awesomatik auf Buchfühlung
Americanah – Chimamanda Ngozi Adichie
Die literarische Sensation des Jahres. Und ich habe sie gelesen! Ein 600 Seiten starker epischer Roman über Rassismus, Migration, Liebe und Haare.
Ein Werk, das mir mit soviel Vorschusslorbeeren zugetragen wurde, dass es mich eigentlich nur noch enttäuschen konnte. Oder vielleicht doch nicht?
Und darum geht’s:
Als Jugendliche verlieben sich Ifemelu und Obinze im Nigeria der neunziger Jahre. Doch nach der Schule trennen sich ihre Wege. Während Ifemelu nach einigen Startschwierigkeiten erfolgreich in den USA Fuß fasst, strandet Obinze als illegaler Einwanderer in London. Eine Dekade später treffen die beiden sich in Lagos wieder. Ihre Erfahrungen haben sie verändert. Hat die Liebe unter diesen Bedingungen noch eine Chance?
Wow. Was für ein Roman! Ab der ersten Seite war ich eingenommen von der starken Stimme Adichies.
Dass Rassismus in unserer Gesellschaft zur Tagesordnung gehört, war mir schon vorher klar. Auch wenn ich als weißer, heterosexueller, deutscher Mann aus akademischen Hause selten bis nie benachteiligt wurde.
Wie schwer es dagegen andere Bevölkerungsgruppen, allen voran Schwarze in den USA, haben (und das abgesehen von offenem Rassismus und Polizeigewalt), wird von Chimamanda Adichie intensiv und von allen Seiten untersucht. Keine noch so kleine Benachteiligung entgeht ihrer scharfen Beobachtungsgabe.
Dabei gelingt es ihr den starken Diskurs über Rassismus nahezu mühelos in eine unterhaltsame Geschichte einzuflechten.
Mit ihrer Einreise in die USA wird die Protagonistin Ifemelu von einen Tag auf den anderen schwarz. In Nigeria spielte ihre Hautfarbe noch keine Rolle doch auf einmal sieht sie sich einer Vielzahl von Hürden konfrontiert. Von offensichtlichem Rassismus bis hin zu versteckter Diskriminierung.
Dies veranlasst sie dazu einen Blog über Rasse zu verfassen, der bei den Amerikanern großen Anklang findet und auch beruflich schafft sie nach und nach den sozialen Aufstieg.
Derweil hat ihre Jugendliebe in Obinze Schwierigkeiten sich in England einzugliedern. Als illegaler Einwanderer arbeitet er unter falschen Namen. Nach einer steinigen Odyssee wird er schließlich ausgewiesen und muss gedemütigt nach Lagos zurückkehren. Hier wendet sich das Blatt und er avanciert zum erfolgreichen Makler.
Souverän beschreibt Adichie die Verzweiflung und die harten Bedingungen unter denen legale und illegale Einwanderer zu leiden haben. Wie sie unsichtbar für die Einheimischen ohne Versicherung den niedrigsten Tätigkeiten nachgehen müssen und dabei stets der Willkür von Arbeitgebern und Schleusern ausgesetzt sind.
Und doch kommt der Roman trotz harter Thematik mit einer gewissen Leichtigkeit daher. Auch wenn Adichie aus meiner Sicht keinen besonders auffälligen Schreibstil hat, zieht sie den Leser mit klarer und einnehmender Stimme in den Bann ihrer Geschichte.
Faszinierend sind zudem die Einsichten in die nigerianische Gesellschaft. Der Einfluss der Kirche, das Verhältnis der verschiedenen Stämme zueinander und das bunte Treiben des alltäglichen Lebens.
Genug Stoff für einen ganz großen Roman. Und obendrein erfährt man, dass sogar Frisuren Aufschluss über die Gesellschaft geben können, in der wir leben. Wer hätte gedacht auf welch vielfältigen Weisen man krauses Haar malträtieren kann. Seit ich das Buch gelesen habe, schaue ich mir die Frisuren von schwarzen Frauen jedenfalls ganz genau an (was wohl eher nicht Adichies Intention war).
Wer mit der Lupe nach Makeln sucht, mag vielleicht kritisieren, dass die Handlung streckenweiser als Aufhänger für politische Diskurse genutzt wird. Mir ist das nicht weiter negativ aufgefallen.
Mein einziger Mini-Kritikpunkt wäre höchstens Obinze, dessen Charakter nie wirklich greifbar wird. Mal ist er der einfühlsame Denker, dann steigt er aber in das knallharte Maklergeschäft ein. Das wirkt nicht ganz stimmig.
Dabei möchte ich es belassen. Eine Kurzrezension kann diesem wunderbaren Werk nicht gerecht werden.
Fazit – Hart aber herzlich!
Selten habe ich 600 Seiten so schnell weggelesen! Die Lobpreisungen sind wahr!
Mit Americanah liefert Chimamanda Adichie ein grandioses Stück Weltliteratur, das unangenehme Themen anspricht und dabei dennoch unterhaltsam bleibt. Leidenschaftlich erzählt mit frischer Stimme.
Ein pulsierender, bunter, lehrreicher und wichtiger Roman. Zwei Buchdeckel, die es in sich haben! Lesen! Lesen! Lesen!
Wertung 5/5
1. Geht gar nicht 2. Is OK 3. Gut 4. Richtig gut 5. awesomatik!
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awesomatik Kuriosum
Klar, dass Americanah nach seinem fulminanten Erfolg auch verfilmt wird. Keine geringere als Oscar-Preisträgerin Lupita Nyong’o wird in die Rolle der Ifemelu schlüpfen. Produzent ist Brad Pitt. Man darf gespannt sein!
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Schlagworte: Americanah, Bestseller, Chimamanda Ngozi Adichie, Lagos, Literatur, London, Nigeria, Rezension