Analoge Entschleunigung

Von Petra

Es ist ruhig geworden auf meinem Blog. Zu ruhig. Das liegt aber nicht daran, dass ich keine Ideen hätte. Im Gegenteil: In meinem Kopf sprudelt es nur so davon. Ich habe nur keine Zeit, sie umzusetzen.
Oder was heißt schon Zeit haben? Wir alle haben jeden Tag 24 Stunden zur freien Verfügung, die wir so gestalten können, wie wir wollen. Es kommt immer nur darauf an, welche Priorität man sich setzt. Der Blog hatte scheinbar in letzter Zeit weniger Priorität. Durch mein Studium (Journalistik) und meinen Job (Texterin) verbringe ich gefühlt jede Sekunde damit, zu schreiben. Deshalb habe ich auch weniger Lust, noch mehr vorm Bildschirm zu verbringen und zu schreiben. Im Sommer, wenn ich Ferien habe, wird das sicher anders.
Aber darum sollte es eigentlich gar nicht gehen. Sondern um Entschleunigung. Analoge Entschleunigung, um genauer zu sein. 
Wie ich darauf komme?

Sonnenuntergang über Porto


Vergangene Woche war ich noch in Portugal. Mit im Gepäck: meine Kamera. Wie kann's auch anders sein. In diesem Urlaub habe ich über 2.000 Fotos gemacht. In sieben Tagen. Und das ist nur die eine Kamera. Daneben fotografierte ich noch mit meinem Handy, der Lomo-Kamera und einer kleinen Digitalkamera beim Weggehen. Dementsprechend habe ich ziemlich viel vom Land nur durch die Linse gesehen. Ich hatte zwar trotzdem das Gefühl, viel erlebt und nichts verpasst zu haben. Aber dennoch. 
Irgendwo in der Altstadt Portos. Meine Reisebegleitung - die reale, nicht die Kamera - muss schmunzeln, weil wir schon wieder stehen bleiben, damit ich ein Foto machen kann. »Warum bist du hier?«, fragt sie mich. »Um Fotos zu machen.« Natürlich stimmt das nicht ganz. Klar liebe ich es, die kleinen Szenen auf der Straße einzufangen. Oder die kleinen Details, die auf einem Foto so bedeutend wirken, in echt aber kaum auffallen. Oder diese atemberaubenden Landschaft, die bei uns daheim ganz anders aussieht. Vor allem fotografiere ich aber, um all die schönen Momente in mich einzusaugen. Wie in einen Schwamm. Um ja nichts von diesem unbeschreiblich tollen Glücksgefühl wieder zu vergessen. 
Aber seien wir mal ehrlich: Ich bin nicht wegen der Fotos hergekommen. Sondern wegen Land und Leute. Und um etwas zu erleben. Aber manchmal, da vergisst man das hinter einer kleinen Linse.
Die Generation meiner Eltern packte maximal zwei 36er-Filme und ihre analoge Kamera ein, wenn es in den Urlaub ging. Das war's. Sie waren vor Ort, ließen sich auf Land und Leute ein und konnten mal einen Moment komplett abschalten. Sie ersparten sich die stundenlange Nachbereitung der Fotos, das ewige Aussortieren. Das, was auf den Fotos fehlte, ergänzten sie mit den Erzählungen aus ihrer Erinnerung. 
Ich möchte das auch. Wirklich präsent sein. Alles mit den Augen aufnehmen und nicht ständig durch ein kleines Guckloch starren und auf den Auslöser drücken. Versteht mich nicht falsch: Ich liebe die Fotografie. Aber manchmal, da muss man einfach mal entschleunigen und sich in den Moment stürzen.
Als ich meiner Mitbewohnerin davon erzählte, dass ich in Portugal viel zu viele Fotos gemacht habe, stellte sie mich zum Spaß vor eine Herausforderung: den nächsten Urlaub ohne meine Kamera verbringen. Nun, mein nächster Ausflug führt am Wochenende nach Augsburg, zum Modular-Festival. Ich werde meiner Spiegelreflexkamera mal eine Pause gönnen und schauen, ob ich ohne sie "überlebe". Der Notfallplan: Ich darf Leute fragen, ob sie Fotos für mich machen und sie mir schicken. Ich bin jedenfalls gespannt, was daraus wird. Challenge accepted.