An und für sich werden den Bürgern seit Jahren die Verwerfungen des eiskalten, den Menschen verachtenden Neoliberalismus vorgeführt, wenn es um Rente und Bevölkerungsentwicklung geht.
Die ARD-Verdummungssendungen präsentieren dann normalerweise ein paar neoliberale Politiker, die mit Halbwahrheiten, Weglassungen und furchteinflößenden Zahlen den desinformierten Bürger davon überzeugen, dass die Politik alles veranlasst was möglich ist. Wie häufig, werden dann Rentner gegen Arbeitnehmer, Jung gegen Alt ausgespielt, nur um die Reichen und Superreichen in der Gesellschaft zu schonen. Geradezu krampfhaft wird bei solchen Diskussionen vermieden, dass die volkswirtschaftlichen Zusammenhänge für die Altersarmut und andere soziale Verwerfungen aufgezeigt werden.
Die “Stückwerk-Diskussion” wird durch die plakative Diskussionsführung und das platte Gegeneinanderstellen von Argumenten bzw. politischen Absichten ermöglicht. Dabei wird weitgehend vermieden, schlüssig ermittelte Fakten und Tatsachen aus Sicht der Betroffenen aufzuzeigen.
Erstaunlich war nur, dass der Wirtschaftswissenschaftler Prof. Heinz-Josef Bontrup eingeladen wurde, der sich angesichts der zuweilen primitiv vorgetragenen Argumente lautstark zu Wort meldete, weil die Zuschauer mit “absoluten Zahlen” bezogen auf Rentenlasten verängstigt werden sollten, ohne gleichzeitig die Entwicklung des Bruttoinlandsproduktes darzustellen. Anne Will war dann aber sehr bemüht, dem Wirtschaftswissenschaftler ins Wort zu fallen und die Teilnahme an der weiteren Diskussion einzuschränken.
Auffallend ist, dass zu solchen Diskussionen auffällig oft FDP-Vertreter eingeladen werden, obwohl die FDP nach dem Willen der Wähler nicht mehr im Bundestag vertreten ist. Mit einem Augenzwinkern begrüßte Anne Will den Parteivorsitzenden der FDP, Christian Lindner, der dem Mann mit der “spätrömischen Dekadenz”, Guido Westerwelle nachfolgte und der sogleich auf drohende Verteilungskonflikte hinwies.
Der “Interims-FDP-Vorsitzende” Rösler, den Lindner abgelöst hatte, wurde nicht genannt! Er hat der FDP den Rücken gekehrt. Neuen Parteien, wie beispielsweise der AFD, wird keine Chance der Vorstellung ihrer Auffassungen gewährt, auch weil die Eliten in der Gesellschaft die FDP “rehabilitieren” wollen. Mit einem Anflug von Zynismus wies Lindner Prof. Lauterbach (SPD) auf den wenig verlässlichen Koalitionspartner CDU/CSU hin, weil die UNION zuvor in ähnlicher Weise gegenüber der FDP wort- und vertragsbrüchig wurde. Die zweimalige Wiederholung darf als Angebot gewertet werden, dass sich die FDP zukünftig weitere Koalitionsoptionen offen halten will.
Das dürfte dem Vorsitzenden des Parlamentskreises Mittelstand, Christian von Stetten (CDU), nicht geschmeckt haben. Er stellt den “Generationenvertrag” über den “Koalitionsvertrag” und zeigte sich wenig “vertrags- und koalitionstreu”. Keine gute Basis für eine konstruktive Zusammenarbeit, die der Bürger an und für sich erwartet.
Von Stetten meldete erhebliche Bedenken an, dass die Rente mit 63 zu einer ungewollten “Frühverrentung” führt, weil die Arbeitgeber ihre älteren Mitarbeiter bereits mit 61 Jahren in die Arbeitslosigkeit schicken, damit sie anschließend die Rente mit 63 beantragen können.
