Annapurna Round 2010 – Teil 19

05. November: Pokhara – Kathmandu
Frühmorgens fliegen wir zurück nach Kathmandu. Wir beziehen die Zimmer in unserem Hotel und nehmen das vor dem Trekking deponierte Gepäck in Empfang.
Nachmittags haben wir die Möglichkeit (fakultativ) die historische Altstadt von Kathmandu zu besuchen. Rund um den Königspalast Hanuman Dhoka sind Dutzende von Hindu-Tempeln zu sehen; harmonisch wirken das warme Rostrot der Ziegel und die reich mit Schnitzarbeiten verzierten Balken aus braunschwarzem Salbaumholz. Vorbei am größten und ältesten Tempel der Stadt, der Taleju-Pagode, können wir durch belebte Bazarstraßen nach Norden ins Einkaufszentrum Thamel bummeln.

Obwohl uns Narayan heute erst um 9.00 Uhr zum Frühstück einbestellt hat, bin ich schon kurz nach halb Sieben wach. Wohl die Macht der Gewohnheit denke ich, und nutze die Zeit, indem ich mich den letzten 50 Seiten von „Der Schatten des Windes“ widme.

Am Ende doch sehr berührend muss ich sagen, auch wenn ich mit dem ersten Drittel des Buches nicht allzu viel anfangen konnte. Die grosse, die eine, die wahre Liebe. Was wäre die Literatur, die Musik, die Kunst ohne sie?

Nach dem Frühstück schenke ich Narayan das Buch. Er hatte mir während einem unserer abendlichen Gespräche erzählt, dass er gerne mehr deutsche Bücher lesen würde, aber in Kathmandu nur sehr schwer neuen Lesestoff findet. Zwar ist das nun keine „deutsche“ Literatur sondern „spanische“, aber immerhin „auf Deutsch“. Er freut sich sehr und fällt mir förmlich um den Hals.

Am Hoteltor steht der obligatorische Pförtner. Dieses Mal aber mit wirklich hinreissender Uniform. Da kann ich mich nicht zurückhalten und frage ihn, ob er sich mit mir zusammen fotografieren lässt. Er lässt! Und freut sich danach umso mehr über das Trinkgeld von mir.

Mit dem Bus geht es nun zum Flughafen. Der allerdings wenig mit den mir bisher bekannten Flughäfen zu tun hat. Vielmehr erinnert mich alles an Filme und Geschichten über die „tollkühnen Männer in ihren fliegenden Kisten“. Das Gepäck wird per Hand verladen, der Security-Check ist mehr symbolisch und die Abflughalle ist nicht viel grösser als mein Wohnzimmer.

Anstatt mein Gepäck maschinell durchleuchten zu lassen, darf ich meinen Seesack für einen Flughafenmitarbeiter öffnen. Der jedoch sehr schnell jegliche Lust verliert, in den Tiefen darin nach Bomben oder Waffen zu suchen. Ob das wohl damit zu tun hat, dass meine Wanderstiefel ganz oben zum Vorschein kommen, und man nicht allzu lange braucht, um zu riechen, dass ich sie die letzen 16 Tage fast rund um die Uhr getragen habe?

Wir fliegen mit Buddha-Air. Das Flugzeug ist sehr klein und wackelig, aber was soll mir bei diesem Namen schon passieren?

Keine 60 Minuten später sind wir dann auch schon in Kathmandu, und werden dort durch ein kleines Türchen direkt an der Rollbahn freundlich verabschiedet.

Zurück in Kathmandu also. Und nach all den Tagen in den Bergen ist das mindestens genauso aufregend wie an unserem ersten Tag in Nepal. Wir sind wieder im „Malla“-Hotel untergebracht, dieses Mal mit Blick auf den Garten mitsamt Pool.

An den lege ich mich am Nachmittag. Da ich keine Lust auf Kultur habe und auch ganz gerne alleine sein möchte, verzichte ich auf die möglichen Ausflüge mit der Gruppe und mache mich erstmal auf ins Thamel.

Nach etlichen Links- und Rechtsabbiegungen finde ich auch eine sehr nette Bar mit wieder einmal „original italian coffee“ und geniesse Espresso-trinkend das unglaubliche Durcheinander auf der Strasse vor dem Café.

Da drängeln sich die Autos und Mopeds hupend an den Fussgängern vorbei. Die Rikschas suchen sich ihren Weg durch das Wirrwarr an Menschen, jede Menge Händler bieten ihre Waren an und mittendrin natürlich (!) viele, viele Touristen. Wer von ihnen wohl gerade erst angekommen ist? Und wer schon wieder abreisen muss?

Da ich keinen Stadtplan habe und bei meiner Suche nach einem netten Café ein klein wenig die Orientierung verloren habe, setzte ich mich kurzerhand in eine Rikscha und lasse mich zum Hotel fahren. Beim Preis war ich wohl zu grosszügig, denn mein Fahrer akzeptiert sofort und tritt grinsend in die Pedale. Keine 5 Minuten später sind wir schon am Hotel und im Grunde hätte ich nur geradeaus gehen müssen. Aber das Erlebnis war es auf jeden Fall wert.

Vor dem Hotel treffe ich Kumar und Luk, die sich zusammengedrängt mit mindesten 4 weiteren Guides oder Trägern in einem kleinen Auto auf den Weg zu ihrer nächsten Tour machen. „Business as usual“ für sie, aber auch ich werde mit Sicherheit wieder auf Wanderschaft gehen. Wieder Nepal? Oder doch vielleicht Patagonien, in den Anden oder gar Neuseeland. Zuerst sicherlich in der „näheren Umgebung“, den Westweg von Pforzheim nach Basel habe ich mir zum Beispiel schon notiert.

Ich setze mich an den Pool. Zum Baden ist das Wasser eindeutig zu kalt, das Sonnenbad ist dafür umso schöner. Um mich herum etliche müde Wanderer, die lesend oder schlafend die sicherlich die letzen Tage und Wochen Revue passieren lassen.

Ich merke wie mich das doch sehr hektische Kathmandu sofort wieder dazu verleiten will, auch meine Gedanken weit hektischer wandern zu lassen als noch in den Bergen. Durch die ich nach einigen Tagen im wahrsten Sinne des Wortes mit „leeren“ Kopf gewandert bin.

Aber schon ein kurzer Blick auf meine „inneren“ Bilder, die ich mir gespeichert habe, genügt, um auch meine Gedanken wieder einzufangen. Kein „Gehirngespradl“ heute.

Auf die „äusseren“ Bilder freue ich mich auch schon sehr, die ich sicherlich gleich am Sonntag nach meiner Ankunft in Karlsruhe am iMac sichten und durchforsten werde. Und das passende Album habe ich mir auch schon besorgt – aus „hand made paper made in Nepal“ versteht sich.

Annapurna Round 2010 – Teil 19



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