Am Dienstag war es endlich soweit. Nachdem Ubisoft und Blue Byte Anno 1800 im April 2017 auf der Gamescom vorstellten, hatte es inklusive einer obligatorischen Release-Verschiebung noch bis in den April 2019 gedauert, bis das Spiel nun endlich an Spieler weltweit ausgeliefert wird. Bereits in der letzten Woche hatten Anno-Fans und Aufbauspielbegeisterte die Möglichkeit sich „last minute" das Spiel am 12. April bei der ROG 2019, der Republic of Gamers Convention im Duisburger Landschaftspark Nord anzusehen und es selbst auszuprobieren.
Das größte ROG Fan-Event, ausgerichtet von Hardware-Hersteller Asus, drehte sich allerdings nicht nur um Anno, sondern auch um diverse andere neue Spiele, darunter die bislang unveröffentlichten Titel Star Citizen und Sekiro. Neben der Anspielmöglichkeit und verschiedenen Workshops, bei denen man direkt mit den Entwicklern in Kontakt kommen konnte, waren zudem verschiedene bekannte Gesichter aus der Szene vor Ort, darunter Der Bauer, Felix von der Laden und Commander Krieger.
Eine offene Entwicklung
In diesem Artikel wollen wir uns aber insbesondere mit Anno 1800 und den vielen Neuerungen beschäftigen, die die Entwickler aus Mainz dem Spiel in dieser Ausgabe mitgegeben haben. Im Vorfeld nach der Ankündigung 2017, hatten Ubisoft und Blue Byte bereits die sogenannte Anno Union ausgerufen, eine Möglichkeit für Gamer und Fans, selbst Teil des Entwicklungsprozesses zu werden und aktiv bei der Spielkonzeption zu helfen. Dieser Einbezug der Spieler zog sich nun auch in die Endphase der Entwicklung hindurch, sodass jeder interessierte Spieler mit entsprechender Hardware, das Spiel in einer offenen Beta-Version herunterladen und zwischen dem 12. und 14. April 2019 zu Hause antesten konnte. Insbesondere aufgrund der Hardware-hungrigen Spielanforderungen lohnte es sich da durchaus, auf das Angebot der ROG 2019 zurückzugreifen, bei der brandaktuelle Hardware mit neuesten Mainboards und Grafikkarten zur Verfügung stand.
Next Level Anno
Anno 1800 bringt allerdings auch eine Tonne neuer Features mit sich. Kein Anno zuvor war so komplex und gleichzeitig so umfangreich. Dadurch, dass das Setting dieses Mal das komplette 19. Jahrhundert ist (Funfact: Einige Items stammen streng genommen sogar schon aus dem beginnenden 20. Jahrhundert, aber Ubisoft und Blue Byte fokussieren sich hier mehr auf den Spielspaß), kann der Spieler gleich zwei industrielle Revolutionen miterleben sowie mitgestalten.
Nicht nur das Aufkommen von Fabrikarbeit, sondern auch die Anfangszeit der Elektrizität lässt sich verfolgen. Das ganze 19. Jahrhundert war eine goldene Ära, mit einer besonderen Bedeutung des Automobils, der Glühlampe und auch der Casinokultur, die in dieser Zeit besonders populär wurde. Ein Siegeszug, der noch heute anhält, jedoch in stetigem Wandel ist. Gerade die umfangreich überarbeitete Spielmechanik, erlaubt es dem Spieler in Anno 1800 nun aktiver denn je in das Spielgeschehen einzugreifen und die Leben der Inselbewohner massiv zu beeinflussen.
Dies zeigt sich insbesondere in dem virtuellen Zusammenleben auf den Inseln. War es zu früheren Anno-Zeiten noch möglich, ganze Inseln kollektiv bis zur höchsten gesellschaftlichen Stufe aufzuwerten, wurde dies bereits mit Anno 1404 begraben. Damals wurde für ein heterogeneres und realistischeres Stadtbild ein System eingeführt, das verhinderte, dass Anwohner aufstiegen, wenn zu wenige Personen einer niedrigeren Stufe auf der Insel wohnten. Diesmal gingen die Entwickler noch einen Schritt weiter und führten eine Unterscheidung nach Arbeitskraft ein.
Die berufliche Qualifikation
Wie im realen Leben kann man nun nicht mehr den Bauer in einer Fabrik anstellen oder den Patrizier in einer Fischerhütte (Funfact: Die traditionelle Fischerhütte sollte für Anno 1800 ursprünglich weichen, wurde dann aber aufgrund von Protesten der Anno Union wieder eingeführt). Stattdessen können in bestimmten Betrieben auch nur Vertreter spezieller Gesellschaftsschichten arbeiten. Dies führt insbesondere dazu, dass das altbekannte System kleiner, externer Produktionsinseln nicht mehr funktioniert. Jede Insel benötigt nun eine eigene, qualifizierte Bevölkerung. Dies sorgt nicht nur dafür, dass die Städte noch realistischer aussehen, sondern auch für eine völlig neue Ebene der Stadtplanung.
Durch den Fokus auf die industrielle Revolution kommt zudem ein weiteres Werkzeug hinzu, welches die Interaktion des Spielers mit den virtuellen Untertanen auf eine komplett neue Ebene hebt. So ist es nun möglich, die Produktion in den Fabriken individuell anzupassen, zu reduzieren oder die Arbeiter Überstunden schieben zu lassen. Auf diese Weise wird ihre Zufriedenheit beeinflusst, es werden Streiks riskiert und es kann aufgrund von Unaufmerksamkeit durch Überarbeitung zu Unfällen, bis hin zur Explosion von Fabrikanlagen kommen. Streiks entwickeln sich in Anno 1800 sowieso zu einem ganz eigenen Spielcharakter, denn werden sie nicht mit der notwendigen Behutsamkeit behandelt, so können ganze Produktionsketten zum langfristigen Erliegen kommen.
Die alte und die neue Welt
In mittlerweile für Anno bekannter Manier gibt es auch wieder die Möglichkeit, eine fremde Kultur zu entdecken. Diesmal geht es übers Meer bis nach Südamerika in die neue Welt, in der spezielle Rohstoffe und Waren erwirtschaftet werden können. Dank eines neuartigen technischen Verfahrens schaffen es die Entwickler, beide Welten parallel laufen zu lassen, inklusive dem direkten Wechsel ohne Ladezeiten. So kann es jederzeit passieren, dass während man in Südamerika einen neuen Produktionszweig erschließt, in der Heimat der Krieg ausbricht. Ein Benachrichtigungssystem leistet hier Abhilfe, dennoch ist der beliebte Beschleunigungsmodus nun riskanter denn je.
Fazit
Anno 1800 verspricht soviel Spielspaß wie noch kein Anno-Teil zuvor und liefert dabei mit einem nie dagewesenen Detailreichtum, einer anspruchsvollen Spielmechanik und einer starken Spiel-KI definitiv ab. Bereits auf der ROG Convention am 12. April in Duisburg konnten alle interessierten Fans sich ein eigenes Bild von der fast finalen Version machen. Jetzt, nachdem das Spiel final veröffentlicht ist, heißt es für sie, Leinen los und Anker lichten in ein neues Kapitel der Anno Reihe.