Anerkennung auf Social Media Plattformen - Teil 2: "Ich möchte wahrgenommen werden" ... und was wird von Goethe über Selbstvermarktung lernen können

Da ich mitten im Thema einsteige, solltet ihr zunächst den ersten Teil lesen.
Bei all der Anerkennung für bezaubernde Bilder, tolle Tweets und schnörkellose Selfies, nach der wir jagen, sollten wir nicht vergessen: Das Internet vergisst selten und wir selbst haben am besten unter Kontrolle, was wir von uns im Internet zeigen oder  eben auch nicht im Internet von uns preisgeben. Ich werde noch im Laufe der nächsten Tage gesondert dazu schreiben, was bei dem Hinterlassen unserer "digitale Spuren" vielleicht zu beachten sein sollte.

"Prism is a Dancer" ist ein schönes Beispiel des Neo Magazins (inzwischen Neo Magazin Royales), dass wir alle unsere digitalen Leichen im Keller haben und oft dann vergessen, die peinlichen Profile oder Fehltritte auf in die Jahre gekommenen Websites zu vernichten. Auf Deutsch gesagt: Zwar wäre ich ja so was von ein potentielles Opfer dieser Showrubrik und wäre durchaus gespannt, welches und ob eines meiner zahlreichen Fettnäpfchen unterhaltsam genug für die verantwortlichen Redakteure ist, als das es Teil der Sendung werden könnte, aber ich bin und bleibe Fan dieser Rubrik seit der ersten Stunde. Insbesondere, weil es anfangs eben auch Gäste gab, die die öffentliche Zurschaustellung ihrer digitalen Bleiglasbildgeschäfte bei DaWanda so gar nicht lustig fanden.
Aber ob die Message auch bei den Richtigen ankommt? Eine Mahnung an die heutige Generation, tierisch aufzupassen, was sie denn da im Internet von sich preisgeben. Hey, das hat beinahe so etwas wie Bildungscharakter! Irgendwie besser als so manch anderes, was als "Wissenschaft" im Fernsehen zu sehen ist. Aber das lineare Elend der seichten Dauerberieselung ist nun ein anderes Thema, dass ich vorerst Medienexperten wie Herrn Kalkofe überlasse.
Eben nicht nur die Googlebarkeit eines selbst erstellten Accounts ist ein Risiko des digitalen Daseins. Nein, viele User sind sich schlichtweg nicht im Klaren darüber, dass man nicht einfach Bilder oder Texte anderer klauen oder alles frei Schnauze im Internet posten darf, weil "xyz ist ein dämlicher Hurensohn" auch im Internet eine Beleidigung, "Wenn du nochmal sowas schreibst, kriegst du die Fresse poliert, Alter!" eine Bedrohung und "abc fickt seine Mutter" eine Verleumdung ist. Und für jedes "Du laberst Scheiße" oder "du Hurenshohn!" kann man von  dem Adressaten angezeigt werden. Im Internet ist es sogar deutlich einfacher nachzuweisen als analog, weil dort Zeugenaussagen nötig sind, während die Polizei digitale Beleidigung bestens zurückverfolgen und auswerten kann - egal, ob du den beleidigenden Inhalt inzwischen gelöschst hast oder nicht. Warum das Jugendlichen dieser Generation sowohl analog als auch digital noch weniger bewusst zu sein scheint als der aktuellen, ist mir ein Rätsel. Ab einem gewissen Alter ist man eben für die Scheiße verantwortlich, die man verzapft. Aber es geht immer mehr um mehr um Spaß und kurzweilige Unterhaltung, während Werteverfall im sozialen Bereich oder auch bei Tugenden wie Pünktlichkeit und Zuverlässigkeit immer mehr ins Abseits geraten. Diese Beobachtung habe ich eher analog gemacht, aber sie passt auch zu dem Bild der Freuden der kurzweiligen YouTubeunterhaltung, die auch dafür sorgt, dass immer, wenn keine Berieselung stattfindet, Langeweile und "kein Bock"-Attitüde mit der Motivation am Tiefpunkt stattfindet.
