wirtschaftsverbänden und Sicherheitsfanatikern, mit bürgerlichen Mittlern und mittleren Bürgern, weil sie alle schrecklich empört sind, aufgrund eurer Bombe - bewahrt mich davor und lasst es bleiben!