06. November: Kathmandu
Bis zur Abreise steht und dieser Tag zur freien Verfügung. Je nach Abflugzeit haben wir noch die Möglichkeit, an folgenden fakultativen Besichtigungen mit Reiseleitung teilzunehmen: Wir fahren zur Königsstadt Patan, die als Wiege der Kunst und Zentrum der Newar-Architektur gilt. Die wichtigsten Bauten gruppieren sich um den Mangal Durbar, den Mittelpunkt der Stadt, dessen Herzstück der prächtige Königspalast ist. Wir schauen uns die Pagoden, die von Statuen gekrönten Säulen, die Fassade des Königspalastes und die Innenhöfe an. In den verwinkelten Gassen entdecken wir weitere Tempel und Klosterhöfe, wie den Mahabaudha („Tempel der 1000 Buddhas“) und die hinduistische, fünfgeschossige Kumbeshvar-Pagode. Danach können wir zur fakultativen Besichtigung nach Bhaktapur fahren. Als kultureller Höhepunkt erwartet uns diese Königsstadt, die schönste Stadt des Landes, deren Aufbau die Deutsche Regierung maßgeblich unterstützte. Einzigartig ist ihr gut erhaltenes mittelalterliches Stadtbild. Auf dem Durbar Square bewundern wir die Hindu-Tempel mit bemalten Holzschnitzereien und steinernen Schutztieren und das vergoldete Eingangsportal in den Königspalast. Wir kommen zum Platz mit der höchsten Pagode Nepals, dem fünfgeschossigen Nyatapola. Vorbei am Töpferviertel gelangen wir in den Ostteil der Stadt zum Dattatreya-Platz. Hier bestaunen wir die Häuserzeilen mit kunstvoll geschnitzten Fensterrahmen; in den restaurierten Priesterhäusern sind ein Bronze- und Holzschnitz-Museum sowie Werkstätten untergebracht.
Der vorletzte Tag in Kathmandu. Anfang November und ich sitze „oben ohne“ am Pool. Bei strahlendem Sonnenschein und wie all die Tage blankgeputztem Himmel. Ich möchte gar nicht daran denken, welche Wetter mich am Sonntagmorgen in Karlsruhe erwartet.
Zuerst heisst es aber heute nochmals „Kultur pur“. Narayan bringt uns im kleinen Hauser-Bus erst einmal zum Pashupati, einem der heiligsten Heiligtümer der Hindus. Mitten im Zentrum von Kathmandu gelegen und natürlich ein „Muss“ für jeden Touristen.
Das Pashupati ist Heiligtum und Verbrennungsstätte zugleich. Neben unzähligen Tempeln in den verschiedensten Grössen reihen sich entlang dem Fluss auch mehrere Verbrennungsplätze. Flussaufwärts die prachtvoll verzierten, die ursprünglich nur für den König und seine Familie bestimmt waren, heute aber für alle offen steht, die sich die „Nutzungsgebühr“ leisten können. Flussabwärts die einfachen für das Volk.
Für mich ist es eine sehr befremdliche Erfahrung als Tourist durch die Verbrennungszeremonien zu laufen und ja, auch Fotos zu machen. Laut Narayan ist das aber vollkommen in Ordnung und überhaupt kein Problem.
Die Leichen werden, meist in grell-orange Tücher eingewickelt, auf dicken Holzbalken aufgebahrt, mit Stroh und Reisig bedeckt und dann vom ältesten Sohn der Familie angezündet. Nach ca. 3-6 Stunden werden dann die Reste komplett in den Fluss geworfen.
Ich beobachte Kinder, die die dicken Balken, die meist nur angekohlt sind, sofort aus dem Wasser fischen, trocknen und als Brennholz weiterverkaufen. Und damit wahrscheinlich einen wesentlichen Teil dazu beitragen, dass die ganze Familie genug zu essen hat. Wieder einmal einer dieser Gegensätze, mit denen sich Nepal mit all die Tage gezeigt hat.
