Amok gegen den Kapitalismus

„…Seit 1965 pfeifen die Spatzen der bürgerlichen Presse und des Parlaments das Lied von der Bildungskatastrophe von den Dächern. Die Politiker beweisen tagtäglich ihre Unfähigkeit, diese Katastrophe zu beheben, da sie die Ursachen nicht begreifen. Diese suchen sie in der Bildung selbst, das heißt in den Schulen und Hochschulen, während sie außerstande sind und bleiben werden, die Bildungskatastrophe als Ausdruck der Widersprüche dieser Gesellschaft zu sehen, nämlich:

daß die Politiker und Institutionen die Bedürfnisse der Mehrheit der Bevölkerung nicht erfüllen, sondern permanent unterdrücken, daß unser Gesellschaftssystem alle Tätigkeiten der Menschen auf den Grad ihrer ökonomischen Verfügbarkeit reduzieren, das heißt alle Fähigkeiten und Ziele der Menschen unterdrücken muß, die nicht der Erhöhung und Sicherung der Profite der Unternehmer dienen.

Die Studenten bekämpfen diese so charakterisierte Unterdrückung und zeigen, welch umfassende Kraft sie hat, die sich an jedem Arbeitsplatz der Bundesrepublik nachweisen läßt. Die Politiker reagieren darauf völlig hilflos; entweder brutal mit Polizeieinsätzen oder Gefängnisstrafen oder eleganter mit Reformvorstellungen, wie dem neuen Berliner Hochschulgesetz, die an den Grundstrukturen unserer Gesellschaft nichts ändern. Dieses Gesetz soll mit der Abschaffung einer zentralen Studentenvertretung vor allem den Protest und die Kritik der Studenten an den Zuständen dieser Gesellschaft mundtot machen, dadurch verhindern, daß ihre Kritik Wirkungen bei anderen Gruppen der Bevölkerung erzielt, und soll endlich die Studenten dazu zwingen, sich möglichst schnell und widerstandslos zu Spezialisten für die Interessen des Kapitals auszubilden.

Die Professoren repräsentieren eine Wissenschaft, die nur den Interessen der Unternehmer und der Stabilisierung des ungerechten Zustandes der Gesellschaft dient. Unsere Auffassung von Wissenschaft dagegen stellt sich bewußt in den Dienst gesellschaftlicher Befreiung, das heißt wir unterstützen die Interessen der Arbeiter und Angestellten. Wir untersuchen die ungerechten Eigentumsverhältnisse in der Bundesrepublik, und fragen, warum 1 7 Prozent der Bevölkerung über 70 Prozent des gesamten Betriebsvermögens besitzen. Wir zeigen, warum die kapitalistische Wirtschaft es nötig hat, Butterberge und die Vernichtung von Obst zu unterstutzen, während Tausende von Familien sich weder Butter noch Obst leisten können. Und wir zeigen, warum nur 6 Prozent der Arbeiterkinder an den Universitäten studieren. Wir weisen nach, daß die Septemberstreiks ihre Ursache und Berechtigung in den Riesenprofiten der Kapitalisten hatten. Diese „Gewinne” waren nur auf Grund der höheren Ausbeutung der Arbeiter möglich. Die jetzt einsetzenden Preiserhöhungen sind kein Naturgesetz der Wirtschaft, sondern sie sollen weiterhin den Kapitalisten die überhöhten Profite garantieren. Weil wir die bestehenden Ungerechtigkeiten des kapitalistischen Systems beim Namen nennen und bekämpfen, werden wir von Politikern, Professoren, bürgerlicher Presse und Polizisten gleichermaßen als „Störer”, „Extremisten” und „Gewalttäter” diffamiert.

Quelle: DIE ZEIT, 20.2.1970 Nr. 08

Link: http://www.zeit.de/1970/08/amok-gegen-den-kapitalismus

Wie sich die Zeiten ähneln!!!



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