Amok: Gewalttaten als Ausdruck einer gewalttätigen Gesellschaft

Der Schock ist groß, auch das Entsetzen. Wie jedes Mal, wenn wieder ein bewaffneter Amokläufer in einer Schule um sich schießt. Dann kocht auch immer wieder eine hysterische Diskussion hoch, über Waffen und Gewalt, über kaputte Familien, einsame Einzeltäter, manchmal sogar über das Versagen von Schulsystem und Gesellschaft.

In der Regel werden die Gründe für den Ausbruch aber beim Täter gesucht und gefunden – fast immer sind es auffällig unauffällige junge Männer mit einem Faible für Computerspiele und Waffen, dafür aber Problemen in der Schule und ihrem meist nicht vorhandenen sozialem Umfeld. Die aber eher als harmlose Sonderlinge abgetan werden – was die meisten der Waffen- und Computerspielfreaks ja auch tatsächlich sind. Als Mutter eines computerbesessenen, spielverrückten jungen Mannes – der allerdings ein funktionierendes soziales Umfeld, eine nette Freundin und gute Freunde hat – kann ich das sagen. Die Jungs treffen sich gelegentlich auch, um sich im realen Leben bei Geländespielen mit realistischer Ausrüstung gegenseitig zu beballern – aber sollen sie doch, wenn ihnen das Spaß macht. Die lassen ihre Aggressionen dort ab, wo es keinem schadet und ziehen nachts nicht marodierend durch Berlin, um andere abzuziehen und zu verprügeln oder noch Schlimmeres.

Schusswaffen: Faszinierend, weil gefährlich.

Schusswaffen: Faszinierend, weil gefährlich.

Natürlich ist die einfache Verfügbarkeit von Waffen in den USA ein Problem. Verrückterweise ist es genau das Schutz- und Sicherheitsbedürfnis der Leute dort in dieser besonders gewalttätigen Gesellschaft, das sie Selbstbewaffnung fordern lässt. Die Begründung der Amerikaner ist ja eben, dass sie eine Waffe haben wollen, damit sie sich selbst und ihr Eigentum verteidigen können. Auf die Idee, dass der Staat und seine Organe das tun könnten, kommen die gar nicht. Der Ami will seine Probleme selbst regeln, und niemand soll ihm da rein reden. Genauso wie die keine sozialistische Versicherungspflicht haben wollen, weil sie dann nicht selbst bestimmen können, ob sie für die Blinddarm-OP zahlen wollen/können oder nicht, wollen die auch nicht erst die Polizei rufen müssen, wenn der Einbrecher vorm Bett steht. Den wollen sie selbst abknallen können. Entsprechend finden sich in den Nachttischschubladen eine Menge scharfer Waffen.

Dabei gibt es eine Menge Statistiken darüber, dass sich Schusswaffen nicht besonders gut zur Selbstverteidigung eignen – wer eine Waffe in die Hand nimmt, erhört vor allem das Risiko, selbst erschossen zu werden. Waffen, und das zeigt sich am Beispiel der Grundschule in Connectitcut wieder ganz deutlich, werden in die Hand genommen, um arg- und wehrlose Menschen zu erschießen. In diesem Fall 26 Menschen, die meisten davon Kinder. Natürlich ist es auch in Deutschland möglich, an Waffen zu kommen, wenn man unbedingt eine haben will, das zeigen die Amokläufe von Erfurt oder Winnenden. Aber wer weiß, wie viele es mehr gegeben hätte, wenn jeder junge Mensch, der gerade schlecht drauf ist, sich am wohlbestückten Waffenschrank der Eltern bedienen könnte – von den Eltern gar nicht zu reden, die ja auch mal schlecht drauf sein können. Je weniger Waffen vorhanden sind, desto besser für alle – auch wenn die Rüstungskonzerne damit nicht glücklich sind.

Hiermit komme ich wieder zu dem Schluss, den meine Leser schon erwarten konnten: In einer Gesellschaft, die mit Waffen und Gewalt glänzende Geschäfte macht, werden Waffen und Gewalt immer ein Problem sein. Die kapitalistische Logik ist nun einmal eine sehr brutale. Sie sortiert Menschen in Gewinner und Verlierer – und wenn die Verlierer zu den Waffen greifen, um sich einmal als Gewinner fühlen zu können, gibt es wieder einen Amoklauf. Je mehr Verlierer es gibt, desto häufiger kommt das vor.



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