Dem ältesten Sohn der Familie fallen noch weitere Pflichten zu, denn er ist es, der 13 Tage lang trauert.. Kahl rasiert und mit täglichen Ritualen beschäftigt.
Überall sitzen „holly men“. Meist wirklich originell gekleidet oder nur mit einem Tuch umwickelt und mit Asche oder Kreide bemalt. Laut Narayan sind die wirklich heiligen Männer in den Tempel. Verborgen von touristischen Blicken.
Ich verzichte darauf, sie für ihre „Show“ zu bezahlen, halte sie aber aus der Distanz doch auf dem einen oder anderen Bild fest.
Als Land der Hindus und Buddhisten überrascht es mich nicht, dass wir nach dem Pashupati gleich weiterfahren zum nächsten Heiligtum. Dieses Mal zum Boudhanath, der zweitgrössten Stupa der Welt.
Eingerahmt von typisch tibetischen Häuserzeilen ragt sich weiss und erhaben in den blauen Himmel. Über und über behängt mit Gebetsfahnen versteht sich.
Noch heute kommen jährlich viele tausend Tibeter nach Nepal. Vielen wollen weiter nach Indien, viele lassen sich aber auch in Nepal und Kathmandu nieder. Vorausgesetzt, sie werden nicht wieder von der nepalesischen Regierung ausgewiesen. Was laut Narayan durchaus der Normalfall zu sein scheint
Zusammen mit Ellen kaufe ich mir in einem der vielen Läden eine wunderschöne, grosse Klangschale. Und ich freue mich schon darauf, diese das erste Mal in meinem eigenen „Praxis-Zimmer“ anzuschlagen.
Auf dem Weg ins Hotel finden wir 2 rotgeblümte Aluminium-Thermoskannen, die ich an all den vielen Abenden in den Lodges so zu schätzen gelernt habe. Ob Souvenir oder schon Weihnachtsgeschenk, das wird sich noch zeigen.
Am Nachmittag lege ich mich wieder an den Pool. Und fast kommt es mir vor, als ob ich mich in Spanien oder der Türkei befinde. Die Deutschen oder Engländer, die grundsätzlich all freien Liegen mit dem viel zitierten weissen Badelaken reservieren, sind auf jeden Fall auch schon da, so dass ich mit einem Platz auf der Wiese vorlieb nehmen muss.
Ich merke langsam, dass ich mich auf Zuhause freue. Mein „Eindrücke“-Speicher ist voll bis oben hin und schreit förmlich nach einer Verdauungspause. Ich freue mich schon auf das Schnitzel am Sonntag, zusammen mit Susanne, Thomas, Ben und Leo.
Und am Horizont zeigt sich so langsam der „Alltag“ wieder. Noch ein wenig scheu nach all der Zeit, aber ich bin mir sicher, dass wir Zwei auch wieder viel Spass zusammen haben werde.
Zum grossen Abschiedsessen treffen wir uns alle in einem vornehmen, typisch nepalesischen Restaurant. Doch anders als erwartet sitzen wir nicht auf dem Boden sondern ganz europäisch „zu Tisch“. Das ist nicht die einzige Enttäuschung, denn sowohl das Dhalt Bat als auch die musikalischen Darbietungen fühlen sich doch sehr nach „Fliessband“ an. Immerhin kriege ich noch mein Foto mit dem Yeti, der allerdings viel Ähnlichkeit mit dem Schafskostüm von Ben hat.
Den Abend lasse ich dann aber zusammen mit Ellen und Wolfgang richtig gut ausklingen. In der „Funky Buddha Lounge“ ist Clubbing angesagt und wie bei uns wir viel getanzt, gelacht, geflirtet und getrunken.
Die „Kids“ sind allesamt richtig stylisch angezogen, mehr westlich als asiatisch und mit Sicherheit alle aus den wohlhabenderen Schichten von Kathmandu. Welch ein Gegensatz zu den Bildern am Morgen im Pashupati oder Boudhanath!