Amani, Friede

Über deutsche Unternehmen heißt es, wir hätten eine “Konsenskultur”, d.h. der Chef bemüht sich normalerweise um den Konsens der Mitarbeiter. In Tansania spricht man nicht von “Konsens”, sondern von “amani”, “Friede”. Das geht dann zum Beispiel so:
Wir beschäftigen seit Jahresanfang Herrn Kafupi, einen Warenwirtschaftler mit Universitätsabschluss, der die Vorratshaltung und den Einkauf koordinieren soll.
Auch in deutschen Firmen oder Klöstern kommt es schon mal vor, dass Abteilungen empfindlich auf Eingriffe der Verwaltung reagieren. Weil es hieß, dass die beiden Leiter der Autowerkstatt Vorbehalte gegen Herrn Kafupi hätten, bin ich vor einiger Zeit zusammen mit Br.Petro in die Werkstatt gegangen und habe Br.X., den einen Werkstattleiter, freundlich um eine Zusammenarbeit in “amani” gebeten. Sein Kollege war nicht da, obwohl er mir das am Tag vorher noch zugesagt hatte.
Am letzten Dienstag hat Herr Kafupi dann von seinem Besuch in der Autowerkstatt erzählt: “Die beiden Leiter haben keine Zeit für mich. Ihre Mitarbeiter können mir den Lagerbestand nicht erklären, weil die einen sich nur mit kleinen Autos und die anderen nur mit großen auskennen. Sie haben mir gesagt, ich solle in drei Monaten wiederkommen.” Auch in Deutschland werden oft vorgeschobene Argumente benutzt, aber meistens sind die nicht so offensichtlicher Blödsinn.
Was das weitere Vorgehen angeht, nutze ich die Vorteile des Konsensprinzips, ich treffe mich nämlich jeden Morgen mit den Mitarbeitern der Verwaltung. “Wir müssen psychologisch vorgehen, es soll nicht so aussehen, als ob wir sie kontrollierten wollten,” meint Herr Elias. So weit kann ich mit meiner deutschen Erfahrung folgen, aber was dann kommt, ist wohl typisch tansanisch: Am nächsten Tag gehen wir zu dritt in die Autowerkstatt, Br.Petro, Herr Kafupi und ich. Beide Werkstattleiter sind da und erklären nochmals ausführlich das Problem, das wir schon kennen. Herr Kafupi erklärt sachlich seinen Standpunkt. Ich habe den Eindruck, dass keiner von uns sich so richtig wohl fühlt in seiner Haut, es liegt zwar keine Aggression in der Luft, aber ich befürchte, dass die Stimmung kippen könnte. Das tut sie dann auch, aber anders als befürchtet. Ich legen den Kompromissvorschlag vor, den wir in der Verwaltung besprochen haben, und die Werkstattleiter sagen einfach, “Ja.” Wir reden noch einige Zeit weiter, dann gehen wir drei fröhlich aus der Werkstatt hinaus, Br.Petro meint: “Sie haben ihn akzeptiert.”
Das Komische ist, dass ich immer noch nicht weiß, was eigentlich passiert ist. Der Kompromissvorschlag (ein Mitarbeiter, der sich sowohl mit kleinen als auch mit großen Autos auskennt) kann es nicht gewesen sein, weil die Sachargumente ja nur vorgeschoben waren. Ich vermute, dass wir einfach lange genug miteinander geredet haben, um uns gegenseitig zu zeigen, dass wir keine bösen Absichten haben.



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