Amokläufer USA - und die Rolle der Medien

Dass derzeit Millionen Menschen auf der Flucht sind, hat eine wesentliche Ursache im "Krieg gegen den Terror", dem die USA seit 14 Jahren mit Eifer nach gehen. Irak, Syrien und Afghanistan sind die hauptsächlich betroffenen Länder. Und überall gab es zuvor massive Interventionen der USA. Doch statt aus diesem Dilemma zu lernen und die Propaganda von NATO und USA kritisch zu hinterfragen, folgt die Berichterstattung in den Medien immer noch dem alten Schwarz/Weiß Muster. Und trägt damit dazu bei, dass die nächsten Katastrophen folgen.  

Amokläufer USA - und die Rolle der Medien

Der von den USA unterstützte Aufstand gegen Assad - forderte bislang mehr als 160.000 Todesopfer 

"Das Vertrauen der Amerikaner in die Beteuerungen der Russen ist schwer erschüttert", sagte gestern die USA-Korrespondentin des ORF mit Bezug auf die aktuellen Kämpfe in Syrien. Angeblich hätten die russischen Flieger nämlich nicht nur die Truppen des IS, sondern auch die "gemäßigten Rebellen" attackiert - jene der "freien syrischen Armee".
Auch mein Vertrauen ist schwer erschüttert. Allerdings geht es bei mir um das Vertrauen in die Berichterstattung. Ich finde es absolut widerlich, wie bereitwillig und vollständig kritiklos unsere Medien nach wie vor die Position der Nato bzw. der Amerikaner einnehmen.
Das Irak Abenteuer der Amerikaner war unmittelbarer Auslöser der Entstehung des Islamischen Staates - und ohne einen Funken Anstand oder Verstand wurde gleich im nächsten Staat - in Syrien - weiter gezündelt - wird Präsident Assad doch von den bösen Russen und dem noch böseren Iran unterstützt. Die US-finanzierten Söldner, das sind hingegen die "gemäßigten Rebellen".
Ständig wird offen oder verdeckt interveniert unter der Führung der Schutzmacht des Kapitalismus, die sich als moralisch überlegener Weltpolizist begreift. Und wenn politischer Druck, Diplomatie oder Handelsembargos nichts fruchten, um die Interessen der großen Konzerne auf einen „freien Warenverkehr“ durchzusetzen, wird auch militärisch zugeschlagen.
Seit dem zweiten Weltkrieg hat die USA unzählige Diktatoren unterstützt oder selbst etabliert, demokratische Bewegungen zunichte gemacht und deren Spitzen ermordet. Ganz Südamerika galt als US-Hinterhof und es wurden von Bolivien bis Chile, von El Salvator bis Nicaragua, von Grenada bis Kuba unzählige Geheimdienst-Aktionen und Militär-Schläge durchgeführt. Als Vorwand galt stets der Kampf gegen den Kommunismus - im Hintergrund standen massive wirtschaftliche Interessen. Und fast jedes Mal stand das „Land der Freien und Mutigen“ auf der Seite rechter Regimes, einer Clique rund um Diktatoren und konservativer Wirtschaftsbonzen, die den Militärapparat zur Unterdrückung des eigenen Volkes einsetzten.
Selbst Nazi-Deutschland genoss lange Zeit die Sympathien einflussreicher Kreise der USA. Hätte Hitler sich in seinen militärischen Aggressionen auf den „Lebensraum im Osten“ und die Sowjetunion beschränkt, das Deutsche Reich wäre womöglich über viele Jahre ein freundlicher Verbündeter geblieben - zumindest solange es wirtschaftlich kooperiert hätte.
Die neuen Religionskriege
Seit dem Niedergang des „real existierenden Kommunismus“ mit dem Zusammenbruch der UdSSR ist der „islamistische Terror“ das neue Feindbild geworden. Und auch hier waren die wirtschaftlichen und politischen Interessen stets der Motor der Kriegsaktionen. Etwa bei den Kriegen gegen den Irak. Vorwände, die sich in den internationalen Medien gut verkaufen ließen, fanden sich immer. Oder wurden in einer raffinierten Werbe-Maschinerie selbst produziert. Etwa das Gerücht, dass Saddam Hussein hinter dem 9/11 Anschlag steckt - oder dass er geheime Biowaffen-Laboratorien betreibt und aus dunklen Kanälen des ehemaligen Ostblocks Pockenviren organisiert hat.
Seit dem Al-Kaida Anschlag im September 2001 hat die USA acht Länder bombardiert. Kein anderes Land kommt auch nur annähernd auf diese Zahl.
Und jedesmal schafft eine Aggression unzählige Keime für Gegen-Aggressionen. So wie der „Islamische Staat“ in Wahrheit eine Gegenreaktion der von den USA und seiner Helfer gedemütigten Kriegsverlierer darstellt, die jetzt mit Brachialgewalt unter dem gemeinsamen Schirm eines kriegerischen Islam den Aufstand wagen. Genährt von jungen Männern, die mangels Perspektiven in Scharen zum „gerechten Krieg“ strömen und weniger eine anarchische Terrorgruppe als eine Revolutionsarmee der Entwurzelten und Hoffnungslosen darstellen.
Mangels anderer Gemeinsamkeiten eint hier die von den Hasspredigern missbrauchte und nationalistisch instrumentalisierte Religion. So wie sich auch in den USA der schrankenlose Kapitalismus sehr eng an eine bigott-aggressive Deutung des Christentums anlehnt und ihre imperialistischen Bestrebungen mit der Verbreitung der „christlichen Werte“ gerechtfertigt hat. Wir befinden uns in Wahrheit heute auch inmitten eines Zeitalters der neuen Religionskriege. Das Gute kämpft gegen das Böse, das Andere, das Fremde.
Land der Amokläufer
Die Aggressivität richtet sich jedoch nicht nur gegen außen. Die USA hält einen Anteil von 5 Prozent an der Weltbevölkerung, doch einen Anteil von 31 Prozent bei den öffentlichen Amokläufen mit Waffengebrauch, errechnete Adam Lankford, Professor für Kriminalstrafrecht an der Universität von Alabama anhand einer Analyse aller öffentlichen Amokläufe der letzten beiden Jahrzehnte. Die USA sind aber nicht nur Spitzenreiter bei den Amokläufen - die betreffenden Personen sind auch deutlich besser bewaffnet als überall sonst: Mehr als die Hälfte der US-Amokläufer hatten zwei oder mehr Waffen dabei. 

