"Ich glaube, dass diese Treffen wichtig sind", hat uns unsere Bundeskanzlerin zugesichert und uns im Ergebnis "Licht und Schatten" versprochen. Das ist großartig. Sie hat recht: Diese Treffen könnten wichtig sein, wenn man dort irgendetwas von Wert beschliessen würde. Da dort allerdings sämtliche Forderungen auf mindestens einen Staat treffen, der dagegen sein Veto einlegt- und das meist auch noch aus nachvollziehbaren Gründen - könnte man sich diesen teuren Kindergarten eigentlich sparen.
5000 Sicherheitskräfte beschützen die hinter einem kilometerlangen Stahlzaun tagenden Führer - und Führerinnen - der Welt. Gut 900 Millionen Dollar werden auf den Kopf gehauen. Die Positionen, mit denen sie anreisen, stehen fest; wie sie aussehen, haben sich die Teilnehmer in einem regen Schriftwechsel schon Wochen vorher wissen lassen. Es sind Positionen, die nicht wirklich diskutierbar sind- warum sollte China, warum sollte Kanada Strafmaßnahmen für Banken verabschieden, wenn die dank entsprechender nationaler Regulierung garnicht am Schlachtfest der Weltwirtschaft teilgenommen haben? Wie soll Deutschland, das gleichzeitig die Maastricht-Kriterien, vor allem aber die selbstauferlegte Schuldenbremse einhalten muss, dem amerikanischen Wunsch nach Mehrverschuldung nachkommen? Wie sollen die USA gleichzeitig stattdessen mit dem Schuldenmachen aufhören, ist es doch die letzte verbliebene Triebfeder ihrer Wirtschaft?
Es ist so gesehen eine ganz bizzarre Veranstaltung, weil alle Vorschläge, die gemacht werden, von Nationen kommen, die bisher in der entsprechenden Disziplin versagt haben. Sie sind allerdings, das ist ebenso faszinierend, nicht mal im Ansatz kompatibel mit den Strategien der Länder, die genau diese schwarzen Löcher garnicht erst haben zustandekommen lassen. Anstatt sich also mal die Gesetzeslandschaft Kanadas anzusehen, die das Land scheinbar vor dem totalen Amoklauf der Banken bewahrt hat, forden wir Strafmaßnahmen und legen nicht einen einzigen Vorschlag vor, der vergleichbare Regulierungsmaßnahmen zum Gegenstand hat.
Machen wir das also mal stattdessen: Was unterscheidet Kanada so sehr von den anderen Teilnehmern?
(...)Kanadische Banken übertreffen die von der Bank für internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) in Basel festgelegten Kriterien für das Eigenkapital von Finanzinstituten um das Dreifache(...)
(...)Dass Hauskredite ohne Anzahlung vergeben werden, an nicht solvente Kunden oder mit zunächst geringen Zinsen, die dann ins Astronomische wachsen, war und ist undenkbar.(...)
(...)Kanada ist ein positives Beispiel, dass eine einzige Aufsichtsbehörde sinnvoll ist."(...)
Da ist eine Reihe von Vorschlägen drin- und kein einziger davon wird in Toronto diskutiert werden. Das ist ein durch und durch bemerkenswerter Vorgang: Man kann es richtig machen, man trifft sich sogar in der Finanzmetropole eines Landes, in dem es gut gelaufen ist, und Länder, die es fast von der Klippe gehauen hat, versuchen diesem Land zu erzählen, wie man mit den Krisen der Zukunft umgehen muss. Unter anderem natürlich auch unsere Kanzlerin. Licht und Schatten halt. Wir schicken unseren Nationalschatten ins Licht. Und er kommt genauso dunkel zurück wie er hingeflogen ist.
Zuhause wälzt sich die Opposition derweil in den letzten Überresten der Obamania, zum Beispiel mein Parteivorsitzender. Sigmar Gabriel erfreut mich unter anderem in der Onlineausgabe der Welt mit der Forderung, dem Sparpaket müssten Investitionen zur Seite gestellt werden, ganz im Sinne der us-präsidialen Kritik. Das ist süß. Denn der Hauptfehler an dem Sparpaket ist ja, dass es zu 50 Prozent aus Spekulationen und wirren Hoffnungen besteht: Es ist kein Sparpaket. Es ist ein Witz. Zum Beispiel bei der Vermittlungstätigkeit der Arbeitsagentur zu sparen und gleichzeitig auf eine Erholung am Arbeitsmarkt zu hoffen. 5 Prozent der Einsparungen basieren auf einer Reform der Bundeswehr, die nicht mal im Ansatz konzipiert wurde. Man hat tausende neue Stellen geschaffen, als diese Regierung ins Amt kam und fängt jetzt wieder an, sie abzubauen. Man befindet sich im Krieg Goliath gegen Goliath mit den Energiekonzernen und hofft auf Einnahmen aus einer Steuer, die schon durch die Endlagerungsfrage wieder aufgezehrt werden. Es setzt verheerende psychologische Impulse und gleichzeitig keine Marken.
Mit dem Sparpaket sagen wir derzeit nur: Wir können so nicht weitermachen. Wir sagen an keiner Stelle: Und deswegen machen wir es jetzt anders, nämlich (zutreffendes einsetzen). Auch nicht Sigmar Gabriel. Noch kann man ihm das durchgehen lassen. Wenn er allerdings nicht eines Tages genauso ratlos wie unser Nationalschatten in einer anderen Metropole sitzen will, kann er mit diesem Gelaber nicht zufrieden sein.
Bis dahin Wetter.
Kommentare