Meine Kinder sind fantastisch.
Im wahrsten Sinne des Wortes.
Ihre Fantasie haut mich um.
Kein Wunder, dass ich um acht Uhr abends erschlagen ins Bett falle.
Gestern zum Beispiel bettelten mich 2/3 meiner Kinder an, noch auf dem Schulhof spielen zu dürfen. Da muss irgendwas ganz Tolles im Busch sein. Getreu meinem neuen Motto schaute ich aber nicht hin. Wir haben uns aber darauf geeinigt, dass sie mir die Himmelsrichtung verraten, bevor sie abhauen.
Foto: Trolle im Busch. Oder so.
Das andere Drittel wollte ein Eis und blieb neben mir sitzen, damit ich den wiederholten Klagelaut auch deutlich hören kann: “Iiich! Wülle! Jetssss! Ein Eiiiisss!” Ich hörte und fügte meiner internen Motto-Sammlung ein weiteres hinzu: Ich höre nicht hin.
Eis gab es dann auf dem Rückweg
und außerdem einen Zwischenstopp im Park, weil 2/3 meiner Jungs noch in ihrem “coolen Haus” (=Gebüsch) spielen wollten. Das war auch der Zeitpunkt, an dem Sohni seinen Darm entleeren musste. Dringend. Ich danke DeEm und allen Drogeriemärkten der Welt für den Verkauf von Mini-Feuchttücher-Packs für die Handtasche. Und den Männern, die täglich die Bello-Tüten-Spender nachfüllen.
Das gebüschphobische Drittel hockte neben mir auf der Bank und versuchte, mit einem nassen Zeitungspapierknödel und der neu erworbenen Schleuder vom gestrigen Flohmarkt mehr als 20 Zentimeter weit zu schießen. Das schaffte er, allerdings rückwärts. Irgendwie hat die Schleuder das Konzept noch nicht verstanden.
Der Rückweg verlief wie üblich, wenn der große Riesensohn und Sohni im selben Fahrradanhänger sitzen.
“Mama! Sohni hat mich geärgert!” rief es wütend aus dem Kofferraum.
Der Frachter bremste.
“Sohni??”
“Das ist doch dein Fahrrad, oder Mama?”
“???”
“Melek sagen, ich darf nicht aus seinem Fenster gucken!”
“Ich will das nicht!” bestätigte der große Riesensohn mit finsterstem Blicke.
Ich seufzte, bekreuzigte mich und bugsierte das Schlachtschiff wieder auf die Straße.
Zuhause hatte kaum einer das Sitzfleisch, das Abendbrot zu essen, weil der große Bruder ein Vogelnest auf dem Sofa gebaut hatte, das dann kurzerhand in eine Schildkröte umgewandelt wurde. Sohni fütterte sie mit Kappla-Bausteinen. Aufräumen ist ja für Memmen.
“Wer noch eine Geschichte hören will, hochgehen, Zähneputzen, umziehen!” kommandierte ich so gegen halb acht.
Um sieben Uhr 40 lokalisierte ich die Bande in Maxes Zimmer, wo sie im alten Babybett Tigerbande spielten. Ich wiederholte meine harten Drohungen und legte mich mit Computer und dem festen Willen, endlich die Ferienwohnung für die Osterferien zu buchen ins Bett. Das ist sowieso das beste Lockmittel, und Ferien planen kann auch auch noch morgen.
Nach gefühlten hundert Geschichten warf ich 2/3 des Nachwuchses in ihre Betten. Das letzte Drittel ging alleine und brauchte nur kurz Unterstützung, um die verspielten Bettutensilien wie Decke und Kissen wieder zu finden.
Ich glaube, Decke und Kissen brauchten die Zwillinge gestern morgen, als sie auf der verwaisten Bettseite des Ich-bin-dann-mal-auf-Dienstreise-Ehemannes spielten, vermutlich um gegen die Stürze aus dem Piratenschiff gewappnet zu sein. Was sie allerdings mit der Kiste und dem Hasen taten, ist mir bisher schleierhaft. Jedenfalls ist die Kiste jetzt leer. Alle vorhandenen Krümel liegen auf Ehemanns Bettseite. Und ich überlege, ob ich sie liegen lasse. Quasi als kleine Dienstreisen-Rache.