(Berlin-Neukölln) Die 61. Berlinale ist zu Ende. Die begehrten Trophäen, die Bären, sind längst vergeben. Doch schon vor Beginn des diesjährigen Filmfestivals standen viele Sieger fest: Die Schülerinnen und Schüler der Richardgrundschule in Berlin-Neukölln.
Initiiert vom Lehrerteam für Humanistische Lebenskunde und tatkräftig unterstützt vom Kollegium entschieden sich dieses Jahr 18 Klassen die Berlinale zu besuchen.
„Wir unterstützen diese Aktivitäten (…)“, spricht die Schulleiterin Marita Stolt aus Überzeugung. „Sie sind ausgesprochen wichtig, weil des darum geht, dass die Kinder ihren Blick erweitern.“ Eigentlich verwunderlich, denn gerade an dieser Schule lernen Kinder, deren Familien aus den unterschiedlichsten Ländern eingewandert sind, gemeinsam. Ihr Alltag spielt sich jedoch zumeist in ihrem Kiez ab. Die Kinder nehmen durch das vielfältige Angebot an Filmen auch die Probleme oder Lebensumstände anderer Kinder dieser Welt wahr, benennt die Schulleiterin folgerichtig den pädagogischen Hintergrund.
Mit der BVG in die weite Welt
So sind sie gereist, nach Dänemark, Norwegen, Paris und in den Iran. Sie habe die Geschichten von Kindern miterlebt, die sich in der Schule behaupten müssen und ihre erste Liebe erleben, die das Abenteuer der Freundschaft bis zu Ende zu gehen bereit sind, die phantasievoll und kreativ mit dem Leben klar zu kommen versuchen.
Manche Schüler wie Mahmoud haben auch mitgelitten. Der Film sei schön und traurig gewesen, beschreibt der Schüler seine Meinung zu dem Film „Wind und Nebel“, der den großen Krieg zwischen dem Iran und Irak thematisiert. „Traurig, weil der kleine Junge so unglücklich war und wie ein kleiner Bruder. Der Film war aber auch schön, weil die Schwester Shooka ihren Bruder nicht im Stich gelassen hat“, fasst er die Grundstimmung im Stile eines Filmkritikers zusammen.
Die Berlinale – ein Erlebnis
Die Ausflüge zur Berlinale sind vor allem eines: Ein Erlebnis. Anders als bei einem normalen Kinobesuch stellen sich die Filmemacher und Schauspieler im Anschluss an die Filmvorführungen den Fragen der Schüler und Schülerinnen. Hier auf der Berlinale kann man sie einmal hautnah erleben: „Hat es weh getan als du hingefallen bist?“ und „Musst du gar nicht zur Schule gehen?“ sind zwei von vielen Fragen, die die Kinder an die oft gleichaltrigen Schauspieler stellen. „Bist du ein Star?“ Ja, welches Kind möchte nicht ein Star sein, welches Kind möchte nicht einmal über den roten Teppich der Berlinale gehen? Und wo kommt man den „Stars“ sonst so nahe wie bei einer Autogrammstunde.
„Die Welt ist das Leben und das Leben sind die Filme“
Es sind die „existentiellen Themen, Werte jenseits von Religion und Glauben“, die auf der Berlinale thematisiert würden. Dr. Martin Ganguly, Lebenskundelehrer und Leiter des Projekts Berlinale in der Schule, ist sich sicher: „Die Kinder lernen die Welt kennen und können sie betrachten und die Welt ist das Leben und das Leben sind die Filme“. Gerade deswegen sei die Filmbildung an Schulen so wichtig. Die Stoffe und Motive der Filme eigneten sich wegen ihres Tiefgangs insbesondere für den Lebenskunde- und den Ethikunterricht.
In der Tat: Die Berlinale hat mit der Sektion Generation ein weltweit einzigartiges Forum für den internationalen Kinder- und Jugendfilm geschaffen, jenseits der Familienunterhaltung, der Blockbuster und 3-D-Produktionen, die die Kinos überschwemmen. Wenn man sieht, wie bewegt die Schüler und Schülerinnen die Filme aufnehmen, wie intensiv sie sich anschließend im Unterricht mit den Themen auseinander setzen, weiß man, wie wichtig das Berlinale Projekt für Schulen in Berlin sein kann.
Es ist keine heile Welt, von der die Geschichten der Berlinalefilme erzählen. Und die Welt, in der die Kinder der Richardschule leben, ist keine heile Welt.
Es ist keine heile Welt, in der die Kinder der Richardgrundschule leben. Und auch die Welten, von denen die Geschichten der Berlinalefilme erzählen, sind keine heile.
Siehe auch:
Bad o Meh / Wind and Fog / Wind und Nebel
Abschluss des Berlinale-Projekts