Klartext zu aktuellen Gerüchten, Teil 2
Florentino Pérez hat Mourinho nicht verpflichtet, um Barcelona zu schlagen. Nicht deswegen! Er hat diesen Trainer geholt, um Konkurrenzfähigkeit zu beweisen, um nicht von Real Irún und Alcorcón aus dem spanischen Pokal geworfen zu werden, um nicht Jahre hintereinander im Achtelfinale der Champions auszuscheiden, um in der Liga Tabellenführer zu sein mit fünf Punkten Vorsprung vor der Mannschaft, die für das Non-Plus-Ultra des Fußballs gehalten wird.
Niemand hat bisher die Formel gefunden, Barcelona zu schlagen: Nicht Ferguson, nicht Guus Hiddink, nicht Wenger, nicht Ancelotti, nicht Mancini … in dreieinhalb Jahren Guardiola haben es genau drei Mannschaften geschafft, Barcelona außerhalb der Liga zu besiegen: Einmal Sevilla in der Copa del Rey, mit der heiligen Jungfrau auf dem Rasen zur Unterstützung – und zweimal Mourinho. Einmal mit Inter in der Champions und vergangenes Jahr mit Real Madrid in der Copa del Rey.
Es ist nicht wahr, dass Mourinho geholt wurde, um Barcelona zu schlagen. Auch wenn man das dem Publikum seitens der Presse gerne so verkaufen möchte. Und weil die Dinge eben so sind wie beschrieben, gibt es nicht den kleinsten Riss in der Führungsetage des Bernabéu. Florentino Pérez hat sein Schicksal eng verknüpft mit Mourinho, steht heute ebenso komplett hinter dem Portugiesen wie am Tag nach dem Gewinn der Copa del Rey. Niemand soll glauben, man könne Mourinho „aus dem Bernabéu schreiben“ wie das bei Pellegrini zum Beispiel perfekt funktionierte. Es ist schlicht nicht möglich!
Jetzt zur anderen Seite der Medaille:
Es ist geradezu niedlich, durch deutschsprachige Fußballforen zu streifen und dem Treiben zuzuschauen. Die Inbrunst der Mourinho-Vergötterung ist total. Das mediale Bild des Drachentöters und Robin Hood des Fußballs hat in Deutschland offensichtlich ganze Arbeit geleistet: Wer den Portugiesen, dieses unbestechliche Genie, in Frage stellt, wird zum Todfeind „unseres Vereins“ erklärt – wie deutsche Vorstadtkinder grimmig versichern, von denen die meisten das Bernabéu gerade noch von Fotos kennen. Das über Jahre mediengerecht aufbereitete Image des „Special One“ hat die Fan-Herzchen der mitteleuropäischen Madrid-Pinguine derartig gefangen genommen, dass sie Gift und Galle spucken, wann immer jemand daran zu kratzen wagt.
Nur das Bernabéu definiert den Verein Real Madrid – sonst nichts und niemand.
So mediengesteuert sie selbst sind, so mutig sind sie gleichzeitig, sich als Scharfrichter über die Madrider Presse aufzuschwingen und über alle, die ihr Glauben schenken. Da wird dem Madrider Publikum erklärt, wen man auspfeiffen darf und wen nicht, wem man zu applaudieren habe und wie der Verein gefälligst auszusehen hat. Warum sollten deutsche Fusball-Fans anders sein als deutsche Touristen, die im Spanien-Urlaub auch genau wissen und jedem ungefragt erklären, wie man zu leben hat?
Tatsache ist: Real Madrid wird eben nicht durch spanische Real-Madrid-Fussballforen definiert – nicht einmal durch wirklich gute wie realmadridfans.org – und natürlich schon sowieso nicht durch irgendwelche deutschsprachigen Stammtische digitaler Art zwischen Schweinshaxe und Schneetreiben. Real Madrid wurde seit immer und wird immer nur ausschlieβlich durch das Bernabéu definiert. Die Führungsetage trifft Entscheidungen und das Stadion-Publikum bewertet sie. Das war der Maβstab, das ist der einzige Maβstab und es wird der Maβstab bleiben.
Mourinho hat sich schon oft geirrt, seitdem er in Spaniens Hauptstadt trainiert.
Das lernt ein Mourinho gerade, der diese Dynamik, wie so vieles, was Real Madrid seit über 100 Jahren ausmacht, bisher nicht ansatzweise begriffen hat. Muss er nicht, glaubt er, weil er ja „kein Madridista sondern ein Professioneller im Fussball-Geschäft“ sei. Nun, er irrt sich gewaltig! In diesem Punkt liegt er vollkommen schief. Er glaubt, er kann Real Madrid als „Söldner“ verändern, von auβen, als betriebswirtschaftlicher Berater quasi ohne innere Verbindung zum Verein – das ist ein folgenschwerer Irrtum, dem die Analyse-Pinguine in den Foren grösstenteils auch auf den Leim gehen.
