Andreas Gruber

Von Saskia

Michael Adam


Stell Dich doch bitte kurz den Lesern vor!Ich hatte kürzlich meinen 44. Geburtstag, habe einen erwachsenen Sohn aus erster Ehe, der zur Zeit als KFOR-Soldat im Kosovo dient, bin zum zweiten Mal verheiratet und lebe mit meiner Frau und vier Katzen in einem kleinen, netten Dorf in Niederösterreich.Wie bist Du zum Schreiben gekommen und seit wann schreibst Du?Ich habe 1996 meinen ersten Roman geschrieben, den aber nie veröffentlicht. Mittlerweile gibt es den auch gar nicht mehr in Dateiform, sondern bloß als Papierausdruck in einem Ordner. 1997 habe ich meine ersten Kurzgeschichten geschrieben, die in Magazinen wie Solar-X, Fantasia, Andromeda oder Alien Contact abgedruckt wurden. Im Jahr 2000 erschien meine erste eigenständige Storysammlung „Der fünfte Erzengel“ in einer kleinen Edition mit einer Auflage von 200 Exemplaren. Mittlerweile ist das Buch in einer überarbeiteten Neuauflage immer noch erhältlich. Danach folgten noch drei weitere Storybände und sechs Romane.Wer oder was beeinflusste Dich in der Wahl deines Berufes als Autor?Vor allem beeinflusste mich die Möglichkeit, Charaktere, Schauplätze und Handlungen erfinden zu dürfen, die es in Buchform nicht gäbe, würde ich diese Geschichten nicht schreiben. Deshalb bin ich gern Autor. Es macht einfach Spaß, Dinge zu erfinden und den Lesern ein paar spannende oder haarsträubende Stunden zu bereiten.Übst Du nebenher noch einen weiteren Beruf aus und wenn ja, welchen? Ich arbeite halbtags als Controller im Büro einer Wiener Pharmafirma. Studiert habe ich ja Betriebswirtschaft an der Wirtschaftsuniversität Wien, aber die Schriftstellerei, mein zweites Standbein, erfüllt mich mehr.Der Weg von einer Idee zum fertigen Manuskript: Wie sieht dein Schreib-Alltag aus bzw. wie gestaltest du das Schreiben? Der Weg von der Idee zum fertigen Manuskript ist lang: Ideen sammeln, strukturieren, ein erstes knappes Exposé entwerfen, Charaktere erfinden, Lebensläufe schreiben, Recherchen anstellen, das Exposé erweitern und in Kapitel unterteilen, den Roman in der Rohfassung tippen, ausdrucken, lesen, überarbeiten, das Manuskript meinen Testlesern geben, deren Kommentare und Verbesserungsvorschläge einarbeiten, noch mal ausdrucken, lesen, korrigieren und dann an den Verlag abliefern. Das ist ein Prozess, der etwa eineinhalb Jahre dauert.Ich gestalte meinen Schreib-Alltag so, dass ich – wenn ich an meinen freien Tagen zu Hause bin – um 7.00 Uhr früh aufstehe, mit dem Schreiben beginne, dazwischen mal zwei Stunden auf dem Heimtrainer radle, während ich mir einen Film ansehen, dann bis 18.00 Uhr weiterschreibe, mit meiner Frau zu Abend esse und dann noch mal bis 21.00 Uhr arbeite. Am Samstag arbeite ich bis etwa 17.00 Uhr, der Sonntag gehört der Familie.Wie bist du auf die Idee zu deinem Buch „Todesfrist“ gekommen?Ich habe den Film „Equus“ von Sidney Lumet gesehen, darin spielt Richard Burton einen Psychiater. Das Thema hat mich fasziniert, ich wollte etwas in diese Richtung machen und war bei einigen Psychotherapeutinnen, um zu recherchieren. Die waren von der Idee begeistert, einen Psychothriller über das Thema zu schreiben, und sind mir mit Ideen und Vorschlägen zur Seite gestanden. So ist die Handlung zu „Todesfrist“ entstanden.Worum geht es in dem Buch?Ein Serienmörder