Anna und Anna
Charlotte Inden
Hanser, 2013
978-3446241725
12,99 €
Annas Freund Jan zieht “weit” weg und erst jetzt wird Anna klar: Das ist ziemlich doof. Gut, dass es Oma Anna gibt, die vom Leben viel weiß, viel erlebt hat und mit Rat und Tat zur Seite steht. Aber auch die Oma hat Geheimnisse und so schreiben sie sich Briefe über Dinge wie das Leben, die Liebe und Jungs
Die junge Anna begleiten wir, bis sie fast erwachsen ist. Erst ist sie 11, dann 12, später 15. Sie wächst und der Leser liest nicht jeden Brief, den sie schreibt, aber die wichtigsten. Dazwischen vergeht Zeit und Anna hat die Möglichkeit sich zu entwickeln. Sie treibt Schabernack, streitet sich mit ihren Eltern und ist nicht auf den Mund gefallen. Ich mag Anna. Sie hat etwas Frisches an sich und schlägt sich mit all den Problemen ganz gut.
Oma Anna schlägt sich nicht immer so tapfer und gerät manchmal sehr traurig. Sie vermisst etwas, was jeder Mensch eigentlich hat. Aber durch die Briefe verändert sich auch die Oma. Sie wird etwas freier, kann über Dinge nachdenken, die schon lange her sind und sie gibt ihr Wissen weiter.
Eine normale Familie steht hier im Blickpunkt – eine mit Geheimnissen und verborgenen Streits. Anna wird geliebt und Oma Anna hat einige Schicksalsschläge hinter sich. Trotzdem wird nicht zu dick aufgetragen.
Endlich ein Briefroman für Jugendliche, der mir richtig, richtig gut gefallen hat. Im Moment kommt es ja wieder in Mode oder ist in Mode, Chatromane, Briefromane oder Emailromane zu schreiben. Gerade habe ich Peter Härtlings Emailroman “Hallo Opa, Liebe Mirjam” gelesen und war nicht sonderlich angetan.
Ich glaube, man kann in Briefroman einiges falsch machen. Aber das ist Frau Inden nicht passiert. Sehr, sehr viele Briefe haben mir berührt, weil sie sehr einfach geschrieben waren, nichts versteckt haben, aber trotzdem ein Geheimnis behielten. Das hört sich komisch an? Ist aber völlig normal, wenn sich Menschen Briefe schreiben! Denn egal wie kurz oder lang so ein Stück Papier unterwegs ist, in der Zwischenzeit passiert etwas, was der Briefpartner nicht wissen kann. Das hat seinen Reiz. Die Autorin wälzt alles was zwischendurch passiert auch gar nicht aus. Es folgen Lücken, die der Leser und ich selbst ausfüllen dürfen oder die nur durch die nächsten Zeilen kundgetan werden.
Aber Anna und Anna besprechen auch wirklich viel und das aber mit Inbrunst. Kein Thema wird nur in einem kleinen Satz abgetan. Zur Not kommen die beiden später noch mal auf das aufgeschobene Thema zurück. Es gibt auch einfach keine leeren Sätze im Buch, da jeder Satz ein Geschenk ist.
Das Ende ist vielleicht etwas vorhersehbar, aber es hat mich mitten ins Herz getroffen.
Eine Geschichte über das Erwachsenwerden, Briefe schreiben und das Bewusstsein, dass ältere Generationen sehr wohl noch etwas auf dem Kasten haben.
Mit der Gestaltung wurde sich wirklich Mühe gegeben. Die Schrift ist in einem tollen Blau und zwischendurch gibt es kleine Möwen zu begucken. Außerdem mag ich das Papierschiff, was die Gestaltung des Covers im Innern wieder aufgreift. Ein langweiliges Buch ist “Anna und Anna” auch von außen nicht.
Charlotte Inden hat mich berührt. Mit ihrem Briefroman hat sie es geschafft, eine Beziehung, Verwandtschaft und Freundschaft mit riesigem Altersunterschied, aufzuschreiben. Sie vermittelt: redet miteinander, streitet, mögt euch, aber vergesst nie, wo ihr herkommt und lernt voneinander. Ich habe am Ende ein paar Tränen vergossen und an meine Oma gedacht. Alles richtig gemacht, Frau Inden.