An Kaffeebohnen riechen

Fast täglich werde ich von Kundinnen und Kunden gefragt, ob ich wohl mal einige Kaffeebohnen hätte, damit die Nase sich wieder erholen könne. Kaffeebohnen scheinen dabei das Mittel der Wahl zu sein, auch wenn ich behaupten würde, daß mit dem Kaffeeduft nur eine weitere Ablenkung, eine weitere Herausforderung für die Nase mit dazukommt. Mir erscheint der Ellenbogen zwar nach wie vor als die sinnvollste Art der Nase etwas Luft zu verschaffe; aber natürlich haben wir Kaffeebohnen griffbereit. Doch wußten Sie, daß es sogar den beruflichen Kaffeeriecher in Preußen gab? Eine ungeliebte Berufsgruppe, die ihre Nase in private Angelegenheiten der Bürger stecken durfte und man hält es kaum für möglich: Selbst Perückenriecher waren unterwegs. Merke! Dem Staat ist damals wie heute scheinbar nichts zu peinlich, wenn sich damit Geld verdienen läßt.

Es war Friedrich der Große, der aus der Kaffeeleidenschaft seiner Untertanen Kapital schlagen wollte, weil diese dem morgenländischen Getränk so lustvoll und in großer Menge zusprachen. Kurzerhand monopolisierte der klamme Monarch den Kaffeehandel und untersagte das private rösten der Bohnen. Schließlich war es der starke Duft des gerösteten Kaffees, der das zum Luxusgut erklärte Getränk verriet - den blühenden Schmuggel der grünen Bohnen zu unterbinden war nicht gelungen und außerdem konnte man so einige alte und arbeitslose Kriegsveteranen beschäftigen. Sie sehen, die Idee auf diesem Wege leere Staatskassen zu füllen ist alt und Parallen zur heutigen Zeit ergeben sich nicht nur rein zufällig. Und weil man Gesetz und Verordnungen auch durchsetzen muß, wurden die nach Kaffee schnüffelnden, ehemaligen Soldaten mit zahlreichen Vollmachten ausgestattet, welche die gut 400 Herren, die in Berlins Straßen unterwegs waren, auch weidlich ausnutzten. Unverschämt und ohne Zögern drangen sie in Häuser und Wohnungen ein, immer auf der Suche nach Bürgern, die ihren Kaffee unversteuert gekauft und selber in der Wohnung geröstet hatten. Verhaßter beim Volk waren wohl nur noch die Perückenriecher, denn auch die Perücken waren besteuert und durften nur mit einer besonderen Erlaubnis getragen werden.

Überhaupt galt Kaffee im damaligen Europa fast schon als Teufelszeug, welches besonders in Schweden mit viel Argwohn bedacht wurde. König Gustav III. war besonders mißtrauisch und gab Befehl, die Wirkungen an einigen Gefangenen zu testen. Dabei erhielten zwei der Verbrecher Kaffee bzw. zur Gegenprobe Tee. Doch nicht die gefangenen Tee- und Kaffeetrinker starben, sondern zuerst ein Arzt, der das Experiment überwachte und kurz darauf ging der Ersatzarzt zu seinem Schöpfer - der Teetrinker wurde stattliche 83 Jahre alt und zu dieser Zeit soll sich der Kaffeetrinker noch bester Gesundheit erfreut haben. Schon aus diesem Grund gebe ich allen Leuten die am Kaffee riechen wollen gern die Bohnen zum schnüffeln.

Doch wenn Sie noch mehr über Kaffeeriecher (und Perückenriecher) und weitere zum Teil recht seltsam anmutende Berufe erfahren möchten, empfehle ich Ihnen das Buch “Von Kaffeeriechern, Abtrittanbietern und Fischbeinreißern - Berufe aus vergangenen Zeiten” von Michaela Vieser und Irmela Schautz.

kaffeeriecher_buchtitel

Erschienen bei C. Bertelsmann, München 2010, 1. Auflage, 239 Seiten

Eine betörende Reise in die Welt längst untergegangener Berufe. Ein perfektes Buch zum Schmökern.

Mörotz Döbler (Tagesspiegel - Zit. vom Schutzumschlag)


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