Dass Prof. Lauterbach (SPD) sogleich zusagte, dass die Koalition gemeinsam nach Möglichkeiten sucht, sowohl bei den Arbeitgebern, als auch bei den Arbeitnehmern möglichen Missbrauch zu verhindern, führte bei von Stetten (CDU) zu wenig “Zuversicht”; die dann aufkommende Kritik an der Erweiterung der Mütterrente, die zu weitaus höheren Ausgaben führen wird als die Rente mit 63, prallte geradezu an ihm ab.
Elisabeth Niejahr, Korrespondentin der Zeit, wies auf die Notwendigkeit hin, ältere Mitarbeiter länger zu beschäftigen als bisher, weil die Jungen fehlen! Deshalb lehnte sie die Rente mit 63 ab. Das Argument überzeugt allerdings nicht, weil die Unternehmen geradezu gezielt seit vielen Jahren ältere Arbeitnehmer aus den Unternehmen gedrängt hatten, um billigere jüngere Arbeitnehmer anzuwerben. Die fehlende “Qualität” in den Unternehmen ist geradezu auf diese absurde Personalpolitik zurückzuführen. Außerdem gilt ganz allgemein, dass gesundheitlich angeschlagene und ausgelaugte ältere Mitarbeiter angesichts solch einer jahrelang praktizierten Unternehmenspolitik kaum Interesse daran haben, über das Alter 63 hinaus weiter beschäftigt zu werden. Ganz allgemein muss konstatiert werden, dass die Identifikation mit Unternehmen angesichts der “neoliberalen Unternehmenspolitik”, wie sie insbesondere die FDP propagiert, extrem rückläufig ist. Wer es sich finanziell leisten kann, der wird nicht eine Stunde länger in solchen “exzellent” geführten Unternehmen zubringen wollen; der wird vielmehr auf einen Lebensabschnitt setzen, der ihn nicht weiter einer “charakterlosen und auch ökonomisch fragwürdigen Personalpolitik” aussetzt, die letztlich KRANK macht.
Erfrischend waren die Diskussionsbeiträge von Prof. Heinz-Josef Bontrup. Selbst Anne Will konnte die Wahrheit nicht unterdrücken, dass die “leeren Rentenkassen” und die vermeintlichen Probleme bei der Finanzierung der Renten angesichts des demografischen Wandels in Wirklichkeit ein reines Verteilungsproblem darstellen. Prof. Bontrup formuliert treffend:
Damit wurde von den Neoliberalen geschickt von der wahren Krisenursache abgelenkt, die im seit Mitte der 1970er Jahre umverteilenden neoliberalen Klassenprojekt zu finden ist, das an seine eigenen Ausbeutungsgrenzen gestoßen ist.(Aus dem Buch Arbeit, Kapital und Staat, Vorwort zur 4. Auflage)
Zutreffender kann es kaum formuliert werden: Der Staat ist angesichts der neoliberalen Rentenpolitik, die zu einer Umverteilung der Vermögen und Einkommen von unten nach oben beigetragen hat, an seine Ausbeutungsgrenzen gestoßen!
Dass diese Ausbeutungspolitik zu einer nachlassenden Leistungsfähigkeit führen muss, wird erst in einigen Jahren sichtbar, wenn die noch vorhandenen Arbeitnehmer, die sich jahrzehntelang mit ihrem Unternehmen identifizieren konnten, nicht mehr vorhanden sind.
Es gilt volkswirtschaftlich ganz allgemein, dass “Wachstum von Reichtum”, das das BIP-Wachstum übersteigt, stets symmetrisch Armut auf der anderen Seite erzeugt! Es ist der “Verteilungskampf” zwischen Arbeit und Kapital, der bei einseitiger Begünstigung des Kapitals (Steuerpolitik, Lohn- und Gehaltspolitik, prekäre Arbeitsverhältnisse) letztlich zu den Finanzierungsproblemen bei den Renten bzw. der Altersarmut bis hin zur Auflösung der Demokratie führt.
Aber die neoliberalen ARD-Mainstream-Medien lassen es nicht zu, die Verteilungsgerechtigkeit auch mit Blick auf eine ethisch fundierte Wirtschaftsverfassung zu diskutieren; es bleibt bei täuschenden Stückwerk-Themen.