Amokläufer USA - und die Rolle der Medien

Der 26-jährige Amokläufer besaß 13 Waffen - alle vollständig legal erworben

Chris Harper, der am Donnerstag dieser Woche neun Menschen in einem College in Oregon erschossen hat, nahm vier Waffen zu seinem Amoklauf mit. Mehr konnte er offenbar nicht tragen. Zu Hause hatte der 26-jährige noch neun weitere Waffen lagernd. Alle waren legal erworben. Die USA führt die Liste der Waffen pro Einwohner mit großem Vorsprung an. „Bei uns sind um 200 Millionen mehr private Feuerwaffen im Umlauf als in jedem anderen Land“, erklärt Gewaltforscher Lankford.
Lankfords Analyse der weltweiten Amokläufe zeigt noch einen weitere US-spezifische Eigenheit: Während die Gefahr in anderen Ländern eher von übergeschnappten Soldaten in Militäreinrichtungen ausgeht, drehen in den USA vorwiegend die "normalen" Bürger durch. Und zwar nicht in den Kasernen, sondern in Schulen, Kaufhäusern und Bürogebäuden. 
„In den Vereinigten Staaten werden die Menschen damit sozialisiert, dass sie in ihrem Leben sehr erfolgreich sind und sich den ‚amerikanischen Traum’ erfüllen werden.“ Das führe zu einer enormen Anspannung, wenn die Leute merken, dass ihre hohen Ziele unrealistisch sind. Sehr leicht können sie sich dann von ihrem Umfeld, den Kollegen im Büro oder ihrem Boss blockiert fühlen, erklärt Lankford. Und dann knallen plötzlich alle Sicherungen durch. „Das ist eine sehr gefährliche Mischung, die es in keinem andern Land in dieser Konzentration gibt: Ein omnipräsentes Versprechen von Glück und Wohlstand, das bei psychisch labilen Personen Größenwahn und Aggressionen fördert - und die Waffen zur Wutabfuhr liegen gleich nebenan im Schrank.“

Amokläufer USA - und die Rolle der Medien

Jeb Bush: "Sowas passiert halt mal…"


Während Präsident Barack Obama sichtlich berührt war und in einer wütenden emotionalen Rede den Wahnsinn seines Landes anprangerte, reagierte sein möglicher Nachfolger als Präsident, der konservative Kandidat Jeb Bush mit einer Geste, welche die Stimmungslage der Mehrheit im Land wohl besser wieder spiegelt, als Obamas Anklage. Jeb Bush reagierte, als er von einem Reporter spontan auf das Massaker angesprochen wurde mit der Floskel "stuff happens", die am treffendsten mit "sowas passiert halt mal" übersetzt wird. Mit Jeb Bush als nächstem US-Präsidenten können wir jedenfalls sicher sein, dass sich in der Selbstwahrnehmung der USA sowie ihrem Rollenbild in der Welt wenig ändern wird. 

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