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Es gibt schon berufsrechtliche Entscheidungen, die überraschen mich dann doch sehr: in einem Scheidungsverfahren, in dem die Unterhaltsfragen höchst streitig waren, wurde der Mann durch einen Rechtsanwalt vertreten, der in nichtehelicher Lebensgemeinschaft mit der Rechtsanwältin der Frau zusammenlebte. Als der Mandant von dieser Verbindung durch Aufklärung des Anwalts erfuhr, nahm er dies zum Anlass einer berufsrechtliche Überprüfung bei der Rechtsanwaltskammer Celle.
Nicht nur für den Mann überraschend hält die Rechtsanwaltskammer Celle dies für berufsrechtlich nicht beanstandenswert.
- Der Anwalt sei rechtlich noch nicht einmal zur Aufklärung diese intimen Beziehung mit der Anwältin der Gegenseite verpflichtet.
- §43a II BRAO iVm. §2 BORA verpflichte den Anwalt gegenüber jedermann zur Verschwiegenheit, also auch gegenüber Familienangehörigen, und eine generalisierte Missbrauchsvermutung gebe es nicht. Wörtlich: „Private Affinitäten zwischen Rechtsanwalt und Mandant bzw. unter Kollegen sind keine Bindungen, die die berufliche Unabhängigkeit des Rechtsanwalts im Sinne des §43a I BRAO iVm. §1 BORA in Frage stellen.
Merke: Wenn in einer Kanzlei mit 100 Rechtsanwälten der eine Anwalt den einen und der andere Anwalt den anderen Mandanten vertritt, dann mögen sich die Anwälte noch nie im Leben begegnet sein, und trotzdem führt dies zu einem Vertretungsverbot; gehe der/die Anwalt/in aber abends mit der/dem Vertreter der Gegenseite ins Bett (und dies nicht nur einmal), dann ist das völlig unproblematisch.
Nun ja, wenn das dann mal die Lebenswirklichkeit und die Wahrnehmung der Bürger so richtig wiedergibt…