Anna

Von Pressplay Magazin @pressplayAT

Anna

3Action

Eine spannende und verzwickte Spionagegeschichte, eine nervenaufreibende Auseinandersetzung zwischen KGB und CIA, eine hochkarätige Besetzung, knallharte Action und einen feministischen Subtext, dies alles verspricht Luc Bessons neuestes Werk. Es bleibt die Frage offen: Hält der Regisseur sein Versprechen?

Die wunderschöne Anna Poliatova (Sasha Luss) ist nicht die, die sie zu sein scheint. Hinter der makellosen Fassade verbirgt sich eine unbarmherzige Agentin, die ihr Leben, um der Gosse zu entfliehen, dem russischen Spionagedienst KGB verschreiben hat. Jedoch ist nicht nur der KGB an der blonden Assassinin interessiert, auch die CIA will Anna für amerikanische Zwecke missbrauchen. Es entsteht ein verzwickter Machtkampf um die junge Frau, die eigentlich nur eines will, nämlich frei sein.

Man soll aufhören, wenn es am schönsten ist. Das wusste Luc Besson 1994 nach Léon – Der Profi nicht. Die Prämisse: junge Frau wird rekrutiert und zur unbesiegbaren Kampfmaschine ausgebildet, ist eine die schon hundertfach auf der Leinwand zu bewundern war und dies meist interessanter als bei Anna. Die Geschichte spielt Ende der 80er und in den 90er Jahren, jedoch wurde so wenig Detailarbeit in die Sets gelegt, dass man beinahe in jeder Szene denkt, der Film spiele in der Gegenwart. Szenenweise springt das Werk zwischen Genres hin und her, vermischt diese, sodass man schnell den Überblick verliert. Diese Orientierungslosigkeit wird noch verstärkt durch die absurd vielen Zeitsprünge innerhalb der Geschichte, sodass Texttafeln mit Zeitangaben während des Films zur Farce mutieren. Ins gemächliche Rollen kommt die Erzählung erst ab der Mitte der Laufzeit, dramaturgische Höhepunkte werden durch darauffolgende Twists (ja, Mehrzahl) sofort entkräftet, sodass man immer weiter in den Kinosessel sinkt.

Dass die russische Hauptdarstellerin Sasha Luss erst in einem Film als Schauspielerin mitgewirkt hat und hauptberuflich Model ist, merkt man sehr früh im Film. Neben schön aussehen bleibt nicht mehr viel übrig, denn das Spiel der jungen Russin ist leider unterdurchschnittlich. Ihre Kollegen Helen Mirren, Luke Evans und Cillian Murphy sind da schon routinierter und liefern gute schauspielerische Leistungen, besonders Mirren geht in ihrer Rolle als Nummer 2 im KGB wunderbar auf. Die Dialoge wechseln sich in zwei Stunden Laufzeit von komödiantisch, zu ernst, zu unglaubwürdig, zu stumpf ab.

Luc Besson ist bekannt dafür, dass in seinen Filmen starke Frauen eine zentrale Rolle spielen. Weibliche Ermächtigung und Feminismus sind allgegenwärtige Subtexte in seinen Werken. Auch in Anna. Dies wird dadurch spürbar, dass in den ersten zehn Minuten der Ausspruch „Never put your faith in men.“ fällt, was ein feministisches Statement, aber auch einen Plot-Verweis auf die Spielfiguren-Züge des Charakters Anna darstellt. Leider verpasst es der französische Regisseur weibliche Selbstermächtigung und Objektivierung der Frau klar zu trennen. Die weibliche Protagonistin wird als wunderschönes Model und Objekt der Begierde von internationalen Geheimdiensten dargestellt und bekommt kein subjektives Entwicklungspotential, denn den ganzen Film über bleibt ihr Schicksal abhängig von männlichen Machtstrukturen. Dazu fällt im selben Dialog der ersten zehn Minuten der Satz: „Am I a toy?“ Dies alles von einem Regisseur, welcher derzeit von neun Frauen beschuldigt wird, sie zu sexuellen Delikten gezwungen zu haben.

Anna ist ein lebloser, unübersichtlicher Kampf um eine Geschichte, die spannend, interessant und in Gender Kontexten eingebettet sein soll, es jedoch nicht ist. Die Geschichte ist uninspiriert, die Protagonistin schwach gespielt, der Film unsicher welches Genre er bedienen will. Hätte Herr Besson 1994 nach Léon – Der Profi doch aufgehört. Als es am schönsten war.

Regie: Luc Besson, Drehbuch: Luc Besson, Darsteller: Sasha Luss, Helen Mirren, Luke Evans, Cillian Murphy, Filmlänge: 119 Minuten, Kinostart: 19.07.2019