entführt Menschen in Köln, Leipzig, Dresden, München und Wien und tötet sie entsprechend den grausamen Geschichten aus dem Kinderbuch „Der Struwwelpeter“. Allerdings nimmt er nach der Entführung Kontakt mit den Angehörigen auf, um folgende Botschaft zu hinterlassen: „Wenn Sie innerhalb von 48 Stunden herausfinden, warum ich diese Frau entführt habe, bleibt sie am Leben. Falls nicht – stirbt sie." Mit diesem Telefonat beginnt ein böses Spiel. In Wien sucht sich der Psychopath aber das falsche Opfer aus: Die Psychotherapeutin Helen Berger. Sie dreht den Spieß um und ist knapp davor, Struwwelpeters Identität aufzudecken.Das Endprodukt der Geschichte hat mit Sidney Lumets Film „Equus“ zwar nichts mehr zu tun – der Film war aber die Initialzündung zur Romanidee.Hat der Roman eine Moral?Bestimmt, aber die muss der Leser – falls er sich dafür interessiert – für sich selbst rausfinden.Hast Du beim Cover mit entscheiden dürfen? Oder hat das der Verlag entschieden, bist Du zufrieden mit dem Cover, hat es für Dich eine Bedeutung?Bei meinen Thrillern wie „Schwarze Dame“, „Die Engelsmühle“ oder „Der Judas-Schrein“ aus dem Festa-Verlag hatte ich Mitspracherecht beim Cover. Bei meinen jüngsten Thrillern „Rachesommer“ und „Todesfrist“ im Club Bertelsmann und dem Goldmann-Verlag wurde mir das Cover zur Info vorab gezeigt. Ich war aber stets mit den Coverentwürfen zufrieden. Besonders gut gefallen mir die Goldmann-Titelbilder. Wie entstehen die Protagonisten Deines Buches? Sind Deine Figuren immer rein fiktiv oder haben sie auch ab und an mit realen Personen in Deinem Leben zu tun? Reale Personen, die ich gut kenne, für meine Protagonisten zu verwenden, würde nicht funktionieren. Diese sträuben sich gegen die Handlung oder würden in bestimmten Situationen anderes reagieren. Daher erfinde ich sämtliche Charaktere komplett auf dem Reißbrett, schließlich müssen Aussehen, Charakter, Lebenslauf, Ticks und Macken, Ecken und Kanten zur Handlung passen. Natürlich ergänze ich diese Figuren um kleine Erlebnisse des alltäglichen Lebens, denn die Reißbrett-Figuren müssen ja auch „lebendig“ wirken.Wie kommst du auf die Namen deiner Charaktere? Das ist ein fürchterlich langer Prozess. Ich verwende meist einen Namen, der mir passend erscheint, um den Roman in der Rohfassung zu schreiben. Ist der Roman fertig, komme ich meist drauf, dass der Name nicht 100%ig passt. Dann google ich lange oder surfe durchs Online-Telefonbuch, bis ich einen Namen finde, der zur Figur passt, so wie sie sich am Ende der Rohfassung rausgemausert hat.Wie hat es sich angefühlt, Dein erstes Buch das erste Mal in den Händen zu halten?Es war ein unbeschreibliches Gefühl, den eigenen Namen gedruckt auf dem Cover zu sehen. Ich habe es sicher Hundert Mal zur Hand genommen, immer wieder durchgeblättert und die Biografie am Ende des Buches ein Dutzend Mal gelesen. Diese Faszination hat bis heute, nach dem zehnten Buch, nicht abgenommen. Warum das so ist? Nach eineinhalb Jahren Arbeit hältst du endlich ein kleines Taschenbuch in Händen, als Ergebnis von viel Schweiß und Tränen. Ich denke, dieses Gefühl wird sich auch nach dem zwanzigsten Buch nicht ändern.Welches gelesene Buch hat einen nachhaltigen Eindruck bei Dir hinterlassen und ist aus Deinem Bücherregal nicht mehr wegzudenken? Da gibt es ein paar Meilensteine, die