theater…und so fort
Seit gestern ist die Freie Gruppe Neue Bühne München im theater…und so fort mit dem Drama „Hautnah“ zu Gast. Das verstrickte Stück aus dem Jahr 1999 dürfe den meisten spätestens seit der Verfilmung mit der hochkarätigen Besetzung Jude Law, Natalie Portman, Julia Roberts und Clive Owen ein Begriff sein.
Die junge Frau Alice läuft in London vor ein Taxi und wird vom Journalisten Dan ins Krankenhaus gebracht. Dan verliebt sich in die geheimnisvolle Fremde und nimmt sie bei sich auf. Später lernt Dan die Fotografin Anna kennen, die er für sich gewinnen will. Seine Beziehung mir Alice ist im längst zu langweilig geworden. Anna will jedoch anfangs nichts von ihm wissen. Dan rächt sich, indem er in Annas Namen einem moralisch bedenklichen Chatroom beitritt und ihr so den Arzt Larry auf den Hals hetzt. Sein Plan geht jedoch nicht auf, Larry und Anna verlieben sich und heiraten kurze Zeit später. Nun beginnt ein verstrickter Reigen aus Eifersucht, Begehren und Erniedrigung, in dem die Konstellation der Paare ständig wechselt und der alle Beteiligten letztendlich einsam und gebrochen zurücklässt.
Quelle: Neue Bühne München
Die Kostüme machen es etwas einfacher, im Beziehungsgewirr den Durchblick zu behalten. Die Paare sind im Laufe des Stücks meist farblich aufeinander abgestimmt, während die Kleidung anfangs noch sehr individuell wirkt.
Unter der Regie von Thomas Schwendemann entstand eine dynamische Inszenierung, die trotz der stolzen Länge des Stückes nicht langweilig wird. Immer wieder fordern sich die Figuren nicht nur verbal, sondern auch physisch heraus und wechseln innerhalb von Sekunden von tiefster Zuneigung in brennende Wut. Dabei stehen die vier Darsteller in dem minimalistischen Bühnenbild klar im Zentrum. Franziska Zwaila spielt die junge, nach außen hin lebensfroh wirkende Alice, die aber zu Eifersucht neigt und ihre männlichen Partner gerne einmal manipuliert. Dan, gespielt von Manuel Scherer, wirkt anfangs schüchtern und distanziert, stellt sich dann aber als wahrer Weiberheld heraus, der keinerlei Bedenken hat seine Partnerinnen spontan zu wechseln. Anna wird von Jasna Schmuck verkörpert. Sie ist die bodenständigste der Figuren; für sie steht ihre Arbeit als Fotografin im Vordergrund. In Beziehungen scheint sie sich nie völlig wohl zu fühlen, hat jedoch auch Gewissensbisse, als sie ihren Ehemann Larry mit Dan betrügt. Larry alias Uwe Thomsen ist der Lebemann der Runde, der mit seiner Sexualität und seinen teilweise perversen Vorstellungen immer offen umgeht. Als Anna und er sich trennen, klammert er sich jedoch regelrecht an sie und will sie mit allen Mitteln zurückgewinnen oder zumindest ihre Beziehung mit Dan zerstören. Jeder der vier Protagonisten hat sympatische und abstoßende Seiten; Stärken und Schwächen die es dem Zuschauer schwer machen, für einen von ihnen Partei zu ergreifen. Die vier Darsteller schaffen es, diese grundverschiedenen Facetten ihrer Figuren überzeugend zu zeichnen.
Quelle: Neue Bühne München
Was mit harmlosen Flirtereien und Scherzen beginnt endet in einem wahren Psychokrieg zwischen den Protagonisten. Die Handlung spielt über mehrere Jahre hinweg und so bemerken wir Details, die sich innerhalb der Zeitsprünge verändert haben. Immer wieder kämpfen die Figuren etwa wieder mit ihrem Zigarettenkonsum. In der einen Szene raten sie anderen vom Rauchen ab, in der nächsten Szene rauchen sie selbst.
Bei aller Ernsthaftigkeit des Themas sind jedoch immer wieder witzige Szenen zu sehen, etwa der obszöne Chat zwischen Larry und „Anna“. Die beiden Herren sitzen dabei hinter Leinwänden und aus dem Lautsprecher kommen verzerrte, emotionslose Computerstimmen.
Die Inszenierung wird noch bis 16.11. gezeigt. Infos und Karten gibt es auf der Seite der Gruppe oder der des Theaters.