Anne Will und die Zweiklassenmedizin

Es ging gestern bei Anne Will mal wieder um Gesundheit, deren -zigste Reform sowie um die krassen Unterschiede zwischen privater und gesetzlicher Versicherung, die, da waren sie die Talkgäste leicht widerstrebend einig, keinem Patienten (und dessen Ärzten) in der Praxis entgehen können. So weit, so schlecht. Die Politiker (CDU und SPD) zofften sich und warfen sich gegenseitig Versäumnisse vor, Chefredakteure (Wirtschaftswoche und taz) schlugen in alle sich anbietende Kerben, und der Lobbyist der privaten Krankenversicherer lächelte milde dazu. Übrigens war weder unser Gesundheitsminister noch ein Abgesandter seines Amtes oder auch nur seiner Partei, der FDP, anwesend. Vielleicht war das auch gut so.

Argumente  zu Vergangenem und Künftigem flogen munter hin und her, alle stachen mehr oder weniger gut. Eines aber ärgerte mich bei zunehmender Sendelänge bis zur Weißglut: Es ging eigentlich nur um´s Geld. Wer mehr als eine Basisversorgung wolle, so der Tenor, solle auch bitteschön die Scheine dafür auf den Tisch legen! Für des Deutschen (und vermutlich nicht nur dessen) liebstes Spielzeug, das Auto, ginge das ja wohl auch, wie ein Einspieler „bewies“. An diesem Punkt hätte ich kotzen können, diesmal ganz ohne Chemo.

Schön, dass die Anwesenden in der Runde so gesund sind, dass sich ihnen nur der finanzielle Aspekt als Hindernis zeigt. Schön, dass sie offenbar noch nie versucht haben (und versuchen mussten), eine private Zusatzversicherung – egal für welchen utopischen Beitrag! – abzuschließen. Schön, dass ihnen erspart blieb, sich als indiskutables Risiko abwerten lassen zu müssen. Schön, dass sie nie von ihrem Arzt zu hören bekamen, dass dies und das an Untersuchungen oder Therapien nicht im Leistungskatalog der GKV steht – wobei er mich, die Patientin offiziell darauf gar nicht hinweisen und mir auch keine Selbstzahlung anbieten darf!

Ich bezahle nicht mal eben einfach so aus der Portokasse, denn ich bin nicht etwa wohlhabend (zumindest jetzt, nach jahrelanger Krankheit nicht mehr). Aber ich bezahle noch immer gern für Dinge, die mich überzeugen, die mir nützen und helfen. Aber was, wenn man mich nicht lässt? Zweiklassenmedizin? Wer fragt denn bitte heute, im September 2010, ernsthaft, ob es die bald geben könnte? Es gibt sie.


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