mich, mein Leseverhalten und mein Leben beeinflusst haben. Ich versuche es, chronologisch wiederzugeben.Da sind zunächst mal die Bücher aus meiner Kindheit und Jugend:Erich Kästner, Das fliegende KlassenzimmerJens K. Holm, Detektiv Kim aus KopenhagenSid Fleischman, Auf der GoldspurKäthe Recheis, Professor, Du siehst GespensterMark Brandis, Bordbuch Delta VIIDann die Klassiker, die mich als junger Bursche geprägt haben:Georg Orwell, Farm der TiereHenry David Thoreau, WaldenJohn Steinbeck, Von Mäusen und MenschenErnest Hemingway, Der alte Mann und das MeerRichard Bach, Die Möwe JonathanUnd später dann die Genreliteratur, die mich bestimmt auch in meiner eigenen Schriftstellerei beeinflusst hat:Stephen King, EsRobert Ludlum, Die Aquitaine-VerschwörungDavid Morrell, BlutschwurDouglas Adams, Per Anhalter durch die GalaxisRichard Bachmann, MenschenjagdThomas Harris, Roter DracheNelson DeMille, In den Wäldern von BorodinoDennis Lehane, A Drink before the WarJoe R. Lansdale, Mucho MojoJean-Christophe Grangé, Die purpurnen FlüsseSebastian Fitzek, Die TherapieJ. L. Bourne, Tagebuch der ApokalypseUnd dann gibt es noch jede Menge gesellschaftskritische Sachbücher über Politik, Wirtschaft und Wissenschaft, die mein Weltbild immer wieder erschüttert haben.Wenn Du in Dein eigenes Bücherregal schaust – welches Genre ist hier am meisten vertreten? Kurzgeschichtensammlungen, querbeet durch jedes Genre, und dann halten sich noch Thriller und Horror die Waage, gefolgt von Science Fiction, Klassikern und Satiren. Von Fantasy, Western und historische Dramen habe ich die wenigsten Bücher, Liebesromane gar keine.An welchem neuen Buchprojekt arbeitest Du gerade? Auf was dürfen wir und als nächstes freuen? Kannst Du den Lesern schon etwas vorab verraten? Ich arbeite gerade an einem neuen Thriller, der ähnlich wie „Rachesommer“ und „Todesfrist“ aus zwei Plots besteht, die sich etwa ab der Hälfte des Romans treffen und zu einer Handlung verschmelzen. Protagonisten sind eine Wiener Privatdetektivin und ein BKA-Beamter, der auf Entführung spezialisiert ist. Der Roman spielt in Wien und der Toskana.
Recherchierst Du vor Ort oder fließt sehr viel Phantasie in Deine Bücher mit ein? Wenn möglich, recherchiere ich vor Ort. Es ist einfach so, dass die echten Schauplätze sehr viel zur Ideenfindung, Kreativität und Authentizität beitragen. Immer ist mir das leider nicht möglich, dann recherchiere ich im Internet oder mit Bildbänden und Reiseführern. Manchmal kommt es aber vor, dass ich absichtlich zu Gunsten „künstlerischer Freiheit“ etwas von der Realität abweiche, weil es so besser zur Stimmung und Atmosphäre der Handlung passt. In meinem Thriller „Rachesommer“ habe ich beispielsweise der Nordsee und der Insel Sylt einen düsteren Anstrich verliehen, obwohl das nicht der Wahrheit entspricht – aber es fügt sich so besser in den Plot.
Liest du eigentlich viele Rezensionen zu deinen Büchern? Die meisten Rezensionen werden mir vom Verlag oder vom entsprechenden Rezensenten gemailt. Die lese ich natürlich. Und etwa einmal pro Monat schaue ich mir bei Amazon an, welche neuen Kundenkritiken dazugekommen sind, denn die Meinung der Leser finde ich ebenso interessant, wie eine professionelle Buchbesprechung.

Lieber Andreas, vielen Dank für das InterviewGern geschehen, jederzeit wieder!