Angst und andere kleine Tierchen

Unruhiger Sonntag. Schlechtes Wetter, das Bedürfnis nach alleine sein. Im Hinterkopf die Gedanken an einen wunderschönen Abend mit Tim. Als ich zu Hause bin packt mich die Unruhe und ich widme mich meiner Wohnung. Möbel rücken, Kram verräumen. Abends treffe ich eine Freundin. Während wir unsere Burger verschlingen, erzählt sie mir von ihrer neuen Liebe. Ich bin vollkommen erstaunt, denn alles scheint unglaublich schnell zu gehen – so schnell, dass bereits Urlaubspläne geschmiedet werden. Ich finde es schön, denn wenn es sich richtig anfühlt, passiert eben was passiert. Ich erzähle von Tim. Ich merke, wie sehr ich strahle wenn ich von ihm spreche. Auf dem Heimweg lese ich seine Nachricht. Wann ich in den Wellnessurlaub aufbreche, fragt er. Ich nutze die Gunst der Stunde und frage ihn, weil es einfach so aus mir heraus schießt, ob er mich am Abend vor der Abfahrt noch sehen will. Tim schweigt. Ein Schweigen, dass so viele Gründe haben kann, und doch verunsichert es mich.

Insomnia

Nachts liege ich wach, drehe mich von einer Seite auf die andere. Ich frage mich, ob ich zu voreilig war. Ist das zu viel Carrie für den gerade getrennten Mann? Ich fühle mich gut damit, ihn gefragt zu haben, denn ihn zu sehen ist das, was ich will. Und auf einmal schleicht sich ganz langsam und leise dieses Gefühl an. Angst. Tatsächlich kann ich aufrichtig sagen, dass ich die Situation genau so wie sie ist in vollen Zügen genieße. Nicht nur er ist es, der Zeit braucht. Ich fühle mich sehr wohl mit dieser langsamen Annäherung. Ich mache mir keine Gedanken darüber, was werden könnte, habe nicht den Drang zu definieren. Damit geht es mir gut. Bis jetzt gab es auch noch keinen Grund, anders zu denken. So wie ich mir bis jetzt noch keine Gedanken über das gemacht habe, was da noch kommen mag, habe ich mir ebenfalls noch keine Gedanken darüber gemacht, was eventuell nicht kommen könnte. Bis jetzt war ich die treibende Kraft, was für ihn sowie für mich in Ordnung ist. Aber was passiert, wenn er tatsächlich mal nein sagt. Wenn es ihm zu viel ist, er Zeit für sich braucht. Wie gehe ich dann damit um? Werde ich in der Lage sein, es gelassen hinzunehmen, oder bin ich enttäuscht. Wird es wehtun, und wenn ja wie sehr? Mein Herz rast beim Gedanken daran und ich merke, wie eine Träne über mein Gesicht läuft.  In dem Moment merke ich, dass ich zwar gelassen bin, und mehr als bereit, so viel Zeit wie nötig zu geben, aber dass diese Gefühle eben auch zu mir gehören. Dann denke ich an Tim. Ich weiß, wie aufrichtig er ist. Ich weiß, dass er ehrlich zu mir sein wird. Endlich beruhige ich mich und schlafe ein.

Was in mir schlummert

Angst ist ganz normal, ich weiß das. Sogar Menschen, die schon jahrelang in Beziehungen leben, haben Angst, irgendwann ohne den anderen sein zu müssen. Tim und ich stehen am Anfang von irgendwas, von dem noch keiner so genau weiß, was es eigentlich ist. Ich habe keine Verlustängste. Vielmehr macht mir Angst, nicht zu wissen, was in mir schlummert. Ich bin seit langer Zeit Single, und auf einmal sind da all diese Gefühle und Emotionen, die ich einerseits aufsauge wie ein trockener Schwamm, die mich andererseits aber auch vollkommen überfordern. Überfordern, weil ich sie so lange nicht mehr gefühlt habe. Ich weiß nicht mehr, ob es “normal” ist, mich so schnell so wohl und geborgen zu fühlen. Ich tue mich schwer, all das Gefühlte einzuordnen. Wenn wir zusammen sind, ist all der negative Hintergrund ausgeblendet. Zumindest vordergründig. Da ist keine Ex-Frau, kein Schmerz, keine Angst. In diesen Momenten existieren nur wir. So sehr, dass ich den ganzen Rattenschwanz tatsächlich ab und an vergesse. Was in ihm vorgeht kann ich nur erahnen. Ich kann nur auf meine Sensibilität vertrauen. Ich kann nur akzeptieren, dass es in seiner Gefühlswelt einen großen, schmerzhaften Teil gibt, der mir im Moment verborgen bleibt. Wahrscheinluch ist es genau das, was mich verunsichert. Nicht einschätzen zu können, was da in ihm vorgeht, wie er sich fühlt, und was das irgendwann auslösen wird. Was mir bleibt ist, es so zu nehmen wie es ist.

Angst und Unsicherheit gehören dazu. Sie existieren und ich entscheide selbst, wie viel ich davon zulasse. Ich finde es gut, in der Lage zu sein, auch diese Angst zulassen zu können. Es wäre schlimm, würde ich jeglichen Gedanken an Unsicherheit verdrängen. Ich bin ein Mensch, und Menschen sind nicht immer nur stark. Was mich beruhigt ist das Vertrauen darin, dass er mir diese Angst und Unsicherheit genauso zugesteht wie ich ihm. Und ich merke immer mehr, wie ich das Gespräch darüber brauche. Angst ihm das zu sagen, habe ich komischer Weise keine… Meine Freundin sagt: “Wellen im Wasser gibt es erst, wenn der Stein hineingefallen ist.” Bis jetzt ist noch kein Stein irgendwo hingefallen, also auch kein Grund, Wellen zu schlagen.

xoxo_Carrie_2


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