Und es ist ja nicht nur der verbale oder getippte Bullshit, um den es hier geht. Nein: Es geht auch darum, dass jeder User jederzeit selbst Ziel und Opfer eines Shitstorms werden kann. Dass das in Depressionen und Selbstmord statt Selbstbestätigung enden kann, wurde leider schon oft medienwirksam - auch in linearen Medien - zur Schau gestellt. Aber was erwartet man auch? Wenn wir twittern oder kommentieren, haben wir keinen Menschen, dem wir in die Augen schauen können. Die Menschen, die wir digital runtermachen können, wohnen weit, weit weg und haben nicht dasselbe soziale Umfeld wie wir. Es scheint also so, als hätte diese Aktion keine Konsequenzen, denn Eltern, Freunde und andere bekommen davon ja meist gar nichts mit, wenn ich mich im Internet mit Beleidigungen austobe. Wir sehen nur ein Bild, einen Text und können da alles an Möglichkeiten hinein interpretieren. Vielleicht lesen wir in harmlose Sätze durch Interpretation die wildesten Dinge hinein. Oder uns gefällt einfach eine Visage nicht oder wie jemand über eine Thematik redet. Heute fühlen sich auch schneller Menschen angegriffen, wenn man sich kritisch zu ihrem Herzblutthema äußert - sei es nun vegane Ernährung, Feminismus und Sexismus oder eben kritische Äußerungen gegenüber Personen oder tagesaktuellen Themen. Unsere eigene Laune, ob wir einen guten oder schlechten Tag hatten, beeinflusst unsere Meinung ja auch. Aber viele wollen da nicht unnötig über sich und ihr Handeln nachdenken, hat es für mich den Anschein. Ein Aha-Erlebnis bleibt aus, stattdessen wird bei Kritik einfach dieser "nervige Scheißmensch" blockiert und dann ist Ruhe, Sendeschluss von einem Meckermenschen statt über sich oder sein Handeln nachdenken zu müssen. Warum Diskussion? Kein Bock! Der Arsch will doch nur Dinge schlecht reden, der nervt.
Ignoranz statt Katharsis ist das digitale Gebot der Stunde, wie es auch von vielen Beobachtern der Fangirl/-boyszene wahrgenommen wird. Nur die Fans der neuen digitalen Heldengeneration sieht das natürlich anders.
Wie dem auch sei: Sobald du einen Tweet, einen öffentlichen Kommentar schreibst, bist du ein digitaler Publizist.
Diese Worte, Bilder oder Videos sind für die ganze Zeit sichtbar und können kopiert, gespeichert und weiterverbreitet werden. Anders als bei analogen Medien, wie früher bei den im Schlecker entwickelten Fotos, kannst du die auf Bild fedtgehaltenen Peinlichkeiten aus der Kindheit und Jugend nicht Jahre später heimlich verbrennen oder im Keller verstauben lassen. Das digitale Gedächtnis bleibt bestehen - es sei denn, du gibst viel Geld dafür aus, um die Sucheinträge löschen zu lassen. Oft vergisst man auch einfach Profile auf Uboot, Beepworld, Animexx, Myspace, fanfiction.de, alten Foren oder Trends wie Pinterest, Tumbrl, alte Blogs bei myblog, overblog oder blog.de ... Es gibt einfach wirklich viele tote, vergessene Profile in diesem weltweiten Netz.
Nutzen wir dann auch noch unseren echten Namen, machen wir uns googlebar und noch angreifbarer. Und Anerkennung suchen ja eben nicht nur jene, die Geld mit Twittern, Youtube oder anderweitig durch Produktplatzierungen und Testberichte oder anderweitige Kooperationen verdienen. Es sind ja auch, insbesondere in der heutigen Generation von 12 bis 29 Jahren viele Menschen, die ganz ohne Geld Bestätigung im Netz suchen, was zu manch einer Retuschierweichzeichnerpanne oder exessiven nachkaufen von Markenprodukten und Haulschnappschüssen führte. Wir kaufen nicht mehr einfach Kleidung und zeigen es den Freunden und führen es beim nächsten Discoabend aus, nein, wir zeigen der ganzen Welt und über alle Grenzen hinweg, wie schlank, sportlich, ernährungsbewusst, modisch, trendy, markenaddicted und stilsicher wir sind mit durchgestylten Terminplanern, immer perfekt sitzenden Makeup und komplett aufgehübschten Leben. Mehr denn je versinkt die echte Welt in einer Zurschaustellung von Oberflächlichkeiten. Oberflächkeiten gab es auch schon früher, eben ein Luxusproblem  derer, die alles haben und sich neue Probleme schaffen müssen, aber inzwischen ist die Oberflächlichkeit globalisiert und so posten die modebewussten Instafashiongirls, was gerade erst gestern Trend in New York war. ich will jetzt keinem Mode oder Schminke oder andere Dinge schlecht reden - jeder hat seine Hobbies und Leidenschaften und auch ich nutze und schreibe zu tierversuchsfreien Kosmetikmarken auf diesen Blog. Aber ich gebe zu denken:
Ich und wir sind wahrscheinlich alle Menschen über 18 Jahren und  publizieren Dinge im Internet, in Bild und Wort, manchmal auch in Bild und Ton. Was vermitteln wir jüngeren Menschen für ein Bild, wenn wir die ganze Welt nur nach ihrem Aussehen beurteilen, ständig einkaufen gehen und jedes Produkt mit einem breiten Grinsen in die Kamera halten und übereilt ohne jegliches Testen Dinge dazu kommentieren wie "So eine schöne Verpackung, das muss jetzt JEDER haben.", obwohl wir eben noch nicht wissen, ob es ein qualitativ gutes Produkt oder der letzte Mist ist? Aufgrund dieser einfachen Frage habe ich immer wieder mit mir gekämpft und überlegt, das mit dem Publizieren im Internet ganz sein zu lassen. Dem lieben Janus habt ihr zu verdanken, dass ich wieder schreibe. Er meinte zu mir, dass meine Meinung natürlich anecken kann, aber das dieser oberflächlichen Welt - ähnlich wie der Blog der lieben Pseudoerbse - vielleicht gut tut, dass es eben auch nicht nur die authentischen Grinsewerbehäschen gibt, sondern auch die Kosmetiknutzerinnen, die sich Gedanken machen, ob Tiere für dieses Produkt leiden müssen, was eigentlich an Inhaltsstoffen drinnen ist und nicht eben nur, ob die Verpackung aussieht wie eine Keksdose oder ein verschnörkelter Schmetterling.
Soviel zum Thema "Ich möchte Klicks/Follower". Aber da gibt es noch die andere Seite - die Fans.
Denn genauso, wie man Anerkennung für Content möchte, gibt es auch heute fleißige fans, die bei ihrem Helden nach Anerkennung und Bestätigung suchen. und ein gemeinsames Foto oder Autogramm scheint da nicht zu reichen, denn die "Großen" bei Youtube oder auch andere Stars nutzen Social Media Plattformen.
Einerseits ist das ja schön und praktisch. Wie oft bin ich nach FURT Konzertenum die Veranstaltungshalle, insbesondere in Bremen, geschlichen, um noch ein Autogramm oder Foto mit Farin und Co. zu bekommen. Fan sein ist etwas Schönes. Allerdings sollte man auch seinen größten Helden hinterfragen und nicht alles gutheißen, was er macht. Diese bedingungslose Fantreue macht doch etwas Angst und erinnert in manchen Einzelfällen anscheinend nicht nur mich an Zeiten in Deutschland zwischen 1933 und 1945, die keiner von uns zurück haben möchte.
Es besteht ja ohnehin das Risiko, eines Tages sehr bitter enttäuscht zu werden, denn machen wir uns nichts vor - ob nun kommerzielle Youtuber, Moderator, Musiker oder Schauspieler - alle verdienen ihr Geld durch Klicks oder Verkäufe und werben kostengünstig für Videos/Projekte/Platten/Veranstaltungen via Soziale Netzwerke. Somit freuen sie sich umso mehr über Klicks und Aufmerksamkeit, um eine größtmögliche Reichweite zu erreichen.
User bewerben dies auch noch zusätzlich. Wie damals durch Merchandise gibt es heute durch die Aktivität der Fans gratis Werbung, mehr Reichweite und mehr Aufmerksamkeit für die, denen der Fankult gewidmet ist.
Meine Frage ist dann:  
Ist da echte Nahbarkeit zu seinen Fans möglich? 
Und wenn ja, auf welche Art und Weise?
Muss ein "Star" nicht auch sein Privatleben privat halten - einfach aus Selbstschutz? Mir war es schon damals mit nur einigen 1000 Abos auf Youtube zu unheimlich und unangenehm, ständig in Bremen, Hamburg und Hannover von dem damals eher kleinen Kreise erkannt und angesprochen zu werden. 
Ich meine, ich hab mich damals nur hingesetzt und Videos gemacht und keine Menschen gerettet oder die Welt zu einem besseren Ort gemacht. Da gab mir meine Zeit im analogen Hobbybereich einfach mehr. Zwar werde ich wohl nie Geld mit meinem Theater, Geschreibsel, meinen Leinwandgekleckse oder meiner Musik verdienen, aber da sind eben Dinge, die ich gemacht habe, mit meinen eigenen Händen. Ich war Teil großartiger Theaterproduktionen und niemand nimmt mir diese Erfahrung, die eben für mich viel kostbarer ist als nach bloßen Klicks und "Du bist so hübsch"-Kommentaren zu streben. Mir wäre es unheimlich, mit so vielen Menschen kommunizieren und immer auf Knopfdruck das immerfröhliche Sonnenscheinmädchen immer und überall sein zu müssen.

