Das Wunder von Coldwater
Mitch Albom
Goldmann, 2014
978-3442313808
17,99 €
Was, wenn das Ende gar nicht das Ende ist?
Es ist ein Abend im Herbst, als bei Tess Rafferty in der kleinen Stadt Coldwater am Lake Michigan das Telefon klingelt. Am anderen Ende der Leitung hört Tess die Stimme ihrer Mutter – und lässt vor Schreck den Hörer fallen. Ihre Mutter ist seit vier Jahren tot … Und Tess bleibt nicht die einzige; auch andere Bewohner erhalten Anrufe von Verstorbenen. Schnell ist die Rede von einem Wunder, und Coldwater rückt in den Fokus der Medien. Immer mehr Menschen glauben an die Anrufe aus dem Himmel. Nur einer nicht: der Pilot Sully Harding ist entschlossen zu beweisen, dass alles ein riesiger Schwindel ist. Aber ist es das? Oder existiert das Wunder von Coldwater wirklich?
Zuerst lernt der Leser viele verschiedene Frauen und Männer kennen. Das Dorf ist nicht gerade klein und jeder taucht irgendwann mal in dieser Geschichte auf.
Erst einmal ist es Tess, die einen Anruf bekommt und danach alles stehen und liegen lässt. Eigentlich ist sie Erzieherin und leitet einen Kindergarten, aber arbeiten wird nach einem Anruf aus dem Himmel eindeutig überbewertet. Sie ist eigentlich ganz nett, aber so richtige Gefühle will ich zu ihr und auch den anderen nicht aufbauen. Mehr dazu später.
Sully wird etwas später eine sehr große Rolle im Geschehen einnehmen. Dies hat zum einen mit seiner Vergangenheit und zum anderen mit seinen Schuldgefühlen zu tun. Er ist etwas greifbarer als all die anderen Charaktere. Vielleicht ist das so, weil er nicht an Übersinnliches glaubt und ich ihn damit etwas besser verstehe.
Alle anderen Charaktere sind wirklich bis ins kleinste Detail beschreiben, vor allem diejenigen, die Anrufe bekommen. Das Personengefüge bekommt eine eigene Dynamik, die durch Eifersucht, Lügen und Nettigkeiten geprägt wird.
Coldwater ist ein kleines Städtchen mitten in der Pampa. Dort leben Menschen, wie du und ich. Es gibt Geheimnisse, Streitereien und Todesfälle. Jeder hat dort sein Päckchen zu tragen. Trotzdem gibt es viel Sonnenschein in Coldwater und jeder, der schon einmal in so einem Dort war, kann sich die Bevölkerung gut vorstellen.
Menschen leben und Menschen sterben. Aber was passiert, wenn Menschen, die gestorben sind, ihre Hinterbliebenen anrufen? Dieses Szenario entwirft Mitch Album in diesem Roman. Völlig willkürlich ausgewählte Personen erhalten Anrufe von Menschen, die ihnen einmal wichtig waren. Eine Tochter erhält einen Anruf von ihrer Mutter. Ein Unternehmer von seinem ehemaligen Mitarbeiter. Eine Schwester von ihrer Schwester.
Die Frage ist aber, warum erhält ein kleiner Junge keinen Anruf von seiner Mutter? Wie werden die Menschen ausgewählt und KANN man daran glauben? Ich weiß von mir selbst, dass ich nicht glauben würde. Aber so ist es Messerschneide, die Albom nach Coldwater verlegt. Glauben oder nicht? Recherchieren oder nicht? Denn natürlich kommen die Fernsehteams, die Gläubigen, die Sekten und viele Menschen mehr.
Aus einer kleinen Stadt wird eine Sensation und niemand kann sich dagegen wehren. Ich persönlich mag die Bücher des Autors eigentlich sehr. Er versucht immer Botschaften an seine Leser weiterzugeben. Kein erhobener Zeigefinger, immer etwas zum Nachdenken. Aber mit diesem Thema hat er es meiner Ansicht nach zu weit getrieben. Vielleicht wollte er genau dies zeigen, dass so etwas nicht geht, sich daraus Dinge entwickeln, die nicht gut sein können.
Davon abgesehen, hat mir sein Aufbau nicht gefallen. Viele Protagonisten – mit keinem konnte ich richtig warm werden. Es fehlte Nähe und das bei einem so sensiblen Thema. Vielleicht wäre es besser gewesen nur weniger Menschen in den Fokus zu setzen.
Und so stelle ich fest, dass ich das Buch nicht berührt hat. Mitch Album kann immer noch Geschichten erzählen, aber diese hier hinterlässt keinen bleibenden Eindruck.
Das Cover lädt dazu ein nach Coldwater zu kommen. Es ist freundlich und fröhlich – Frühlingshaft.
Dieser Roman von Mitch Album konnte mich nicht begeistern. Die Idee etwas zeitloses zu entwerfen und den Menschen mit seiner größten Angst: Dem Tod zu konfrontieren, ist nett, aber mehr nicht.