Eigentlich hatte Google die Presse für Mittwoch Abend zu einem etwas tiefer gehenden Blick auf "Honeycomb" - und damit die kommende Generation des mobilen Betriebssystems Android - geladen. Schlussendlich nutzte man den Event aber auch gleich für den Launch der nächsten Ausbaustufe des Android Markets: Unter market.android.com ist seit kurzem eine Webversion von Googles App Store verfügbar.
Das Highlight: Anwendungen lassen sich direkt im Browser zur Installation bestimmen und ans Smartphone schicken, dies funktioniert sowohl mit kostenlosen als auch mit Kauf-Anwendungen. Dazu verwendet man das Cloud-to-Device-Messaging-Framework, das Google bereits mit Android 2.2 in die Plattform integriert hat. Vor der Installation werden - wie vom Smartphone her bekannt - die Berechtigungen angezeigt, die das jeweilige Programm verlangt. Diese lassen sich lassen sich übrigens auch schon vorab in einem eigenen Tab der Anwendungsansicht studieren.
Die Apps werden auf der Seite mit großen Grafiken und Screenshots repräsentiert, da man diese neuen Bildgrößen schon seit einigen Wochen von den EntwicklerInnen für ihre Apps verlangt, sind die meisten Einträge bereits optisch gut repräsentiert. Wer will kann einzelne Anwendungen direkt per Mail oder Twitter weiterempfehlen, die Bewertungen der Apps werden ebenso dargeboten wie Empfehlungen für verwandte Programme.
Darüber hinaus bietet die Anwendungsansicht statistische Informationen sowie einen QR-Code zum Abscannen für jene, die ihre Programme lieber auf diesem Weg installieren wollen. Ein interessantes Detail: Auch wenn Google weiterhin keine exakten Zahlen zu den Downloads verrät, gibt es nun endlich Kategorien jenseits der - angesichts der aktuellen Android-Verbreitung etwas absurd gewordenen - "mehr als 250.000" Downloads. So erfährt man denn etwa, dass die GMail-App mittlerweile irgendwo zwischen 10 und 50 millionenfach installiert ist.
Ein wichtiger Teil des Webstores ist die Suche, die über zahlreiche Filter das Auffinden von relevanten Programmen erleichtern soll. Einen fixen Platz nehmen die aktuellen Änderungen an einer App ein, ein vollständiges Changelog stellt dies jedoch weiterhin nicht dar - es werden lediglich die Infos zum letzten Update dargestellt.
Über die "My Market"-Seite bekommen die NutzerInnen einen Überblick auf die bisher von ihnen installierten und erworbenen Apps. Wer mehrere Smartphones sein eigen nennt, soll künftig auch gekaufte Programm gezielt einzelnen Geräten zuweisen können. Zur leichteren Erkennung lassen sich die Mobiltelefone mit beliebigen Spitznamen versehen.
Beim Launch der Webversion des Android Markets legte Google übrigens einen kleinen Fehlstart hin: Das Einloggen auf der Seite brachte eine schnöde Fehlermeldung, wodurch ein Teil der Funktionalität nicht ausprobiert werden konnten. Mittlerweile hat man das Problem aber behoben, so dass auch Ferninstallation und Co. genutzt werden können. Derzeit gibt es den Webauftritt des Market nur in einer englischsprachigen Version, andere Lokalisierungen sollen in den kommenden Wochen folgen.
Jenseits des Web-Stores zeigt sich Google vor allem bemüht, den EntwicklerInnen neue Optionen für den Verkauf ihrer Kreationen an die Hand zu geben. So sollen schon bald "In-App"-Verkäufe möglich sein, etwa um kostenpflichtige Erweiterungen für ein Programm anzubieten. Apple hat eine entsprechende Funktion ja bereits vor einigen Monate für seinen App Store gestartet. Für Android sollen die "In-App"-Verkäufe noch vor Ende des Quartals an den Start gehen. Darüber hinaus will man mehr Flexibilität bei der Preisgestaltung gestatten, künftig sollen die Programme pro Währung mit einem an den jeweiligen lokalen Markt angepassten Preis angeboten werden können.
Der eigentlich Anlass des Events - die Vorstellung von Android 3.0 - trat angesichts der Neuerungen rund um den Market schon beinahe etwa in den Hintergrund. Dies allerdings etwas zu unrecht, bot Google doch so manches neue Detail zu Honeycomb. So konzentrierte man sich vor allem auf die Verbesserungen an der Plattform, die den EntwicklerInnen zahlreiche neue Möglichkeiten an die Hand geben sollen.
So bietet Android 3.0 sowohl für beschleunigte 2D- als auch 3D-Darstellung neue Frameworks. Recht eindrücklich demonstrierte man diese Möglichkeiten anhand der YouTube-Anwendung, deren Tablet-Version die Clips auf einer leicht gebogenen Video-Wand präsentiert. Ähnlich grafisch aufwändig die elektronische Bücher App, viel Wert legte man darauf zu betonen, dass all diese Effekte vollkommen flüssig ablaufen.
Kurz zu betrachten gab es eine neue Musikanwendung, die optisch meilenweit von der bisherigen Android-Default-App entfernt ist - was in diesem Fall nur positiv sein kann. Die Alben werden in einer 3D-Ansicht präsentiert, auch hier kommen die erweiterten Grafik-Möglichkeiten von "Honeycomb" zum Einsatz. Seine volle Stärke soll die kommende Betriebssystemgeneration nicht zuletzt bei Spielen entfalten können, wie man anhand von kommenden 3D-Titeln wie "Monster Madness" demonstrierte. Für die nötige Power sorgt der Umstand, dass "Honeycomb" auf den Einsatz mit Dual-Core-Prozessoren optimiert ist.
Die Modularität von Anwendungsoberflächen will man über sogenannte Application-"Fragments" erhöhen, die Idee dahinter ist unter anderem, dass Interface-Teile sowohl für Smartphone oder Tablet genutzt werden können - bei letzterem aber dann eben einfach mehrere Fragmente miteinander kombiniert. Neu bei Android 3.0 ist auch die fix integrierte Unterstützung für Drag&Drop-Aufgaben in Anwendungen und der "Action Bar", der kontextsensitiv unterschiedliche Funktionen anbieten kann, wie man anhand der Tablet-Ausgabe von GMail demonstrierte.
Die gesamte Präsentation erfolgte übrigens auf Motorolas Xoom, das ja schon in den letzten Wochen zu Googles Vorzeige-Tablet avanciert ist. Im Vergleich zu früheren Vorstellungen ließen sich kleine optische Veränderungen an der Oberfläche feststellen, was nicht weiter verwundern darf, befindet sich "Honeycomb" derzeit doch noch in Entwicklung. Zwar gibt es seit einigen Tagen eine Vorabversion des zugehörigen Entwicklungs-Kits, bis zur Fertigstellung von Android 3.0 werden aber wohl noch ein paar Wochen vergehen.
Das nächste Info-Update wird es dann auf dem Mobile World Congress Mitte Februar geben, wo Google mit zahlreichen EntwicklerInnen vertreten sein wird. Vielleicht äußert sich das Unternehmen dann endlich auch offizielle zu der Frage, wie es mit der Smartphone-Version von Android-Version weitergeht, immerhin ist alles was man bisher von der Android-3.0-Oberfläche zu sehen bekam auf Tablets optimiert. Beim aktuellen Presse-Event hüllte man sich in Hinblick auf diese Frage jedenfalls einmal mehr in Schweigen.