Am Zeitgeist vorbei

oder Gedanken, die ins achte Jahr geleiten.
Sieben Jahre ist es jetzt her. Sieben Jahre. Und nie war es so trostlos. Die Mitstreiter reduzieren sich. Die Linke scheint verzagt und hat vermutlich versagt. Die Rechten geben den Ton an und der wirtschaftliche Kurs wurde gehalten. Tut mir leid, ich wäre gerne optimistischer. Aber Optimismus muss man sich leisten können. Ich kann es nicht. Insofern ist der diesjährige Geburtstagstext meiner kleinen Seite kein Grund zur Freude. Zu viel hat sich in dieser schlechten Welt ins Nochschlechtere verändert.
Am Zeitgeist vorbei
Ich habe lange überlegt, was ich für heute schreiben soll. Für ein Hipphipphurra fehlt mir die Laune. Die Neonazis stehen vor der Türe und ich soll in Feierlaune verfallen? Minister werben für Verständnis gegenüber Leuten, die ganz freimütig rassistische Parolen schwingen und ich soll ernsthaft in Jubel verfallen? Ich bin ehrlich: Ich weiß nicht so genau, welche Worte ich an diesem Geburtstag an euch richten soll. Etwas über meine Wirkungsgeschichte? Dass ich nicht lache. Nie war es mir bewusster als heute, dass ich keine Wirkung habe. Klar, lieber Leser, dich persönlich meine ich nicht. Auf dich scheine ich gewirkt zu haben. Seit Jahren hältst du mir die Treue. Manche von euch seitdem es das hier gibt.

Ich könnte ja auch einfach mit Leserzahlen aufschneiden, wie ich das an manchem Geburtsstag schon tat. Und dann? Wer hätte was davon? Kleine Jungs machen das manchmal. Sie schlagen sich ins Gebüsch und vergleichen ihre Pullermänner. Ein netter Zeitvertreib für die Knilche. Aber mehr Substanz hat diese Pimmelei kaum.
Nein, wisst ihr was: Ich bestelle den Kuchen ab, werfe die Kerzen in die Ecke und gebe keine Party. Dieses Jahr nicht. Vielleicht ist das einfach nur die Midlife-Crisis dieses Weblogs. Wer weiß. Irgendwann fragt man sich ja, was man geleistet hat in seinem Leben. Ob man nicht etwas verpasst hat. Das ist jedenfalls die klassische Definition der Midlife-Crisis. Und ja, das könnte dieses Jahr auch auf  »ad sinistram« zutreffen. Denn was hat es geschafft und geleistet? Hat es abgefärbt? Habe ich es verpasst, die richtigen Worte zu treffen? Offenbar. Ich und alle anderen, die in dieselbe Kerbe schlugen. Die Kollegenschaft eben.
Pegida, Atlantizismus, Kriegsgefahr und Neoliberalismus, immer wieder Neoliberalismus mit seinen Freihandelszonen und seinem Privatisierungselan. Genau das wollten wir ja nicht! Sollte endlich aufhören! Scheiße! Stattdessen tummelt sich der Rassismus wieder auf den Straßen, die Kanzlerin narkotisiert weiter und schafft mit ihrer Politik Grundlagen für Fremdenfeindlichkeit, Verrohung und Menschenverachtung. Die Sozialdemokratie hat sich als Alternative endgültig aufgegeben und tut trotzdem so, als habe Pegida mit ihr gar nichts zu tun. Die AfD hingegen hat als einzige Partei bei den Mitglieder zugelegt im letzten Jahr. Und wir schreiben und schreiben, warnen und warnen, sorgen uns und sorgen uns. Was hat man letztlich davon? Beleidigungen. Warnungen. Morddrohungen. Willkommen in Deutschland, in dem einer wie ich frisch von der Leber weg ein Weblog betreiben darf und sich die Schlinge trotzdem zuzieht.
Es bringt alles nichts. Aber ich kennen meinen Camus. Das Absurde, Leute. Und es ist das Absurde, das uns alle antreibt. Mich und euch als Leser. Klar mache ich weiter. Sinnlos wahrscheinlich. Denn den Zeitgeist forme ich nicht. Aber egal, weiter gehts, stemme mich gegen den Felsen und wälze ihn den Berg hinauf. Ich weiß, irgendwann halte ich ihn nicht mehr und er rast zurück ins Tal. Na, dann eben nochmal. Nicht, dass ich glaube, dass ich irgendwann am Gipfel ankomme. So vermessen darf man nicht sein. Aber der Weg hinauf gibt Struktur. Ordnung. Das ist auch nicht übel. Auf gehts also ins nächste Jahr. Vielleicht überleben wir es sogar. Hätte ich jetzt doch einen Kuchen bestellt, würde ich die sieben Kerzen ausblasen und mir genau das wünschen.

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