Es ist so weit. Vietnam hat sich um eine Zivilisationsstufe weiterentwickelt. McDonald’s, das Schlachtschiff amerikanischer Esskultur, hat es endlich geschafft und eine Filiale in Ho-Chi-Minh-City eröffnen können. Hier ein Link zu einem Artikel auf Deutsch. Ob dies positiv oder negativ ist, möchte ich gar nicht groß diskutieren. Ich gehe selber nur wenig zu McDonald’s. Ich bin aber auch keiner dieser Fundamentalisten, die „nie“ sagen. Das letzte Mal war ich im Juni 2010 bei McDonald’s. Und zwar in Singapur. Ich erinnere mich noch, dass ich dort mit Son gefrühstückt habe. Nun, hier in Vietnam gab es diese Fast-Food-Kette ja nicht, wie sollte ich also hingehen können. KFC zum Beispiel finde ich ganz okay. Aber die Preise sind natürlich enorm. Mein normales Mittagessen hier kostet 15 000- 30 000 VND; ein Menü bei KFC 108 000 VND. Das ist schon ein Unterschied. Hier in Bac Lieu gibt es übrigens weder McDonald’s noch KFC. Also, keine Chance.
Den Vietnamesen schmeckt das übrigens nur bedingt. Westliche Hamburger und Co. sind nur wenig beliebt. KFC hat natürlich Huhn im Programm, das von vielen gegessen wird. Die meisten Vietnamesen, die ich kenne, eckeln sich regelrecht vor westlichem Essen. Aber trotzdem, so wie im Westen: Keiner geht hin, aber es ist immer voll. Warum?
KFC, BurgerKing und McDonald’s sind Inbegriffe westlicher Lebenskultur. Nicht nur in Vietnam. McDonald’s zum Beispiel hat auch in Deutschland ein ganz besonderes Image. Jeder weiß, Fast-Food ist auf Dauer ungesund. Trotzdem. Man geht hin. Teuer ist es allzumal. Aber man spürt die amerikanische Lebensfreude. Das Land der Unbegrenzten Möglichkeiten. Während meiner Studienzeit habe ich mich in der Japanologie oft mit dem Begriff „Verwestlichung“ auseinander setzen müssen. Und genau dies ist die Ursache für den Erfolg. Obwohl alle auf McDonald’s schimpfen, hat dieser Konzern eine unglaublich positive Konnotation.
Vietnamesen sind nicht viel unterschiedlich als Deutsche. In Deutschland finden wir die „deutsche“ Kultur als veraltet; andere Kulturen sind in. Seit der Globalisierung orientieren wir uns nichht mehr nur an der amerikanischen Kultur (eigentlich seit dem Fall der Sowjetunion). In Vietnam ist es ähnlich, wenn auch dieses Land auf diesem Gebiet noch „rückständig“ ist. Stellen Sie sich, liebe Leser, in Deutschland irgendwo auf einen Marktplatz und trällern Sie mal „Hoch auf dem Gelben Wagen“. Die Leute werden Sie ansehen, als ob Sie gerade aus einer Anstalt ausgebrochen sind. Oder reden Sie Plattdeutsch. Trällern Sie dagegen Lady Gaga werden Sie viele neue Freunde finden. Deutschland mag da natürlich ein wenig über das Ziel hinaus schießen. Viele Jugendliche dürften nicht nur „Hoch auf dem Gelben Wagen“ nicht singen können, sondern sogar nicht einmal wissen, dass es solche Lieder überhaupt gibt. Deutsch war immer und ist immer noch, ein Zeichen von Unbildung und Rückwärtsgewandtheit. Warum, möchte ich hier gar nicht so diskutieren. Das hat mit speziellen 12-Jahren in der Vergangenheit zu tun.
Sie mögen einwenden: Vietnam ist stolz auf sein Land. Ja, aber die Vietnamesen wissen, dass die Welt außerhalb anders ist. Sie wissen, dass Amerikaner zu McDonald’s gehen. Sie sehen es jeden Tag im Fernsehen. Aber sie haben noch nie einen Hamburger essen können. Von 21 Schülern meiner derzeitigen Klasse haben lediglich sieben ein Fast-Food-Restaurant besucht (Lotteria oder JollyBee). Das sind aber asiatische Burgerketten. Und damit nicht vergleichbar mit KFC, BurgerKing oder McDonald’s. In den Großstädten ist KFC der letzte Schrei gewesen: Ich meine mich erinnern zu können, darüber schon einmal geschrieben zu haben. Gerade junge Vietnamesen geben hier einen Teil ihres Monatslohns aus. Und das, obwohl ihnen das Essen selten wirklich schmeckt. Aber Hauptsache, man nimmt an der westlichen Zivilisation teil.
Quelle des Fotos: Kurier.at