Nebenbei ein kleiner Exkurs:
Ich hasse es, wenn dann irgendwelche 16jährigen daherkommen und meinen, Youtuber würden ja so hart und viel länger und schlimmer als "normale Menschen" arbeiten. Diesen Fans empfehle ich eine Woche zu kellnern oder als Pflegekraft zu arbeiten, denn so eine Aussage ist meines Erachtens nach eine komplette Diffamierung aller wirklich harten Berufe und so eine pampige Aussage wie "es kann ja jeder Youtubestar werden - schaff du das erst mal, du bist doch nur neidisch und hast selbst Pech, wenn du für so wenig Lohn so eine Scheiße arbeitest." auch noch obendrauf gesetzt wird.
Ich habe meinem Opa (78) und meiner Mutter (54) kürzlich erklärt, was Youtuber sind. Opa hat nur den Kopf geschüttelt, meine Mutter hat vorgeschlagen, es solle doch wieder Zivildienst für beide Geschlechter geben, damit auch eben solche Fans und Youtubestars für einen Jahr mal sehen, wie die Arbeit im Sozialen Sektoraussieht und das ein Lächeln eines Menschens, dem man hilft 1000x mehr Wert ist als alle Michael Kors Täschchen und Chanelfoundations dieser Welt.
Irgendwie ist es doch so, wie es vielleicht selbst die Fans mittlerweile das ein oder andere mal ahnen: Ein Star bleibt ein Mensch aus Fleisch und Blut und ist für doch alle immer unnahbar.
Das, was wir allerorts sehen, ist auch nur das Bild, dass der Star von sich zeigen möchte und das wissen die Berühmten nicht erst seit dem 20. Jahrhundert. Die Welt ist schließlich eine Bühne und jemand, der mit seinem Image Geld verdient, kann sich selber mit jedem Auftritt profilieren und seine eigenen Marktwert steigern.
Schon Goethe lief öffentlich mit den Kleidungsstücken in Blau und Gelb herum, wie eben auch seine Figur in "Die Leiden des jungen Werthers" und äußerte, dass Werther sterben musste, damit er weiterleben könne. Goethe, der alte Fuchs, war ein kleines Marketinggenie. Denn nicht nur dieser PR-Gag war grandios, um zu betonen, wie autobiographisch das ganze Werk sei, nein, auch der Weimarer Klassizismus war eine gute Strategische Allianz mit Schiller, der ja auch das Problem hatte, dass sich nach "Die Räuber" die Werke nicht mehr so gut verkauften. Goethe hatte ja auch Schulden, unter anderem Portoschulden, weil man damals per "Empfänger zahlt" Post versenden konnte und ihn aus ganz Europa noch Jahre später Fanpost zum Werther erreichte, während sich "Die Wahlverwandtschaften" doch eher schlechter verkaufte. Ein Karton mit Orginalausgaben steht noch im Keller des Göttinger Verlages, wie mir ein Dozent einst mitteilte. (War es Prof. Dr. Detering? Ich glaube schon.) Fankult ist also nichts Neues und so, wie Schiller und Goethe dann in Weimar einen Klassizismus populär machten und damit auch andere Autoren wie Hölderlin beeinflussen, arbeiten heute Stars zusammen und nehmen zusammen Songs auf und supporten sich allesamt.
Andere Stars teilen auch gerne aus. Nehmen wir Stefan Raab zum Beispiel. Aber der ist privat komplett unantastbar. Tortzdem wird er ja gemocht, oder?
Einigen wir uns also darauf, dass jeder ein Recht auf ein komplett privates und analoges Leben hat?
Denn im nächsten Teil geht es eben um den Wunsch vieler (Jugendlicher), ein Internetstar oder Model oder Sänger oder was auch immer zu werden - Hauptsache, berühmt? Ich habe da einfach mal in "Teil 3: (Internet-)Star - Ob großes Los oder Eintagsfliege" ganz nüchtern und in Zusammenarbeit einiger anderer Menschen Pro- und Contra-Argumente für diese Thematik gesucht, die gerne via Kommentare noch ergänzt werden dürfen.

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