Nur das Bernabéu entscheidet und sonst niemand! Diejenigen, die Jahre auf ihren Socio-Ausweis gewartet haben. Diejenigen, die Woche für Woche und oft seit Jahrzehnten auf ihrem Stadion-Platz zu finden sind bei jedem Wetter, Diejenigen, die die erheblichen Eintrittspreise zahlen an jedem Spieltag, ob Liga, Copa oder Champions. Manche wohnen in Madrid, andere fahren hunderte Kilometer zu jeder Partie oder fliegen von den Kanarischen Inseln in die Hauptstadt, um die Mannschaft zu unterstützen. Diejenigen, die zu Hause mit dem Hintern auf dem warmen Bürosessel hocken und Buchstaben tippen, sollen besser nicht glauben, dass sie irgendetwas bewirken können – das gilt für Spanien ebenso wie für jedes andere Land.
Mourinho ist deutlich angeschossen. Nie hätte er geglaubt, dass auch er, der Star-Trainer-mundial, Pfiffe im heimischen Stadion würde ertragen müssen. Um das vor sich selbst und anderen nicht zugeben zu müssen, sucht er jetzt den Nebenkriegsschauplatz. Der „Maulwurf“ müsse gefunden werden, betont er intern immer wieder – derjenige, der die Information über die Gespräche auf dem Trainingsplatz an MARCA weitergegeben hat. Dabei hat er Iker Casillas im Verdacht – und irrt sich schon wieder, denn der Kapitän war´s nicht.
Mourinho hat sich schon oft geirrt, seitdem er in Madrid ist. Damals, als er Málaga und Pellegrini verunglimpfte. Als er mit seinem Finger im falschen Auge stocherte. Als er dem Opfer der Attacke einen „lustigen“ Namen geben musste. Als er beklagte, dass alle gegen Barcelona mit Ersatz spielen und den Kampf verloren geben – bevor er selbst die Stammspieler in der Liga schonte. Als er beklagte, Barcelona würden ständig Vorteile eingeräumt und dann keine Beweise liefern konnte. Als er Pepes unfaire Handlungen mit denen anderer aufrechnen wollte. Und immer dann, wenn er andere niedermacht und das damit rechtfertigt, dass er „kein Heuchler“ sei.
„Punto Pelota“ meldet den Abgang von Mourinho und schafft es mit dieser „Ente“ erstmals, in Spanien wirklich wahrgenommen zu werden.
Der Egomane hat geglaubt, mit seiner persönlichen Brachialschiene Real Madrid verändern zu können. Zuletzt mit einer Aufstellung im Hinspiel der Copa, die die Spieler mit einem „y ahora a rezar“ (und jetzt beten) quittierten, was Mourinho ihnen bis heute übel nimmt. Spanien ist Spanien – in diesem Land gibt es einen bestimmten Kodex, den man kennt oder nicht. Mourinho kennt ihn nicht und schert sich auch nicht drum. Deswegen hat er jetzt Pfiffe im Bernabéu eingesteckt und wäre gut beraten, sie einzustecken wie ein Mann und die „beleidigte Leberwurst“ für bessere Gelegenheiten aufzuheben.
Ob José Mourinho deswegen am 30. Juni den Verein verlässt, wie „Punto Pelota“ versichert, um endlich das eigene Medium aus dem dunklen Keller heraus ans Licht führen zu können? Nein! Das ist zum heutigen Tage nicht seine Absicht. Der Trainer weiß die Direktion hinter sich und wird seinen Vertrag erfüllen, zumindest ist das sein Plan. Nicht nur, weil er Madrid nicht ohne Liga- und Champions-Titel verlassen will. Es geht durchaus auch um Geld. Wenn Mourinho seinen Vertrag vor 2014 zerreißt, zahlt er mehr als 15 Millionen Euro in die Vereinskasse, das ist sogar für den Großverdiener sehr viel Geld.
José Mourinho ist ein Fußball-Trainer. So wie jeder andere Fußballtrainer hängt er von Resultaten ab – und nur von Resultaten am Ende. Gewinnt die Mannschaft (nicht er!) Liga- und/oder Champions, haben wir eine bestimmte Situation am 30. Juni. Erreicht man keinen Titel, ergibt sich eine ganz andere. Danach und nur danach wird sich die Trainersituation im Sommer entscheiden. Nichts anderes zählt.
Seit 1902 gab es viele Mannschaften, viele Trainer – Mourinho ist nur einer davon.
Real Madrid ist Real Madrid! Mourinho ist einer in einer langen Reihe von Trainern. Das genau ist die Relation in dieser Sache. Mourinho sollte seine Arbeit zu Ende führen – wenn die Resultate ihn lassen und wenn er das Bernabéu auf seiner Seite behält. Wenn eins von beidem nicht mehr gegeben ist, fällt er automatisch – was immer auch alle Foren und Blogs dazu meinen. Die Resultate werden sein, wie sie am Ende sind. Eins ist aber sicher: Mourinho wäre gut beraten, einen Teil seiner Söldnerpersönlichkeit schleunigst in Madridista zu verwandeln, denn wenn er weiterhin nicht versteht und auch nicht verstehen will, was hier in der spanischen Hauptstadt überhaupt gespielt wird, ist nicht er es, der am Ende den Vertrag zerreißt.